Möglicherweise fordert das Hochwasser in Halle ein kulturelles Opfer: Die diesjährigen Händelfestspiele mussten kurzfristig abgesagt werden. Eigentlich sollte heute Auftakt sein zu zehn Tagen Musikveranstaltungen, doch Sachsen-Anhalts Ministerpräsident, Reiner Haseloff, und Halles Oberbürgermeister, Bernd Wiegand, entschieden, alles abzusagen. Aufgrund des Hochwasser wurde in Halle Katastrophenalarm ausgelöst und eine Entspannung ist vorerst nicht in Sicht.

Damit stehen die Händel-Festspiele finanziell vor einer ungewissen Zukunft. “Wenn alle Sponsorengelder zurückgefordert werden, sehen wir uns einer Summe von einer Million Euro gegenüber”, so Pressesprecherin Anja Telzer. Das Land Sachsen-Anhalt gehört zu den größten Geldgebern. Der Knackpunkt: Die Ticketpreise für Besucher werden auf jeden Fall erstattet. Das versichert die Stiftung Händel-Haus, welche die Festspiele organisiert. “Originaltickets können bei uns zurückgegeben werden, Internettickets über unsere Webseite und wer bei einem Ticketservice gekauft, wendet sich dorthin”, informiert Telzer. Alle Konzertbesucher bekommen ihr Geld zurück, doch noch mehr Kosten schlagen zu Buche. Für die Künstler sind bereits Flüge und Hotels gebucht, wohl werden auch Musiker ihre Gagen einfordern müssen. Die Stiftung Händel-Haus appelliert daher an alle, Kulanz zu zeigen und von den Forderungen Abstand zu nehmen.

“Wenn alle Ansprüche geltend gemacht werden, wird es die Händel-Festspiele nicht mehr oder zumindest nicht mehr in der vorliegenden Form geben”, warnt Clemens Birnbaum, Direktor der Stiftung Händel-Haus. Die nun entstandene Situation sei äußerst kritisch. Man könne nicht sagen, ob und in welcher Form es in Zukunft noch Händel-Festspiele geben wird.
Angesichts dieser Entwicklung wirft Leipzigs Unimusikdirektor, David Timm, die Frage auf, ob es richtig war, die Festspiele abzusagen. “Ich befürchte, dass diese Gesamtabsage teurer wird, als es eine kluge Reduzierung des Programmes gewesen wäre. Viele Musiker und Besucher aus aller Welt wären sicherlich bereit gewesen, durch Gagenverzicht beziehungsweise Spenden den Hochwasseropfern direkt zu helfen. Natürlich berücksichtige ich den akuten Stress, unter dem diese Absage entstanden ist.”

Aber in besonderen Situationen brauche es beherzte und zuversichtliche Politiker, meint der Unimusikdirektor. Angst sei, wie so oft, der schlechteste Ratgeber. “Außerdem passt es leider nur zu gut ins Bild, dass die Landesregierung Sachsen-Anhalts sowieso dabei ist, Kultur- und Bildungseinrichtungen massiv zu gefährden.” Der Unichor hatte zum Abschluss der Festspiele auftreten sollen. “Wir mussten nur den Bus stornieren und das Busunternehmen zeigte sich netterweise kulant. So bleiben den Händelfestspielen wenigstens diese Kosten erspart,” sagt David Timm.

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