Während die Regierungsbildung in Deutschland weiter andauert, tagte in dieser Woche erneut der Bundestag. Ein Thema war die mögliche Aufhebung des sogenannten Kooperationsverbotes, welches die Linksfraktion beantragt. Trotz einer ungewöhnlichen Allianz – auch SPD, FDP und Grüne sprechen sich dafür aus – sind die Erfolgsaussichten gering. Weil CDU und AfD das Vorhaben ablehnen, ist die für Grundgesetzänderungen nötige Zweidrittelmehrheit nicht in Sicht.

Für kurze Zeit war in ein jahrelanges Streitthema etwas Bewegung gekommen. Während der letztlich gescheiterten Sondierungsgespräche zwischen Union, FDP und Grünen stand ein Ende des sogenannten Kooperationsverbotes zur Diskussion. Diesem zufolge ist Bildung eine Sache der Länder – der Bund darf sich mit wenigen Ausnahmen an der Finanzierung nicht beteiligen.

Hintergrund dieser Trennung sind zum einen die Erfahrungen mit einer zentralistisch gesteuerten Bildungspolitik im Nationalsozialismus und zum anderen die Föderalismusreform im Jahr 2006. Der Bund darf sich derzeit beispielsweise nur noch an der Forschungsförderung beteiligen – was unter anderem in Form der „Exzellenzinitiative“ geschieht.

Ob die Union den Forderungen von FDP und Grünen nachgekommen wäre, blieb am Ende ein Geheimnis. Doch das Thema ist nach wie vor aktuell, nicht zuletzt weil die Linksfraktion es am Mittwoch mit einem Antrag auf die Tagesordnung der Plenarsitzung im Bundestag setzte. Sie fordert von der künftigen Bundesregierung einen Gesetzentwurf zur Aufhebung des Kooperationsverbotes. Zugleich soll sichergestellt werden, dass „die föderale Verantwortung der Länder“ nicht infrage gestellt wird.

Birke Bull-Bischoff (Linke) bezeichnete das deutsche Bildungssystem in der Plenardebatte als „chronisch unterfinanziert“ und nannte das Kooperationsverbot als „große Barriere“, um dem entgegenzuwirken.

Aus der Unionsfraktion kam der erwartete Widerstand. Für Stefan Kaufmann (CDU) sei nicht erkennbar, warum das Grundgesetz geändert werden soll. Zum einen hindere die Länder niemand daran, mehr Geld in Bildung zu stecken, und zum anderen bringe eine Grundgesetzänderung „per se keinen einzigen zusätzlichen Euro“. Schon heute gebe es Kooperationen; in den „Hochschulpakt“ etwa habe der Bund rund 20 Milliarden Euro investiert. „Der Bund engagiert sich bereits heute so umfassend wie noch nie“, fasste Kaufmann seine Ausführungen zusammen. Bessere Rahmenbedingungen in den Bereichen Ganztagsschulen, Digitalisierung und vergleichbare Bildungsabschlüsse seien ohne Grundgesetzänderung möglich.

Zustimmung erhielt die Linke hingegen aus der SPD. „Bislang bezahlen die Länder zu 80 Prozent die Schulen, danach kommen die Kommunen und dann erst der Bund“, sagte der Abgeordnete Ernst Dieter Rossmann. „Es braucht einen Befreiungsschlag. Da, wo es um große Aufgaben geht, muss es große Kooperationen geben.“ Ganz anders sah das Götz Frömming aus der AfD-Fraktion. Er verwies darauf, dass es in der deutschen Geschichte nur im Nationalsozialismus und in der DDR ein zentralistisches Bildungswesen gegeben habe. „Wir brauchen Leistung und Wettbewerb statt Leistungsabsenkung und Gleichmacherei“, so Frömming. Schulen seien kein Ort für „soziale Experimente oder Gesellschaftsutopien“.

An die Seite von Linksfraktion und SPD stellte sich im Wesentlichen auch Katja Suding von der FDP. Ihre Partei wolle das Kooperationsverbot abschaffen, damit der Bildungserfolg in Deutschland nicht mehr so stark von der Herkunft, also unter anderem dem Bundesland, bestimmt sei. „Der Bund soll sich weiter aus pädagogischen Konzepten heraushalten, aber die Finanzierung der Modernisierung muss erlaubt sein. Alles andere ist im 21. Jahrhundert in Zeiten der Globalisierung grotesk.“ Kai Gehring (Grüne) verwies ebenfalls darauf, dass es in Deutschland keine gleichwertigen Lebensverhältnisse gebe. „Bildung ist so wichtig, dass sie gesamtstaatliche Verantwortung braucht“, so Gehring.

Am Ende der Debatte durfte erneut jeweils ein Redner von Union und SPD ans Mikrofon. Es wurde deutlich, dass Linke, SPD, FDP und Grüne das Kooperationsverbot abschaffen, aber Union und AfD daran festhalten wollen. Da einer Änderung des Grundgesetzes sowohl Bundestag als auch Bundesrat jeweils mit Zweidrittelmehrheit zustimmen müssen, dürfte der Antrag der Linksfraktion trotz der noch offenen Regierungsbildung wenig Aussicht auf Erfolg haben.

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