Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle sind aus ihrer Osterresidenz zurückgekehrt. Aus Salzburg brachten das Orchester und sein Chefdirigent die Neueinstudierung von Puccinis „Tosca“ mit, die noch bis 3. Mai mit der Festspielbesetzung in Dresden zu sehen ist.

Eines vorneweg: Michael Sturmingers Neuinszenierung ist in der Mozartstadt geblieben. In der Semperoper steht nach wie vor Johannes Schaafs Inszenierung auf dem Programm, die im Februar 2009 Premiere feierte. Der Besuch lohnt sich, selbst wenn man Schaafs statische, sich ganz auf die Figurenführung konzentrierende Inszenierung schon gesehen hat. Der satte Staatskapellensound liefert den Soundtrack für den musikalischen Psychokrimi um Liebe, Gier und Macht. Thielemann treibt seine Musiker nicht im Stechschritt durch die Partitur, sondern kostet die grandiosen Augenblicke und erotischen Momente, die das Werk beim Publikum so beliebt machen, in voller Gänze aus.

Zum farbenreichen Spiel des Orchesters gibt’s ein furioses Sängerfest. Adrianne Pieczonka legt die Titelpartie breit an. Die Kanadierin transportiert die großen Gefühle, die Puccini in der Musik ausdrückt, jederzeit an das Publikum weiter. Sowohl in den Arien als auch den Duetten mit Aleksandrs Antonenko (Cavaradossi) und Ludovic Tézier (Scarpia) beweist sie Gespür für die stimmige Vortragsweise. Dabei chargiert die Sopranistin mit ihrer betörenden Stimme gekonnt zwischen eiskalter Verführung, rasender Wut und tiefer Trauer. Pieczonkas Tosca ist eine Frau, deren tragisches Schicksal längst besiegelt ist, wenn sie im ersten Akt an die Kirchentür klopft. Ihr mit eisiger Kälte interpretiertes Klagelied „Vissi d’arte“ ist der Höhepunkt des Abends.

Adrianne Pieczonka (Tosca) und Aleksandrs Antonenko (Cavaradossi, re.) begeisterten nach den Osterfestspielen auch das Dresdner Publikum. Foto: Klaus Gigga
Adrianne Pieczonka (Tosca) und Aleksandrs Antonenko (Cavaradossi, re.) begeisterten nach den Osterfestspielen auch das Dresdner Publikum. Foto: Klaus Gigga

Antonenkos Cavaradossi ist das ruhige Moment in dem giftigen Strudel, den Puccini während des ersten Aufzugs anrührt. Einer, der zur falschen Zeit am falschen Ort ist, aus purer Verlegenheit dem Verräter Angelotti (Martin-Jan Nijhof mit starker Leistung) hilft und sich so das eigene Grab schaufelt. Der junge Star-Tenor legt die Partie stimmlich breit an, singt mit seiner dahinschmelzenden Stimme voluminös und voller Inbrunst „E lucevan le stelle“, kurz bevor sein Cavaradossi sich dem Erschießungskommando stellen muss.

Ludovic Tézier gibt in der Scarpia-Partie den romantischen Verführer, der nicht bekommt, wonach sein Herz begehrt. Sein zart dahinschmelzender Bass verleiht dem Abend eine lyrische Note. Das Duett von Scarpia und Tosca am Ende des zweiten Akts ist ein weiterer dieser Gänsehaut-Momente, die sich durch den zweieinhalbstündigen Abend ziehen, der durch überzeugende Leistungen von Ensemble und Chor abgerundet wird.

Nächste Vorstellungen: 26. & 29. April, 3. Mai

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