Ernsthafte Porträts, bei denen man den abgebildeten Künstler/-innen in die Seele blicken kann und experimentell-malerische Fotografie: Noch bis zum 08.01.2023 zeigt das MdbK eine Ausstellung zu Ludwig Rauch. Der in Leipzig geborene Künstler entfaltet dort zwei Facetten seines fotografischen Werkes. Bei der Ausstellungseröffnung am 12. Oktober gab es erste Einblicke und warme Worte von Direktor Dr. Stefan Weppelmann und Schauspielerin Sandra Hüller sowie dem Künstler selbst.

Die Ausstellung in Leipzig ist für Ludwig Rauch etwas Besonderes. Hüller beschrieb es als „Ort, an dem viel begann – sein Leben als Person und sein Leben als Künstler“. 1960 in Leipzig geboren, zeichnet Rauchs Werdegang den Weg vom Bildjournalisten zum Künstler. Die fotografische Dokumentation der Arbeiter/-innen in der VEB Elektrokohl-Produktion 1986 war einer seiner ersten großen Aufträge.

Doch seine ehrlichen Bilder wurden als Provokation empfunden: Die abgebildeten Personen und Maschinen seien zu schmutzig, zu alt. Es folgt ein fortdauerndes Veröffentlichungsverbot in der DDR. Rauch studierte bei Arno Fischer an der Hochschule für Grafik und Buchkunst und reiste schließlich im Januar 1989 nach West-Berlin aus.

In der Ausstellung „Porträt und Abstraktion“ wird das Künstlerdasein selbstreflexiv dargestellt. Rauchs Porträts von Maler/-innen erforschen die Frage, ob man ihre Kunst in ihren Gesichtern erkennen kann. Dabei bilden sie gleichzeitig Bezugspunkte zu anderen Werken, die ebenfalls im MdbK ausgestellt sind. Das Porträt ist somit ein erster und einmaliger Zugang zur Kunst.

Die Ausstellung thematisiert Bilder und ihre Grenzen, insbesondere auch zwischen der Fotografie und der Malerei. Direktor Dr. Stefan Weppelmann bezeichnete diese in seiner Rede als Schwesterkünste und sinnierte über deren Rolle in der Ausstellung: „Es geht weder um die eine noch die andere Schwester, sondern um das Geschwister-Sein.“

Foto: Fiona Rumpel

Während die Malerei viel Freiheit und Imagination zulässt, bildet ein Foto ab, was sich vor der Linse befindet. Doch Wirklichkeit entsteht vielfach in unseren Köpfen. Jeder sieht, was er sehen kann, und somit ist auch eine Fotografie immer der Ausdruck einer subjektiven Realität.

Rauch aber spielt mit seinem Blick: Er findet Bilder hinter den Bildern. Dabei verschwimmen auch die Grenzen des Mediums und fotografische Prozesse nähern sich an die Freiheit der Malerei an. Er experimentiert mit digitalen Möglichkeiten oder Chemie, mit Auflösungsprozessen im doppelten Sinne; ein Malen mit Fotografie. Die Abstraktion zeigt, dass Weglassen wichtiger ist als Hinzufügen.

Dabei sind Rauchs Bilder erzählende und eigenwillige, fotografische Erinnerungen mit der Anmut eines Seepferdchens oder der ovalen Ursymbolik eines Eies. Die Welt ist, was wir sehen – und hier sehen wir die Welt von Ludwig Rauch.

Das kann eine Felswand sein, die ihre Wunden leckt, wie Hüller es so treffend beschrieb, oder Künstler/-innen, deren Körper und Ausdruck selbst zum Kunstwerk werden. Porträt und Abstraktion sind hier zwei Seiten von subjektiver Freiheit.

Im Rahmen der Ausstellung findet am 11.11.2022, 17 Uhr, im Museum der bildenden Künste Leipzig ein Künstlergespräch mit Ludwig Rauch und Direktor Stefan Weppelmann statt.

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