Es hat sich nichts geändert seit 2012 - nichts an der Bereitwilligkeit der sächsischen Meldeämter, die Daten ihrer Bürger für Geld zu verkaufen, nichts an der Tatsache, dass ein Drittel der Meldeämter nicht mal dem Innenminister Auskunft darüber gibt, wieviele Daten sie so im Lauf eines Jahres verkauft haben und an wen. Klar ist nur: Auch der MDR gibt weiter GEZ-Geld dafür aus, die Zwangszahler auszuforschen.

Klar: Es heißt nicht mehr GEZ. Zwangsabgabe heißt es auch nicht, ist es aber. Und das im hochtechnisierten 21. Jahrhundert, in dem jede Mediennutzung auch online gemessen werden kann, wo es längst kinderleicht ist, den über Netze laufenden Medienkonsum der Bürger punktgenau, gerätegenau und minutengenau zu erfassen. Aber Deutschlands Politiker ducken sich nicht nur weg, wenn es um die Kontrolle der eingesammelten Gelder und ihre Verwendung geht, sie sind auch nicht mutig genug, die ungeliebten Sender ins 21. Jahrhundert zu hieven und ihnen wirklich Wettbewerb um die Aufmerksamkeit der Nutzer aufzuerlegen.

Das Ergebnis: Die Daten der Sachsen werden von den Rundfunkanstalten abgefragt, als wären sie Steuerbehörden. Und die Kommunen spielen mit. Ist ja ein bisschen Geld, das in die Kassen kommt.

Mindestens 1,9 Millionen Euro, wie nun eine kleine Anfrage des Landtagsabgeordneten der Linken, André Schollbach, ergab. Wie schon für 2011 und 2012 wies Innenminister Markus Ulbig auch diesmal darauf hin, dass nur zwei Drittel aller Meldeämter auf die Anfrage des Innenministeriums reagiert haben. Und auch die nicht bei allen Fragen vollständig. So dass man wohl mit Fug und Recht davon ausgehen kann, dass das Niveau der Einnahmen aus Melderegisterauskünften sogar deutlich über 2 Millionen Euro lag. Eigentlich sind das Peanuts und werden nirgendwo helfen, den Kommunalhaushalt zu retten. Aber es ist auch ein Zeichen dafür, für wie billig die Politik die Daten der Bürger verramscht.

2013 waren die Einnahmen um rund 700.000 Euro höher als im Vorjahr. Aber das kann durchaus mit den Wahlen in diesem Jahr zu tun haben. Einige Parteien kaufen emsig Adressdaten ein, um dann die Briefkästen der Bürger mit ihrer Wahlkampfwerbung zu fluten.

Aber auch der MDR holt sich jedes Jahr frische Daten aus den Melderegistern. Für 2012 sind fast 18.000 Euro dafür ausgewiesen (wahrscheinlich werden es wohl eher 25.000 Euro gewesen sein), 2013 dann rund 26.500 Euro (insgesamt wohl eher 35.000 Euro). Man hat es ja. Und man kann ja auch die Gebührengelder der Bürger dafür nutzen, den Bürgern auf die Schliche zu kommen, die sich weigern, das undurchschaubare Sendersystem zu finanzieren. Und das werden nicht nur ein paar erzürnte Sachsen sein, die bei PEGIDA versuchen, ihren Frust herauszuschreien. Aber so eine kleine Erkenntnis formt sich ja am Rand: Es ist das sture technokratische Denken in der aktuellen Politik, das so seltsame Blüten treibt und immer mehr Bürger verunsichert und erzürnt. Und weil die Verantwortlichen sich hinter Paragraphen und Verwaltungsvorschriften verstecken, wird auch die Wut recht ratlos, wohin sie sich wenden soll. An die Politik und die nichtsahnenden Politiker in den Aufsichtsgremien? Wohl lange nicht. Dieses Vertrauen wurde über Jahre schon kräftig verspielt. Auch bei der amtlichen Ignoranz beim Umgang mit den Daten der Bürger.

Die Kleine Anfrage von André Schollbach zu den Melderegisterauskünften in Sachsen als pdf zum Download.

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