Neun untergetauchte Antifaschist*innen ziehen in Betracht, sich den Behörden zu stellen – aber nur unter der Bedingung, nicht nach Ungarn ausgeliefert zu werden, das sie mit einem internationalen Haftbefehl sucht. Außerdem: Der Streit im Bund um die Bezahlkarte für Personen im Asylverfahren beschäftigt auch die Sächsische Politik. Und die Gewerkschaft ver.di hat einen weiteren Warnstreik am DHL Hub angekündigt. Die LZ fasst zusammen, was am Mittwoch, dem 21. Februar 2024, in Leipzig, Sachsen und darüber hinaus wichtig war.

Auslieferungen an Ungarn: Antifaschist*innen verhandeln mit Behörden

Ihre Kinder wollen sich den Behörden stellen – das war die Botschaft der Eltern von neun untergetauchten Antifaschist*innen, die wegen mutmaßlicher Beteiligung an Angriffen auf Neonazis am „Tag der Ehre“ in Ungarn gesucht werden. Die Bedingung: Keine Auslieferung nach Ungarn.

Das teilte Wolfram Jarosch, Vater der zurzeit in Dresden in Untersuchungshaft sitzenden Antifaschistin Maja T., der bereits die Auslieferung nach Ungarn droht, gegenüber MDR Investigativ mit. Dort würden die Angeklagten laut einem im Januar veröffentlichten Elternbrief ein „unangemessen hohes Strafmaß“ und „unwürdige Haftbedingungen“ erwarten.

„Wir haben Angst davor, dass unsere Kinder nach Ungarn ausgeliefert werden“, so Jarosch gegenüber dem MDR. „Dort erwarten sie unmenschliche Haftbedingungen. Drakonisch, unhygienisch, in winzigen Zellen, 23 Stunden am Tag.“

Bestätigt hatten das Berichte über die Haftbedingung der italienischen Antifaschistin Ilaria S., die von Verhören ohne Verteidiger*in oder Dolmetscher*in, Bettwanzen und Kakerlaken, unzureichender Belüftung und Heizung berichtete. Der im MDR interviewte Fachanwalt für Auslieferungsrecht Sören Schomburg bestätigte, dass die Möglichkeit der Menschenrechtsverletzung innerhalb der Haft ein Grund gegen eine Auslieferung sei.

Der Generalstaatsanwaltschaft Dresden sei der Vorschlag bereits bekannt, berichtet der MDR. Laut den Eltern und Anwält*innen knüpfe die Behörde jedoch die Zusage daran, dass die Gesuchten bei ihrer Festnahme sofort umfangreiche Geständnisse ablegten. Das kritisierten die Eltern, verwiesen auf die Unschuldsvermutung und forderten ein rechtsstaatliches Verfahren.

Bereits am vorletzten Wochenende hatte in Leipzig eine Demonstration mit rund 600 Teilnehmenden gegen Majas Auslieferung stattgefunden.

Streit um Bezahlkarte im Bund dehnt sich auf Sachsen aus

Die Sächsischen Grünen weisen den Vorwurf zurück, eine bundesweite Lösung zur Einführung der Bezahlkarte für Flüchtlinge zu blockieren. Landtags-Fraktionschefin Franziska Schubert bekräftigte, dass die Grünen bundesweit und auf Sachsenebene die Einführung der Bezahlkarte mittragen würden. Von einer Blockade zu sprechen, sei schlicht eine Falschmeldung.

Die CDU-Fraktion hatte den Grünen im Sächsischen Landtag die Blockade vorgeworfen, weil sich letztere dafür ausgesprochen hatte, dass die Bezahlkarte innerhalb der bestehenden Gesetze eingeführt werden könne.

Vertreter von SPD, FDP und CDU hatten sich jedoch für eine bundesgesetzliche Regelung ausgesprochen. Dass diese nicht notwendig ist, zeigt beispielsweise Hannover. Dort ist die Bezahlkarte schon jetzt im Einsatz, ohne „diskriminierende Beschränkungen“, wie der Verband Pro Asyl meldet.

Zehn Landkreise in Sachsen hatten sich schon Ende Januar darauf geeinigt, dass die Bezahlkarte bereits im April kommen solle. Diakonie-Chef Dietrich Bauer warnte unterdessen vor einem Flickenteppich unterschiedlicher Lösungen. Dann würde die Bezahlkarte zu mehr anstatt weniger Aufwand führen. Bauer führte auch aus, dass aufgrund der Bezahlkarten kein Nachteil für die Geflüchteten entstehen solle:

„Die Bezahlkarte für Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz muss praktikabel sein und darf Betroffenen keine Zugänge zu sozialen Angeboten und Dienstleistungen wie Tafeln oder Sozialkaufhäusern versperren“, appellierte Diakonie-Chef Dietrich Bauer an Städte und Gemeinden. Es sollte keine regionalen Einschränkungen geben, die Karte müsse überall dort zu benutzen sein, wo auch EC-Karten möglich sind. „Ebenso sollte Bargeldabhebung in Supermärkten möglich sein.“

Bezahlkarte: Ergebnis von rechts getriebener Politik

Derzeit bekommen Menschen im Asylverfahren die ihnen zustehenden Leistungen in Bargeld ausgezahlt. Die Bezahlkarte sieht hier nach einer praktikableren Lösung aus – ähnlich einer EC-Karte. Konzipiert ist die aktuelle Einführung der Bezahlkarte der Länder momentan jedoch vor allem als Beschränkungsinstrument: Es soll verhindert werden, dass die Geflüchteten Geld an ihre Familien im Ausland senden.

