Der in Leipzig heimische Buchverlag für die Frau macht Lobby-Arbeit. Fast mit jedem Buch. Auf einfühlsame Art. Das Motto, das ganz heimlich drüber steht: "Wollen Sie Ihr Leben nicht ändern? Jetzt? Ein bisschen? Na los. Trauen Sie sich!" - Selbst die kleinen Mini-Bücher laden ein zum Seitensprung.

In diesem Fall mal nach Südamerika, ins Reich der Inka, aus dem einst die Spanier schon einige Dinge nach Europa holten, ohne die unser Speiseplan heute gar nicht mehr funktionieren würde – Kartoffeln zum Beispiel, Mais, Tomaten. Aber eine nicht ganz so auffällige Pflanze haben sie augenscheinlich übersehen: Quinoa, von den Bewohnern der Andenländer einst als Wunderpflanze gepriesen, hart im Nehmen, was extreme Witterungsbedingungen betrifft, und auch noch richtig gesund. Nur eben gab’s nie einen Friedrich II., der seinen Untertanen befahl, die Pflanze aus Amerika anzubauen. So dass das “Inka-Korn” erst in den letzten Jahren quasi als Exot seinen Weg in Europas Läden gefunden hat.

Mit der Vorrede hält sich Anja Völkel gar nicht lange auf. Wer wissen will, was Quinoa als in sich hat, kann je Lexika studieren. Wichtiger ist das andere: das Ausprobieren. Denn wenn man noch nicht so richtig weiß, wie man mit dem Neuling umgehen kann und wie er einem am besten mundet, dann hat er ja keine Chancen, wirklich Eingang zu finden in die Küche. Deswegen geht die Autorin, nachdem sie kurz auf die gute Rolle, die Quinoa im Stoffwechsel spielt, eingegangen ist und die wichtigsten Grundlagen der Zubereitung benannt hat, ruckzuck zu allerlei Rezepten über, mit denen sie den Experimentiergeist der mutigen Küchennutzer anspricht.

Der Anblick ist vielleicht ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Manchmal sieht die gesunde Anden-Hirse eben auch wie Hirse aus. Oder wie Graupen. Deswegen taucht er in Anja Völkels Rezepten eher in überschaubaren Portionen auf. Man muss es ja nicht übertreiben. Schon gar nicht, wenn man Quinoa mit allerlei gesunden Dingen aus Garten und Feld ergänzen kann. Deswegen geht es auch gleich mit Salaten los, wie sich das gehört fürs beginnende Erntejahr. Was der Gemüsehändler an der Ecke feil bietet, passt in dutzenden Variationen ganz gut zu diesem gesunden Graupelschauer. Klammer auf: Und ersetzt in dieser Reichhaltigkeit ganz bestimmt so manches sonst schwer im Magen liegende Abendbrot. Man bekommt also was Gesundes in vielen Geschmacksvariationen – und hinterher hilft das Andenkorn auch noch, sich nicht wie ein wandelndes Walross zu fühlen.

Und wenn die Abende dann doch mal nicht so mediterran werden, wie man sich das wünscht, dann geht es auch auf die erwärmende Art: mit Suppen – mit Kartoffeln, Lauch, Kerbel, Möhren, Sellerie … eben all den Dingen, die eine gewitzte Hausfrau kennt und bei denen Männer immer so schrecklich ratlos sind. Am Ende schmeckt’s trotzdem. Und wer brav aufisst und genießt, darf sich auch die nächste Runde wünschen: Allerlei aus Pfanne und Schmortopf (Männer mögen’s nunmal etwas handfester, nicht wahr?). Und dann ist in der Regel ja Sonntag, und die Frage steht: Kann man das Korn auch in den Ofen schieben? Kann man. Bei Anja Völkel taucht es als Bestandteil in Tartes, Auflauf, Blechkuchen auf. Oder in gefüllten Auberginen.

Und sogar süß kann man’s bekommen, in Flammeri, Trifle, Tiramisi, Crunch oder Törtchen.

Manchmal kommt in diesem Büchlein natürlich auch die Verspieltheit der Autorin durch. Aber es geht auch beim Gebackenen herzhafter, auch wenn Quinoa hier ohne den älteren Bruder Getreidemehl nicht auftaucht. Ohne das gibt’s auch kein Quinoa-Brot und keine Kokos-Mohn-Schnecken. In der Summe sind die Rezepte also so eine Art kleine Begrüßungssinfonie für diesen Gast aus Südamerika. Und natürlich eine Einladung, es einfach mal zu probieren. So ähnlich wird es unseren Vorfahren vor 400 Jahren ja auch mit Kartoffel & Co. gegangen sein.

Anja Völkel “Quinoa. Das gesunde Inka-Korn, Buchverlag für die Frau, Leipzig 2015, 5 Euro

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