"Jedes vierte sächsische Gymnasium muss den Zugang zur zweiten Fremdsprache inzwischen auslosen. Abstrakte Reden von Ressourcenrückgang und Lehrermangel werden hier ganz konkret - mit bitteren Folgen für die betroffenen Schülerinnen und Schüler", bilanziert Annekathrin Giegengack, stellvertretende Vorsitzende und bildungspolitische Sprecherin der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen, die Antwort auf ihre Kleine Anfrage zur Vorbereitung des kommenden Schuljahres.

“Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Waren es im Schuljahr 2008/2009 noch acht Einrichtungen, an denen auf ein Losverfahren zurückgegriffen werden musste, so sind es zum jetzigen Stand 31 der 119 öffentlichen Gymnasien. Meist gibt es im Fach Französisch mehr Bewerberinnen und Bewerber als Plätze, aber auch Interessenten für Latein oder Spanisch müssen ‘umgelenkt’ werden. Dabei gibt es kaum Unterschiede zwischen den einzelnen Regionalstellen. Das Problem ist in ganz Sachsen virulent.”
Und da Sachsen auch in diesem Jahr nicht einmal ansatzweise genug junge Lehrerinnen und Lehrer einstellt, um auch nur das Ausscheiden von Lehrpersonal aus Altersgründen auszugleichen, wird sich das Drama noch verschärfen. Der Freistaat spart ein funktionierendes Bildungssystem kaputt, ohne dazu durch Haushaltsengpässe getrieben zu sein. Und während Kultusminister Roland Wöller noch wagte, den brisant zunehmenden Lehrermangel auch nur zu benennen, macht seine Nachfolgerin nur noch “Dienst nach Vorschrift”. Ihre “Rettungspakete” haben sich schon als unwirksam herausgestellt, bevor auch nur das Schuljahr begonnen hat. Der Freistaat selbst kommt seiner “Schulpflicht” nicht mehr nach.

“Uns erreichen vermehrt Anfragen von Elternvertretungen, die auf die fatalen Folgen aufmerksam machen. Schülerinnen und Schüler müssen eine Sprache lernen, die sie nicht lernen wollen – oder sie sind gezwungen, die Schule zu wechseln. Dabei spielt gerade das Sprachenangebot einer Einrichtung eine zentrale Rolle bei der Schulwahl. Der Personalmangel an den Schulen, auch und gerade im Sprachenbereich, ist das Ergebnis vieler politischer Versäumnisse in den letzten Jahren”, sagt Giegengack. “Unseren Antrag, für Schülerinnen und Schüler sowie deren Eltern einen Rechtsanspruch auf die gewählte Sprache oder das gewählte Profil eines Gymnasiums zu schaffen, haben die Regierungsfraktionen im September letzten Jahres abgelehnt. Kultusministerin Brunhild Kurth (parteilos) wird nicht müde darauf hinzuweisen, dass das Losverfahren rechtlich zulässig sei. Auf der anderen Seite bekommen Eltern in aller Regel Recht, die gegen die Zwangszuweisung ihres Kindes in eine Sprachgruppe klagen. Hier muss endlich eine Lösung gefunden werden, ehe wir jedes Jahr aufs Neue traurige Rekorde verzeichnen müssen.”

Kleine Anfrage “Anwendung des Losverfahrens beim Zugang zur 2. Fremdsprache in Vorbereitung des Schuljahres 2013/2014 (Drs 5/12201)
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=12201&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=2

Antrag “Sprachen- und Profilwahl an Gymnasien sicherstellen” (Drs 5/7002)
http://www.gruene-fraktion-sachsen.de/fileadmin/user_upload/Antraege/5_Drs_7002_1_1_2_.pdf

Kleine Anfrage “Verlosung des Unterrichtszugangs zu Französisch und Russisch” (Drs 5/5728)
http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=5728&dok_art=Drs&leg_per=5&pos_dok=2

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