Während sächsische Innenminister glauben, rund um die Leipziger Eisenbahnstraße eine Polizeikontrollzone aufrechterhalten zu müssen, hat sich das Quartier längst zu einem neuen Hotspot der Stadtentwicklung gemausert. Nicht nur sind hier jede Menge junger, kreativer Leute hingezogen. Das Quartier ist tatsächlich zu einem neuen künstlerischen Sammelpunkt geworden. Das zeigen ab Donnerstag, 20. Mai, die Biennale „Art Go East“ und eine besondere Ausstellung in der Antik- & Kunstmetzgerei FANG Studio.

Die „Art Go East“-Biennale lenkt in diesem Jahr mit dem Motto „to collaborate“ die Aufmerksamkeit auf die im Leipziger Osten ansässigen Kunst- und Kulturräume. Mit vielfältigen künstlerischen Positionen, die in den beteiligten Kunsträumen präsentiert werden, wird soziales Miteinander im Viertel gefördert. Die Werke geben Anregungen für Dialog und Austausch, werfen aber auch gesellschaftliche Fragen auf – für den interkulturellen Leipziger Osten wie generell für heutige urbane Lebenswelten.

Der Leipziger Fotograf Fabian Heublein entwickelte im Rahmen des Festivals ein neues Projekt, das sich den Kurator/-innen und Betreiber/-innen von Räumen und Orten für bildende Kunst im Leipziger Osten zuwendet. Heublein greift dabei das Festivalthema „to collaborate“ auf seine Weise auf und zeigt in Einzelporträts die Personen, die für das Festival und die teilnehmenden Kunstorte stehen.

In der Zusammenschau seiner Aufnahmen zeigt sich ein breites Ensemble an Persönlichkeiten, die in der Vielfalt ihrer Charaktere und Interessen zu einem reichen und inspirierenden künstlerischen Leben im Viertel beitragen.

In der Ausstellung „Die Kuratierenden“ im FANG Studio in der Oststraße 6 in Reudnitz, wie auch in einer limitierten Publikation, finden sich alle Bilder der Porträtierten. Die Präsentation vermittelt nicht nur einen Eindruck vom Engagement für Kunst und städtische Lebenskultur, sondern sie vermag es, den Stadtteil zu spiegeln.

Denn Heubleins Fotografien bilden nicht einfach nur die Kurator/-innen und Betreiber/-innen der Kunsträume ab, sondern zeigen diese am Ort ihres Wirkens. Mit den Personen treten so auch die Räume, die von ihnen belebt und gestaltet werden, in Erscheinung. Die Sicht auf die Porträtierten wird um die Korrespondenz von Person und Raum erweitert.

Blick in den Katalog "Die Kuratierenden". Foto: Fabian Heublein
Blick in den Katalog „Die Kuratierenden“. Foto: Fabian Heublein

Die Arbeitsweise Heubleins, die er selbst als eine zeitgenössische Antwort auf die Arbeiten des einflussreichen Porträtfotografen August Sander beschreibt, der in den 1920er Jahren „Menschen des 20. Jahrhunderts“ sachlich-konzeptuell dokumentierte, bringt einhundert Jahre später nicht nur Farbe in die Porträtaufnahmen, sondern öffnet den Blick auf „Menschen des 21. Jahrhunderts“ in zum Teil völlig neuen Berufen.

Die Abbildungen beschränken sich nicht auf das Gesicht, sie nehmen den Menschen in seiner ganzen Körperlichkeit wahr – dies verstärkt die Verbindung von Persönlichkeit und Wirkungsort. Für Heublein ist es dabei von großer Bedeutung, dass die von ihm Porträtierten selbst den Ort vorgeben, an dem sie fotografisch wahrgenommen werden wollen, den sie als „ihren Ort“ verstehen.

Zur künstlerischen Arbeit gehört aus diesem Grund für ihn nicht allein das Fotografieren, sondern ebenso das Gespräch mit den Porträtierten über ihre Tätigkeiten. Erst wenn auf solche Art und Weise die Protagonisten an den Orten ihres Handelns auf sich und ihre Tätigkeiten fokussiert sind können Bilder entstehen, die für Heublein Gültigkeit haben.

Fabian Heublein, der 1986 in Leipzig geboren wurde, studierte von 2008 bis 2016 an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, wo er die Fotografieklassen von Sven Johne, Heidi Specker und Tina Bara durchlief und sein Diplom in bildender Kunst erwarb. Im Jahr 2017 war er Preisträger des airleben Kunstpreis „Künstler des Jahres“. Er lebt und arbeitet in Leipzig.

Gezeigt werden die Arbeiten Fabian Heubleins im FANG Studio vom 20. Mai bis zum 19. Juni. Für Besichtigungen der Ausstellung kann man sich online anmelden.

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