Das 3. Internationale Akkordeonfestival "Akkordeon Akut 2012" findet vom 17. bis zum 21. Oktober 2012 in Halle an der Saale statt. Im Zentrum des Jazz- und Weltmusikfestivals steht das oft unterschätzte Instrument Akkordeon. Die Hauptkonzerte kann man in der Oper Halle erleben. Erstmals gibt es in diesem Jahr auch einen Abstecher nach Leipzig.

Am 21.Oktober ab 19 Uhr findet im BMW Werk eine Weltpremiere statt: Das Akkordeonquartett “Dancas Ocultas” trifft auf die famose Jazzsängerin Maria João. Obwohl beide aus Portugal stammen, sind sie noch nie gemeinsam aufgetreten und tun dies auf Initiative des Festivals nun in Leipzig.

Die diesjährige Ausgabe von “Akkordeon Akut” widmet sich geografischen Randerscheinungen und deren musikalischen Ausprägungen mit Gruppen aus Portugal, Finnland und einem “Land”, das als Region über zwei europäische Länder hinweg sowieso eine Randerscheinung ist: dem Baskenland.

Hier heißt das Akkordeon Trikitixa. Innerhalb kürzester Zeit (die Gattung Akkordeon existiert erst seit dem 19. Jahrhundert) hat die dortige Bauart Eingang in das soziale Gefüge der Basken gefunden. Jungen Männern war es nur bis zur Hochzeit erlaubt, die Trikitixa zu spielen. Für einen verheirateten Mann schickte es sich nicht mehr, ein Instrument zu spielen, das nicht als akademisch galt, sondern wegen seiner Handlichkeit und Vielseitigkeit vor allem zur Volksbelustigung benutzt wurde. Schließlich nannte sich im Baskenland sowohl das Instrument, als auch die traditionelle Besetzung einer Tanzband sowie der Tanz selbst Trikitixa. In den letzten Jahren erlebte diese Form der Musik einen wahren Boom. Mit “Korrontzi” ist am 20. Oktober in der Oper Halle eine der bekanntesten Formationen zu erleben.

“Saudade” ist in Portagal wohl das Wort, das das Lebensgefühl der Portugiesen am besten beschreibt: eine ganz spezifische Form des Weltschmerzes, das der Sehnsucht nach Verlorenem Ausdruck verleiht. So wie bei dem Akkordeonquartett “Dancas Ocultas” aus dem Norden Portugals. Der Name des Quartetts weist darauf hin, dass die Vier Musik für Tänze spielen, die erst noch erfunden werden müssen.

Zusammen mit der berühmten portugiesischen Jazzsängerin Maria João treten “Dancas Ocultas” am “Akkordeon Akut Festival” in einer Weltpremiere auf. So begegnen sich in der futuristischen Atmosphäre des BMW Werkes Leipzig zwei Koryphäen der aktuellen europäischen World-Szene, die absolut nichts mit Fado oder sonstigen Klischees zu tun haben, sondern dem Zeitgenössischen und der Originalität verpflichtet sind. Diese erstmalige Live-Begegnung der Ausnahmekünstler – “Dancas Ocultas” als Konterpart der Vokalakrobatin Maria João – verspricht musikalische Spannung auf höchstem Niveau – am 21. Oktober im BMW Werk Leipzig.Der hohe Norden Europas wartet wieder mit einer anderen akkordeonistischen Eigenheit auf: dem finnischen Tango. In den 1940-er Jahren war er es, der den Finnen unter russischer Herrschaft ein Zusammengehörigkeitsgefühl verschaffte. Heute sind Tango und Akkordeon aus der finnischen Kultur nicht mehr wegzudenken. Auch das Herz von Johanna Juhola schlägt spürbar dafür. Doch hier bleibt sie nicht stehen: Wer einst die revolutionären Experimente von Kimmo Pohjonen und Maria Kalaniemi verpasst hat, wird nun gefangen von dieser hochtalentierten Frau, die schon mal ungeniert Ausflüge ins Popfach unternimmt oder gar beim European Song Contest auftritt. Ihre Musik ist bis zu einem gewissen Grad auch immer visuell und verspielt.

Juhola lässt sich nicht aufs Akkordeon beschränken, sondern greift auf eine Bandbreite an eher unkonventionellen Instrumenten wie Claviola und Melodica zurück. Ihre Arrangements wechseln von kammermusikalischen Folkmelodien zu hochspannenden elektronischen Offbeats – ihrem kongenialen Bandkollegen Tuomas Norvio zu verdanken. Der Spaß allerdings, den ihr das alles bereitet, darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass hier eine Künstlerin gerade rasch in die erste Liga der internationalen AkkordeonspielerInnen aufsteigt. Zu hören ist sie mit ihrer Formation Johanna Juhola Reaktori am 20. Oktober in der Oper Halle.

Mehr oder weniger geplant zieht sich das Thema der Randerscheinungen auch durch die weiteren Veranstaltungen des Festivals: Die Schauspielerin Steffi Lampe und der Akkordeonist Thomas Wittenbecher widmen sich in einer musikalisch-satirischen Performance einer Randerscheinung im Leben des Romantikdichters Joseph von Eichendorff: seiner Studienzeit in Halle, von der heute noch die Eichendorffbank zeugt. Sie sind zur Festivaleröffnung am 17. Oktober im Händelhaus Halle zu erleben.

Charlie Chaplin brachte der Film “The Circus” (1928) fast an den Rand seiner Existenz. Während der Dreharbeiten zerstörte ein Sturm das Zirkuszelt als Hauptdrehort. Nach einigen Wochen Drehzeit war wegen schlechter Filmentwicklung alles bisher gedrehte Material unbrauchbar geworden und ein Feuer im Studio hatte Szenenaufbau und Requisiten zerstört. Dennoch gewann Chaplin damit 1929 seinen ersten Academy Award (später Oscar) für Vielseitigkeit und Einfallsreichtum in Drehbuch und Regie. Als Stummfilm mit Livemusik des Duo Pernod ist der bezaubernde Film am 19. Oktober im Luxkino zu sehen.Eine musikalische Ausnahmeerscheinung ist das 20-köpfige Jugendakkordeonensemble LAESA (Landes-Akkordeon-Ensemble Sachsen-Anhalt), das unter der Leitung von Lutz Stark mehrfach ausgezeichnet wurde. Zu erleben am Samstag, 20. Oktober, um 15 Uhr im Weltkulturerbe Franckesche Stiftungen zu Halle.

Kleines Problem für die Weltpremiere im BMW Werk Leipzig für Nicht-Autofahrer: Mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist das Werk sonntagabends nicht erreichbar. Daher bieten die Veranstalter einen kostenlosen Shuttleservice vom Bahnhof Messe Leipzig (Neuwiederitzsch) zum BMW Werk und nach dem Konzert zurück zum Bahnhof Messe Leipzig an. Dafür sollte man sich aber per E-Mail unter info@akkordeon-akut-festival.de bis zum 20. Oktober anmelden. Spätere Anmeldungen können nur in Ausnahmefällen berücksichtigt werden.

Karten gibt es an allen öffentlichen VVK Stellen. Alle wichtigen Informationen zum Festival findet man auf www.akkordeon-akut-festival.de

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