Eigentlich hatte der Stadtrat die Leipziger Verwaltung dazu verpflichtet, bis Anfang 2016 ein Strategiepapier zur aktiven Liegenschaftspolitik vorzulegen. Denn die gibt es ja in Leipzig nicht. Sie fehlt seit Jahren schmerzlich. Im Januar hatte die Verwaltung dann mitgeteilt, dass es wohl im 2. Quartal so weit sei. Jetzt teilt das Wirtschaftsdezernat mit, dass es wohl September wird. Ist eben kompliziert.

Man bekommt schon Schweißperlen auf der Stirn, wenn man die Antwort jetzt liest, die die Grünen auf ihre Anfrage bekommen haben. Denn irgendwie tun sich Ämter und Dezernate schwer damit, zu einem gemeinsamen Ergebnis zu gelangen. Wie schwer sich die auf ihre Hoheit bedachten Ämter tun, wird gleich in der ersten Antwort auf die Frage „Weshalb wurde die Fortschreibung des Strategiepapiers zur aktiven Liegenschaftspolitik dem Stadtrat bis heute nicht vorgelegt?“ deutlich.

„Die Verwaltung ist mit dem Ratsbeschluss RB VI 1297/15 mit der Aktualisierung der strategischen Liegenschaftspolitik beauftragt worden“, heißt es in der Antwort von Wirtschaftsbürgermeister Uwe Albrecht (CDU). „Mit der Umsetzung wurde unverzüglich begonnen. Aufgrund der Verzahnung mit anderen komplexen Themen erfolgte eine umfassende Abstimmung. Unter anderem musste sich verwaltungsintern zum Verfahren zur Konzeptveräußerung mit mehreren Ämtern verständigt werden. Zudem musste mit den Beteiligungsunternehmen zur Übertragung von Grundstücken Einvernehmen erzielt werden. Dies hat erhebliche Zeit in Anspruch genommen. Derzeit erfolgt die Endabstimmung, so dass ich davon ausgehe, dass die Vorlage im September 2016 in die Ausschüsse zur Beratung gegeben werden kann.“

Konzeptvergabe könnte ein Schlüssel dafür sein, die Immobilienpreise in Leipzig einigermaßen im Griff zu behalten. Die Stadt müsste nur von der längst unseligen Politik des Verkaufs ihrer Flächen für theoretische Höchstpreise abgehen und jeden Flächenverkauf an ein stadtverträgliches Nutzungskonzept binden. Damit behält sie die Steuerung über wichtige Grundstücksnutzungen auch dann, wenn ein Privater die Erschließung übernimmt.

Eigentlich war das alles klar, wie die Grünen betonten: „Mit Fortschreibung des Wohnungspolitischen Konzepts im Oktober 2015 hat der Stadtrat klarstellend die Einführung der Konzeptvergabe beschlossen. Im Konzept heißt es dazu unter anderem: ‚Für die Ausschreibung geeigneter städtischer Liegenschaften werden konkrete Kriterien und Verfahrensvorschläge von einem runden Tisch erarbeitet und dem Stadtrat im II. Quartal 2016 zum Beschluss vorgelegt. Anhand von 2 bis 4 Beispielen werden 2015/2016 bei der Veräußerung geeigneter Grundstücke und Gebäude die vorgeschlagenen Kriterien und Regularien getestet und anschließend evaluiert.‘“

Das mit dem Runden Tisch hat die Verwaltung eher als internen Abstimmungsauftrag verstanden. Möglicherweise hat man auch wieder die üblichen Vertreter der Leipziger Immobilienwirtschaft mit eingeladen zur Werkstatt. Also ist erst einmal alles weiter intern, bis man dann irgendwann – vielleicht im Herbst oder zu Weihnachten – den Stadträten und der Öffentlichkeit verraten will, wie man es machen möchte. Oder in der Antwort von Bürgermeister Albrecht: „Mit der Vorlage zur Aktualisierung der strategischen Liegenschaftspolitik wird auch ein Verfahren für die Veräußerung von Grundstücken mit einem Konzept vorgestellt. Wie beschlossen wird noch in diesem Jahr anhand von 2 bis 4 Beispielen die Veräußerung geeigneter Grundstücke nach Kriterien getestet.“

Man will mit dem Test also schon loslegen, bevor der Stadtrat das neue Strategiekonzept überhaupt kennt, geschweige denn diskutiert hat.

Da wird also schon losgewerkelt, man hat sich zwischen Dezernaten abgestimmt. Zumindest über die Kriterien. Aber irgendwie ist es wie gehabt: Das Liegenschaftsamt macht selber los.

„Die Auswahl der konkreten Grundstücke ist erfolgt“, teilt der Bürgermeister mit. „In Übereinstimmung der Dezernate Wirtschaft und Arbeit und Stadtentwicklung und Bau sind auch Kriterien ermittelt worden, die den Vorgaben des Wohnungspolitischen Konzepts entsprechen. Als Voraussetzung für die Bekanntmachung der Verkaufsabsicht (sog. Ausschreibung) sind konkrete Grundstücksfragen zu klären und Verkehrswertgutachten erforderlich, um das Mindestgebot zu ermitteln. Sobald die Gutachten vorliegen, kann die Testphase starten. Dies wird wie beschlossen noch im Jahr 2016 erfolgen.“

Ob das klappt? Da zweifeln nicht nur die Grünen, die so sehnsüchtig auf das neue Konzept zu einer strategischen Liegenschaftspolitik warten.

Uwe Albrecht: „Es ist vorgesehen, dass die Vorlage zur Aktualisierung der Liegenschaftspolitik im September 2016 den Fachausschüssen zur Beratung vorgelegt wird.“

Die Konzeptvergabe ist übrigens nur einer von vielen Bausteinen, die so eine strategische Liegenschaftspolitik braucht. Noch spannender wird die Frage, wie viele andere noch mit drin stehen. Und ob das Wichtigste vorgeschlagen wird, was eigentlich überfällig ist: Ein zentrales Referat zur Liegenschaftssteuerung, das endlich auf OB-Ebene die Liegenschaftspolitik in Leipzig steuert.

Dazu gleich mehr an dieser Stelle.

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