Es wäre eindeutig der bessere Tag gewesen für einen "Tag der deutschen Einheit", dieser 9. Oktober, an dem vor 24 Jahren alles noch in der Schwebe war, an dem aber auch 100.000 Mutige in Leipzig zeigten, dass sie die Nase gründlich voll hatten von einer erstarrten Regierung und einem in Dauerstarre verfallenen Land. Leipzig feiert diesen 9. Oktober trotzdem. Und am 9. Oktober 2013 auch wieder mit gern gesehenen Gästen - diesmal aus den Nachbarländern Tschechien und Slowakei.

Was damit zu tun hat, dass der Prager Frühling nicht nur ein Meilenstein war hin zur Friedlichen Revolution in der DDR und der Samtenen Revolution in der damaligen CSSR. Ohne Prager Frühling ist die Leipziger Bürgerbewegung nicht denkbar. Sie hatte mehr als deutlich gezeigt, dass auch die Staaten des Ostblocks reformierbar sind, wenn die Erneuerungsbewegung nicht von Panzern niedergewalzt wird.

Ein wenig wird das mitschwingen am Mittwoch, 9. Oktober, in der Nikolaikirche und auf dem Augustusplatz. Denn natürlich hätte auch eine Reform der DDR ihre Ecken und Kanten gehabt, hätte vielleicht ähnlich wunderliche Formen gezeitigt, wie man sie in den östlichen Nachbarländern beobachten konnte. Wege zur Demokratie sind niemals einfach. Sie bieten zwar immer neue Alternativen – aber nicht alle Alternativen sind gemütlich oder sogar gut für das Land.

Der 9. Oktober, der in Leipzig ganz offiziell ein Feiertag ist, wenn auch kein freier Tag, beginnt natürlich nicht erst mit dem Lichtfest auf dem Augustusplatz.

Los geht es, ganz klassisch, schon um 17 Uhr (Einlass ab 16:15 Uhr) mit dem Friedensgebet unter dem Motto “Hunger nach Gerechtigkeit” in der Nikolaikirche mit Synodalsenior Joel Ruml und dem einstigen deutschen Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der 1989 durch seine Reise nach Prag und seine Worte vom Balkon der bundesdeutschen Botschaft seinen eigenen Moment im Blitzlichtgewitter der Zeitgeschichte hatte. Das Friedensgebet dauert etwa bis 18 Uhr.

Gleich um 18:30 Uhr schließt sich in der Nikolaikirche die Rede zur Demokratie mit Milan Uhde, tschechischer Schriftsteller und Politiker, an. Milan Uhde (77) war Mitunterzeichner der “Charta 77” und nach der Samtenen Revolution ab 1990 kurzzeitig Kulturminister der Tschechoslowakei.Nach der “Rede zur Demokratie” wechselt der Schwerpunkt des Feiertages natürlich auf den Augustusplatz. Diesmal auch mit einem hohen Gast, wie man ihn auch zum Lichtfest eher selten empfängt: Bundespräsident Joachim Gauck kommt am 9. Oktober direkt von seinem zweitägigen Besuch im polnischen Krakau nach Leipzig, um am Lichtfest teilzunehmen. Bei seiner Ankunft an der Oper wird er von Oberbürgermeister Burkhard Jung, Staatsministerin Christine Clauß und Regina Schild, Sprecherin der Initiative “Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989”, empfangen.

Das wir dann kurz vor 20 Uhr sein. Um 20 Uhr beginnt das Lichtfest auf dem Augustusplatz.

Bereits zum fünften Mal gedenkt Leipzig mit dem Lichtfest der Friedlichen Revolution. Mit den Partnerländern Tschechien und Slowakei sowie dem Thema “Wie geht’s? Über Prag!” lenkt das Bürgerprojekt den Blick auf den europäischen Kontext des Herbst `89. Das Lichtfest wird von der Leipzig Tourismus und Marketing (LTM) GmbH in Zusammenarbeit mit der Stadt Leipzig und der Initiative “Tag der Friedlichen Revolution – Leipzig 9. Oktober 1989” organisiert.

Auf dem Augustusplatz erleben die Besucher zwischen 20 und 21 Uhr eine künstlerische Gesamtperformance – bestehend aus einer Videoprojektion an die Fassade der Oper, einer szenischen Darstellung sowie einer musikalischen Inszenierung. Unter dem Motto “Wie geht’s? Über Prag!” verbinden der künstlerische Leiter des Lichtfestes Jürgen Meier, der Regisseur und Autor Ralph Oehme, der Musiker Mike Dietrich, die Brünner Band Ty Sycáci sowie Schauspieler und Kleindarsteller in einem eindrucksvollen Theaterstück historische Bezüge aus der ehemaligen Tschechoslowakei und der DDR.

Die einzelnen Programmpunkte gehen fließend ineinander über. Um 20 Uhr beginnt das Lichtfest mit Videosequenzen zum “Prager Frühling” 1968 und anschließenden Grußworten von der Bühne vor der Oper Leipzig. Dort sprechen Burkhard Jung, Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, und Róbert Roth, slowakischer Schauspieler, der für Tschechien und die Slowakei spricht.

Parallel dazu beginnt die traditionelle Kerzenaktion, bei der die Besucher aus brennenden Kerzen wieder die strahlende “89” gestalten.Im Anschluss an das Lichtfest öffnen verschiedene Museen und Kirchen ihre Türen zu Ausstellungen und Diskussionsrunden. Und einen Höhepunkt des Tages gibt es dann noch ab 22 Uhr in der Nikolaikirche: die Altslawische Messe von Miroslav Príhoda (1912-1988).

Es ist die deutsche Erstaufführung dieser Komposition. Unter der Leitung von Nikolaikantor Jürgen Wolf lassen der Brünner Philharmonische Chor, Brünner Solisten und das Festivalorchester Leipzig die Altslawische Messe von Príhoda erklingen. Die Orgel spielt der Kantor des Brünner Doms St. Peter & Paul, Prof. Petr Kolár, die erste Geige spielt Príhodas Enkelin Marie Pospíchalová.

Da mit dem Augustusplatz wieder ein zentraler Verkehrsknoten bespielt wird, kommt es auch wieder zu Verkehrseinschränkungen.

Verkehrsraumeinschränkungen am 9. Oktober:

Ab 19 Uhr erfolgt in Abhängigkeit von der Besucheranzahl die Sperrung der Mittelfahrbahn Augustusplatz einschließlich Goethestraße zwischen Brühl und Georgiring. Die Zufahrt zur Tiefgarage Augustusplatz ist jederzeit über den Georgiring möglich, die Ausfahrt erfolgt über die Goethestraße. Um Beachtung der ausgewiesenen Haltverbote im Bereich Nikolaikirche und Augustusplatz wird gebeten.

Bedingt durch die Veranstaltungen und die Gleisbaumaßnahmen am Bahnhof fahren die Straßenbahnen der Linien 4, 7, 12 und 15 über den Georgiring. Die Busse der Linien 72/73 verkehren während der Veranstaltung ab Grimmaischen Steinweg nach rechts in den Georgiring und halten an der Ersatzhaltestelle direkt vor der neuen LVB-Zentrale.

www.leipziger-freiheit.de

www.herbst89.de

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