Brot und Spiele. Irgendwie geht einem der alte römische Spruch durch den Kopf, während das große Festtreiben zur 1.000-jährigen Erwähnung Leipzigs bei Thietmar von Merseburg immer näher rückt. Das findet nicht im Dezember statt (obwohl der Tod des Bischofs Eid am 20. Dezember 1015 das eigentlich wichtige Datum ist), sondern ab dem 30. Mai. Neun Tage Volksfest fürs Volk.

Angekündigt war’s ja, dass man das Festjahr zum “längsten Bürgerfest Mitteldeutschlands” machen wollte. Nicht nur sämtliche Bürger- und Straßenfeste wurden in den Fest-Kalender mit hineingestopft, man hat sich auch noch gleich mehrere neue Feiern ausgedacht, so dass sich die Feste an den Wochenenden geradezu türmen. Viel hilft viel?

Das war noch nie so. Passt aber zur Ausrichtung des Leipziger Stadtmarketings in den letzten Jahren: Es herrscht ein Rekordismus, dass einem die Ohren wackeln. Viel muss es sein, groß muss es sein. Rekordversuche muss es geben. Am 2. Juni gibt es so einen: Da soll den Iren, die gerade erst am 25. April das größte leuchtende Herz gestellt haben, um damit ein Zeichen für die Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Ehen in Irland zu setzen, der Rekord wieder abgejagt werden.

Wenigstens für eine gute Sache? Ein Zeichen für den Frieden oder gegen die BND-NSA-Ausspähung? Natürlich nicht. Ernsthaft und nachdenklich wird Leipzigs Jubiläums-Fest nicht.

„1.000 Herzen und 1.000 Wünsche” soll die Aktion am 2. Juni um 22 Uhr heißen – “zur Förderung des Angebots für die Leipziger Sportvereine und -organisationen”. Wie ein leuchtendes Herz den Leipziger Sport fördern kann, ist ein Rätsel, das wohl nur die Leipziger Spaß-, sorry: Sportvereine klären können. Die Aktion würde doch nur Sinn machen, wenn sie am 20. Mai vorm Leipziger Stadtrat stattfindet. Die offizielle Abnahme erfolgt durch das Rekord-Institut  für Deutschland (RID), wo man solche Spaßveranstaltungen anmelden und beurkunden lassen kann.

Losgehen soll das große Volksfest im langen Bürgerfest am 30. Mai mit dem StadtFestSpiel „Lipsias Löwen“, wenn mehrere bunte Züge sternförmig aus den Ortsteilen in die Mitte ziehen. Neben dem Festumzug werden am 30. Mai die StadtFestTage mit dem 1. Leipziger Frauen Festival eingeleitet, das von 14 bis 23 Uhr auf dem Markt stattfindet. Und damit kein Loch entsteht bis zum Leipziger Stadtfest vom 5. bis 7. Juni, ist praktisch für jeden Tag eine eigene Party angesetzt.

Am 31. Mai ist Familiensonntag mit den Leipziger Kommunalunternehmen ab 13 Uhr auf dem Markt. Gefeiert werden zum Beispiel über 500 Jahre Wasserversorgung in Leipzig, 119 Jahre Elektrische Straßenbahn und 120 Jahre Stromversorgung. Kleines Extra: Am 30. und 31. Mai können alle Festbesucher die Linien der LVB kostenfrei nutzen, um auf den Marktplatz zu gelangen.

Am 1. Juni, zum Kindertag, wird der Markt zu einem Kinderparadies umgestaltet.

Am Sporttag, 2. Juni, gibt es „Mach mit, mach´s nach, mach´s besser“ mit Adi, sporthistorischer Modenschau, Zumba und  „1.000 Herzen & 1.000 Wünsche für den Sport in Leipzig“.

Am Ehrenamtstag, 3. Juni, werden über 1.000 Ehrenamtliche erwartet, um auf dem Markt gemeinsam zu feiern.

Am Tag der Hochschule, 4. Juni, verwandelt sich der Markt ab 12 Uhr in einen Hörsaal. Zwölf Leipziger Professoren, unter anderem von der Universität Leipzig, der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK) und der Handelshochschule Leipzig (HHL) werden spannende Vorlesungen halten. Sie geben einen Einblick in ihre Forschungsgebiete und Forschungserfolge. Ab 18:30 Uhr übernehmen die Studenten das Zepter. Die Live-Auftritte der Band HeissKalt sowie der derzeit bekanntesten DJ’s – Gestört aber Geil – bilden die Höhepunkte des Abends.

Zum Ausklang der StadtFestTage präsentieren sich am 5. Juni Handwerksinnungen der Region von 11 bis 16 Uhr auf dem Markt.

Und dann ist vom 5. bis 7. Juni Stadtfest mit über 200 Stunden Kulturprogramm.

Neu wird am 5., 6. und 7. Juni eine Illumination am Alten Rathaus, die nach dem jeweiligen Programmende auf dem Markt stattfindet. “Einzigartig”, verspricht die LTM. “Mit einer fulminanten Show klingen im Einklang von Lichtbildern, Musik und pyrotechnischen Effekten die Stadtfest-Abende aus.”

„Die in diesem Jahr erstmalig stattfindende 3D-Mapping Inszenierung wurde bisher bei keinem anderen vergleichbaren Fest in Deutschland präsentiert und soll künftig fester Bestandteil des Leipziger Stadtfestes werden. Die Besucher werden fasziniert sein“, verspricht Volker Bremer, Geschäftsführer der LTM GmbH und fügt hinzu: „Wir erwarten zur größten Open-Air-Veranstaltung der Region über 300.000 Besucher.“

Das wird also ein bisschen wie Weihnachtsmarkt – ohne Glühwein. Wie Olympiabewerbung – nur diesmal ohne Konkurrenz. Wie “Wetten, dass …” ohne Thomas Gottschalk. Was will man mehr.

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