Dies, sowie dass die Karte nicht im Ausland nutzbar sein soll, ist Konsens unter den Ländern. Darüber hinaus gibt es jedoch großen Spielraum: Geografische Einschränkungen der Karte innerhalb Deutschlands, beispielsweise nur auf den Bezirk, wo die Person offiziell das Recht hat, sich aufzuhalten, wären möglich. Auch könnten einzelne Branchen aus der Karte ausgeschlossen werden (siehe Söders „Leberkäse ja, Alkohol nein“) oder Einschränkungen getroffen werden, wie viel Bargeld auf ein Mal abgehoben werden kann.

Pro Asyl kritisiert zudem, dass die Bezahlkarte verhindern könnte, dass Geflüchtete die ihnen, nach den jüngsten Asylrechtsverschärfungen erst nach drei Jahren zustehenden Analogleistungen zur Sozialhilfe, vorenthalten würden und sie weiterhin nur eine Bezahlkarte erhalten würden.

„SPD, FDP und Grüne sind gut beraten, die selbst gegebene Agenda endlich einmal mit Rückgrat zu vertreten. Das Asylbewerberleistungsgesetz ist bereits in der derzeitigen Form verfassungsrechtlich unhaltbar. Es kann nicht sein, dass die Bundesregierung die menschenrechtlich und verfassungsrechtlich gebotenen Vorgaben mutwillig beiseiteschiebt und stattdessen ständig neue Verschärfungen erfindet. Wenn die Koalition weiterhin den schrillen Stimmen von rechts nachgibt, gibt sie auch ihre eigenen sozialpolitischen Ansprüche der Lächerlichkeit preis“, so Andrea Kothen von Pro Asyl zum Thema.

Ver.di ruft zu Warnstreik am DHL Hub auf

Auch nach der zweiten Verhandlungsrunde zwischen ver.di und der DHL HUB Leipzig GmbH ist noch keine Einigung geschehen. Deshalb ruft ver.di zum Warnstreik von Donnerstagnachmittag bis Freitagfrüh auf. Die zentrale Forderung von ver.di ist vor allem eine Erhöhung des Urlaubs von 28 Tagen um 5 weitere Tage.

„In Anbetracht der besonders schweren Arbeit, welche unter permanentem Zeitdruck und teils enormer physischer sowie psychischer Kraftanstrengungen geleistet wird, ist ein „mehr“ an Erholungszeit in Form von Urlaub dringend erforderlich. Hinzu kommt, dass die Arbeitszeit überwiegend in den Nachtstunden liegt“, so ver.di Betriebsgruppenvorsitzende Stefan Druskat.

„Es erscheint schier als Frechheit und zeugt von Respektlosigkeit gegenüber den eigenen Beschäftigten, dass sich die Arbeitgeber auch nach vier Verhandlungstagen nicht in der Lage sehen, ernsthaft zu den berechtigten Forderungen ihrer Beschäftigten mit uns zu verhandeln“, ergänzt der zuständige ver.di Gewerkschaftssekretär Tobias Kraushaar.

Innenminister verweigert Linken Antworten und neue Toursimusspitzenwerte in Leipzig

Worüber die LZ heute noch berichtete:

Über 1.000 Fragen: Innenminister verweigert die Antwort auf eine Große Anfrage der Linken

Herbst 2025: Mühlholzsteg im Auwald soll durch Stahlkonstruktion erneuert werden

Tourismuszahlen für 2023: Leipzig übertraf sogar die Spitzenwerte von 2019

DFB bewirbt sich mit Leipzig um Ausrichtung der UEFA Conference League Finals und weiterhin Brand im Gesundheitsamt

Was heute außerdem wichtig war: Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) bewirbt sich mit drei EM-Stadien um die Austragung von Endspielen in drei Europapokal-Wettbewerben in den Jahren 2026 und 2027. Neben Leipzig sind auch Frankfurt und Stuttgart dabei.

Der Brand im Gesundheitsamt dauert an. Deshalb wurden auch für den morgigen Donnerstag alle Sprechstunden abgesagt.

Auf Ministerpräsident Kretzschmer wächst der Druck wegen der Blockade des Wachstumschancengesetzes im Bundesrat. Torsten Herbst, sächsischer Bundestagsabgeordneter und Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion der Freien Demokraten im Deutschen Bundestag, nannte Kretzschmers „politische Erpressung“ „falsch und verantwortungslos“.

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