Darf der Stadtrat das Leipziger Ordnungsamt beauftragen, bei Falschparkern bevorzugt das Mittel des Abschleppens zu nutzen? Darüber wurde ja im Leipziger Stadtrat schon mehrfach heftig gestritten. Die Verwaltung war der Meinung, dazu sei der Stadtrat nicht befugt. Der aber wollte auch eine entsprechende Stellungnahme der Landesdirektion nicht akzeptieren. Ein Gutachten sollte helfen bei der Klärung der Frage. Jetzt ist es auf der Homepage der Stadt öffentlich einsehbar und bestätigt wenig überraschend: verkehrsbehindernd geparkte Fahrzeuge sollten abgeschleppt werden.

Die Fraktion Freibeuter begrüßt nach zähem Ringen mit Ordnungsbürgermeister Heiko Rosenthal und auf eigenes Betreiben hin die Veröffentlichung des von der Stadt Leipzig beauftragten Rechtsgutachtens „Entscheidungshilfe Abschleppen“ von Prof. Dr. Dieter Müller auf der Homepage der Stadt Leipzig als eine Rechtsauffassung, die das Abschleppen in verkehrsbehindernden Situationen im Straßenverkehr mit Verweis auf § 12 (3) StVO stützt.

In diesem Paragrafen ist einführend geregelt, wer länger als drei Minuten sein Auto abstellt, parkt. Und dies ist eben nach Punkt 3 unzulässig „vor und hinter Kreuzungen und Einmündungen bis zu je 5 m von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten, soweit in Fahrtrichtung rechts neben der Fahrbahn ein Radweg baulich angelegt ist, vor Kreuzungen und Einmündungen bis zu je 8 m von den Schnittpunkten der Fahrbahnkanten.

Aber auch, wenn „es die Benutzung gekennzeichneter Parkflächen verhindert, vor Grundstücksein- und -ausfahrten, auf schmalen Fahrbahnen auch ihnen gegenüber, über Schachtdeckeln und anderen Verschlüssen, wo durch Zeichen 315 oder eine Parkflächenmarkierung (Anlage 2 Nummer 74) das Parken auf Gehwegen erlaubt ist oder vor Bordsteinabsenkungen.“Dann ist eben nicht das „Knöllchen“, sondern der Abschleppwagen fällig.

Dazu erklärte Thomas Köhler (Piraten): „Endlich hat jedermann Zugang zum Rechtsgutachten, das ein öffentliches Interesse am Abschleppen von verkehrsbehindernd parkenden Fahrzeugen bestätigt“, so Thomas Köhler, der die Freibeuter-Fraktion im Fachausschuss Umwelt, Klima und Ordnung vertritt.

Die Fraktion Freibeuter kündigt zudem einen neuen, rechtskonformen Antrag an: „Der Wunsch der Mehrheit des Stadtrates, gemeinsam mit der Stadtverwaltung und dem Oberbürgermeister eine rechtskonforme Regelung, die alle Verkehrsteilnehmer schützt, zu erarbeiten, ist nachdrücklich gegeben. Besonders im Fokus stehen für uns die Schulwegsicherheit, die Sicherheit für Menschen mit Behinderungen und ältere Menschen – eben die schwächsten Verkehrsteilnehmer im Straßenverkehr“, so Köhler weiter.

Das Rechtsgutachten ist auf der Homepage der Stadt Leipzig in zwei Ausführungen einsehbar.

Vorausgegangen waren die Beschlüsse auf Antrag der Freibeuter zum bevorzugten Abschleppen verkehrswidrig parkender Fahrzeuge, zunächst in der Ratsversammlung am 16. September 2020 und nach Widerspruch des Oberbürgermeisters gegen den Beschluss erneut in der Ratsversammlung am 7. Oktober 2020. Der Oberbürgermeister hatte dagegen wiederholt Widerspruch eingelegt.

Gemeinsam mit den Fraktionen Die Linke und Bündnis 90 / Die Grünen hatte die Fraktion Freibeuter im Leipziger Stadtrat daraufhin beantragt, den Oberbürgermeister zu beauftragen, gegen den Bescheid der Landesdirektion Sachsen vom 17. November 2020 fristwahrend zu widersprechen. In dem Bescheid stellt die Landesdirektion Sachsen die Rechtswidrigkeit des Stadtratsbeschlusses vom 7. Oktober 2020 fest. Sie verweist auf die fehlende Zuständigkeit des Stadtrates in der Sache.

Ein jüngeres Gutachten zur Rechtmäßigkeit des Stadtratsbeschlusses zum „Abschleppen von verkehrsbehindernd geparkten Kraftfahrzeugen“ des RA Dr. Brüggen empfahl die Rücknahme des Beschlusses wegen Rechtswidrigkeit. Der Empfehlung kam der Stadtrat in der Ratsversammlung am 21. Januar 2021 nach.

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