Selbst scheinbar harmlose Anträge aus dem Leipziger Stadtrat bringen Erkenntnisse ans Licht, die nur noch verblüffen. So hatte ja die Grünen-Fraktion im Dezember beantragt, das beliebte Völkerschlacht-Panorama von Yadegar Asisi künftig dauerhaft in Nähe des Völkerschlachtdenkmals zu zeigen. Und mit dem „Balkon“ am Alten Messegelände ist eigentlich auch ein Standort gefunden. Doch jetzt fehlt die jüngst erst abgerissene Brücke zum Wilhelm-Külz-Park.

Die sollte zwar gleich nach dem Abriss für 3,25 Millionen Euro als Fußgänger-Radfahrer-Brücke wieder aufgebaut werden und damit einen attraktiven Zugang von der Alten Messe zum Wilhelm-Külz-Park und zum Völkerschlachtdenkmal schaffen. Aber so nebenbei teilt das Dezernat Stadtentwicklung und Bau jetzt mit, dass es den Brückenbau in den nächsten Jahren nicht geben wird.

Möglicherweise verschiebt sich der Brückenbau sogar bis 2024. Einen wirklichen Bautermin nennt das Dezernat nicht, teilt nur mit, dass der Traum von einem Völkerschlacht-Panorama an der Stelle erst mal sechs Jahre warten muss: „Der Stadtrat nimmt zur Kenntnis, dass im Zeitraum bis voraussichtlich 2024 eine Realisierung einer solchen Rotunde aufgrund der von 2019-2024 geplanten Baumaßnahme der an die Fläche anschließenden Brücke über die Bahnanlagen noch nicht möglich ist.

Dies eröffnet jedoch einen ausreichenden Zeitrahmen sowohl für das Verfahren, die Klärung aller noch offenen Fragen, als auch die notwendigen Vorbereitungen eines Vertragspartners für die Realisierung. Das Interessenbekundungsverfahren ist zeitlich so einzutakten, dass die Realisierung nach Fertigstellung der Brücke beginnen könnte.“

Und über den sichtlich nicht ganz freiwilligen Klärungszeitraum ist man auch ganz froh. Denn die Stadt kann sich zwar die Errichtung eines solchen Panoramas wünschen – hat dafür aber kein Geld übrig.

„Das Anliegen des Antragstellers, das Asisi-Panorama ‚Leipzig 2013‘ wieder sicht- und erlebbar zu machen, wird seitens der Verwaltung grundsätzlich begrüßt. Das Thema der Völkerschlacht zu Leipzig ist ein stadthistorisch unsere Stadt prägendes Ereignis, das auch heute auf großes geschichtliches Interesse trifft, wie die erfolgreiche Erstpräsentation des Panoramas von Yadegar Asisi gezeigt hat. Der enge räumliche Bezug mit vorhandenen themenbezogenen Orten wie dem Völkerschlachtdenkmal kann dabei befruchtend und attraktivitätssteigernd wirken.“

Und dann kommt das Andererseits, das man aus dem Rathaus noch nie so deutlich gehört hat. Leipzig steckt augenscheinlich tiefer in der Finanzierungsklemme, als es die Verwaltung bislang zugeben wollte: „Da andererseits die Stadt nicht in der Lage ist, mit eigenem Investment zur erneuten Präsentation des Panoramas beizutragen, auch die LEVG GmbH als Grundstückseigentümerin nicht finanziell belastet werden kann, gleichwohl die mögliche temporäre zur Verfügungstellung des nicht vermarktbaren Grundstückes wettbewerbsneutral erfolgen muss und ein zeitlicher Zwangspunkt durch die Einschränkung der frühesten Verfügbarkeit des Grundstückes durch die vorher zu realisierende Brückenbaumaßnahme gegeben ist, wurden im Alternativvorschlag die Rahmenbedingungen definiert, die für eine erfolgreiche Umsetzung eingehalten werden müssten.“

Die Brücke gibt den Zeitplan vor, denn die das Grundstück umschließenden Rampen werden als Baustraßen beansprucht und eine Nutzung mit dauerhaftem Besucherverkehr zwischen diesen ist aus technologischen und Verkehrssicherungsgründen nicht möglich.

Also schlägt die Verwaltung jetzt vor: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, die LEVG GmbH & Co. KG (LEVG) per Gesellschafterweisung zu beauftragen, für die in den Anhängen des Ursprungsantrages ausgewiesene Fläche des ‚östlichen Ohrs‘ des sogenannten Stadtbalkons auf dem der Gesellschaft gehörenden Flurstück 159/104 in der Straße des 18. Oktober ein Interessenbekundungsverfahren durchzuführen. Im Rahmen dieses Verfahrens soll geklärt werden, ob und zu welchen Bedingungen es Interessenten für die Errichtung und Betreibung einer ca. 30 m hohen und durchmessenden Rotunde als ‚Kunst-Skulptur‘ auf o. g. Flurstück und außerhalb der Sichtachse Völkerschlachtdenkmal-Neues Rathaus zur Ausstellung des ehemals im Panometer gezeigten Völkerschlachtpanoramas von Yadegar Asisi gibt. Ziel soll die Erarbeitung und der Abschluss eines zeitlich begrenzten, aber mindestens 10-jährigen Nutzungsvertrages sein.“

Damit will man auch herausfinden, ob sich das als Privatprojekt rechnet. Und man denkt auch schon an die Zeit danach, so wie es die Grünen vorgeschlagen hatten. Denn diese balkonmäßige Erhöhung im Süden des alten Messegeländes will man ja irgendwann wieder nach alten Plänen zu einem Garten umgestalten. Und wenn das Panorama funktioniert, könnte man sich auch vorstellen, dass die Besucher einen freiwilligen Extra-Obolus zahlen: „Des Weiteren soll geprüft werden, einen symbolischen Denkmal-Beitrag (z. B. 0,50 € pro Besucher) für die spätere umfassende Sanierung des Gartendenkmals im Nutzungsvertrag festzuschreiben.“

Grüne beantragen, das Völkerschlacht-Panorama jetzt für mindestens zehn Jahre zu sichern

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