Seit Mittwoch, 7. September, gibt es im Ariowitsch-Haus im Salon die Ausstellung eines großen jüdischen Künstlers zu sehen, der im Nationalsozialismus als Gehörloser doppelt gefährdet war. Die Ausstellung erzählt die Geschichte von einem, der sich vom Leben nicht unterkriegen lassen wollte.

David Ludwig Bloch, geboren 1910 und ab 1911 Vollwaise, war in Deutschland zur NS-Zeit als Jude und als Gehörloser auf doppelte Weise gefährdet. Während der Reichspogromnacht im November 1938 wurde er verhaftet und in das Konzentrationslager Dachau deportiert.

Die Kommandos der Wachen entschieden viel zu oft über Leben und Tod. Doch er war gehörlos. Seine Mitgefangenen gaben ihm unbemerkt durch Körpersprache zu verstehen, wie er sich verhalten musste.

Er hat den Holocaust überlebt und nach seiner Flucht nach Shanghai schließlich in Amerika eine neue Heimat gefunden. Zuvor hatte er 1934 als einziger Gehörloser ein Studium an der Staatlichen Akademie für angewandte Kunst in München aufgenommen. Dort erlernte er u. a. die Technik des Holzschnittes, die er später zu meisterlicher Vollkommenheit ausbauen sollte.

Seine Holzschnitte erregten in den chinesischen Kunstkreisen große Aufmerksamkeit. Er wurde Mitglied in der ARTA (Association of Jewisch Artists and Lovers of Fine Art, Shanghai).

Nach seiner Pensionierung besuchte David Ludwig Bloch das Konzentrationslager Dachau und begann, seine Erlebnisse in eindrucksvollen Bildern zu verarbeiten. „Meine Bilder sind wie Bücher; sie sind meine Sprache, mit der ich viel mehr sagen kann als mit Wörtern“.

Er verstarb am Jom Kippur 2002 und hinterließ dem Gehörlosen-Pfarrer Hans-Jürgen Stepf in Berlin eine Reihe von zutiefst ergreifenden Bildern, die nun durch das Engagement der Evangelisch-Lutherischen Gehörlosengemeinde Leipzig und Leipziger Land als Hommage bis zum Jahresende barrierefrei (Lift, Schrift- und Gebärdensprache) im Ariowitsch-Haus die berührende Geschichte erzählen von einem, der sich vom Leben nicht unterkriegen ließ.

Die Ausstellung ist bis zum 31. Dezember 2022 bei freier Raumkapazität immer Montag bis Donnerstag von 9 bis 18 Uhr und sonntags zu Veranstaltungen geöffnet.

Das Ariowitsch-Haus ist das größte Zentrum für jüdische Kultur in Sachsen. Die Begegnungsstätte bildet mit zahlreichen Konzerten, Lesungen, Ausstellungen, Seminaren und Vorträgen sowie dem Mehrgenerationenhaus ein buntes Zentrum in der Nachbarschaft des Leipziger Waldstraßenviertels.

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