Die Demonstration auf dem Stadionparkplatz an der Friedrich-Ebert-Straße und die sieben Gegenveranstaltungen werden zu erheblichen Verkehrseinschränkungen im gesamten Gebiet rings um das Waldstraßenviertel in Leipzig führen. Anwohner stehen die gewohnten Parkplätze ganztägig nicht zur Verfügung und weitere Halteverbotszonen werden entlang der Aufzugsrouten durch die Polizei eingerichtet werden. Dies teilte das Ordnungsamt auf Anfrage der L-IZ mit. Desweiteren sei "absichtliches Blockieren" verboten, so die Behörde und man möchte offenbar eine Art Verbotszone errichten.

Am 12. Januar wird also der Waldplatz nach den Planungen des Leipziger Ordnungsamtes großräumig ab 14 Uhr abgesperrt. Ab dieser Uhrzeit werden dann “bereits ab Westplatz, Tröndlinring, Leutzscher Allee, Kreisverkehr Am Sportforum und Marschnerstraße (…) Vorsperrungen aufgestellt.” Die Zu- und Ausfahrt in beziehungsweise aus dem Bereich Waldstraßenviertel werde dabei für Anwohner und Anlieger so lang wie möglich gewährleistet, so das Amt.

Dabei scheint dann die Polizei vor Ort angewiesen zu sein, zu bestimmten Zeiten nach Lage der Situation auch die Ausweise der Anwohner, welche mit dem Pkw in dieses Gebiet wollen zu kontrollieren. Denn so das Ordnungsamt weiter, im Vorfeld des Aufzuges sei es zweckdienlich, wenn situationsabhängig von den Anwohnern “ein entsprechendes Personaldokument vorgewiesen werden könne, um selektives Einfahren zu ermöglichen.”

Gleiches gelte zudem für Fußgänger, welche im Bereich gesperrter Aufzugsstrecken wohnen. Zusammengefasst – am 12. Januar 2014 kann ab 14 Uhr jeder im genannten Gebiet einer Polizeikontrolle zum Zwecke der Personalienfeststellungen verdachtsunabhängig unterzogen werden. Was eine praktische und eine rechtliche Frage aufwirft: Was macht der Polizeibeamte, wenn der nicht im Gebiet wohnende Fußgänger dennoch Zugang begehrt? Schickt er ihn weg? Denn wenn der Beamte den Nicht-Anwohner nicht wegschickt, wozu dann die Personalienkontrolle ohne Anlass?

Was zur rechtlichen Frage führt: Darf das Ordnungsamt solche Maßnahmen überhaupt festlegen und die Polizei einen Passanten quasi des Gebietes verweisen?
Die Antwort lautet schlicht nein. Denn die Errichtung einer “Verbotszone” für diejenigen, welche auf Nachfrage der Polizei keinen Ausweis vorlegen können, welcher sie als Anwohner ausweist, ist per Gesetz nicht gestattet. Dass es jedoch versucht werden wird, deutet sich an. Eine Variante, welche bereits am 19. Februar 2011 in Dresden ins Desaster führte. Dort hatten Polizeikräfte ebenfalls versucht ein weiträumiges Gebiet abzusperren und den Zutritt zum Schutze einer Neonazidemonstration zu verweigern. Es endete in übermotivierten Wasserwerfereinsätzen gegen Gegendemonstranten, der Tag versank im Chaos und der Dresdner Polizeichef musste anschließend seinen Hut nehmen. Bis heute finden dazu Gerichtsprozesse statt, alle vor dem Hintergrund von vorgeblich nicht gestatteten Blockaden. Prominentester Fall derzeit der amtierende Ministerpräsident Thüringens Bodo Ramelow (Die Linke).

Noch etwas interessanter ist, was das Ordnungsamt zu diesem ebenfalls alten sächsischen Thema auf L-IZ – Nachfrage mitteilte. So gelten laut Ordnungsamt Blockadeverbote insbesondere für Kreuzungen und Nebenstraßen der Route der Demonstration vom Stadionparkplatz aus. Juristisch feinsinnig hat dabei das Ordnungsamt ein Adjektiv hinzugeschrieben, wohl wissend, wie die aktuelle Rechtslage aussieht. So gelte das “Verbot einer absichtliche Blockierung von Teilen der Aufzugsroute einschließlich bzw. vor allem von Kreuzungsbereichen und anderen anliegenden (Neben-) Straßen durch Versammlungsteilnehmer …”

Eine Blockade selbst kann das Ordnungsamt nicht verbieten. Die Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichtes hat dazu längst festgestellt, dass eine menschliche Blockade einer Demonstration, welche dieser eine Ausweichroute lässt, gestattet ist und nicht in die Versammlungsfreiheit der Demonstranten eingreift. Vielmehr ist diese immer noch als eine Gegenmeinung zur blockierten Demonstration zulässig. Das Adjektiv “absichtlich” des Ordnungsamtes soll also bedeuten, dass man von vornherein den Gegendemonstranten rings um NoLegida eine abgesprochene, vorsätzliche Blockade aller möglichen Routen unterstellt. Und diese, was nicht vonnöten ist, da auch hier das Gesetz eindeutig ist, verbietet.
Die Krux an diesem Versuch: Es müssten Absprachen nachgewiesen werden. Und zwar nicht pauschal, sondern auf den jeweiligen Einzelfall bezogen. Bedeutet: Jemand blockiert eine Kreuzung, müssten die Ermittlungen ergeben, dass er auch die anderen Blockierer an anderen Kreuzungen kennt, von diesen Blockaden vorab weiß und sich also mit diesen abgesprochen hätte.

Da jedoch der Nachweis eben dieser Absprachen sehr schwierig ist, machten es sich die Dresdner Richter im Nachgang an die Proteste gegen den Neonaziaufmarsch 2011 quasi leicht und unterstellten, alle Gegendemonstranten hätten sich irgendwie zur Blockade verabredet. Ganz gleich, ob dies im Einzelfall stimmte. Was mittlerweile dazu geführt hat, dass der ehemalige Grünen-Landtagsabgeordnete Johannes Lichdi Klage gegen ein ihn betreffendes Urteil beim Verfassungsgericht eingelegt hat. Ausgang noch offen und bis zum 12. Januar nicht entschieden.

Die weiteren Auflagen des Ordnungsamtes für den 12. Januar hingegen sind Normalität. So seien Gegenstände verboten, die als Wurfgeschosse dienen können, beispielsweise Glasflaschen und Getränkedosen. Auch Kleidungsstücke, die dazu dienen können die Gesichter unkenntlich zu machen, seien untersagt. Wobei man bei diesem Punkt schon wieder stutzen könnte – gemeint ist hier was? Schals, Tücher oder doch die professionelle Sturmhaube? Wohl die Sturmhaube, denn untersagt sind Gegenstände und Bekleidung die “lediglich geeignet sind, die Feststellung der Identität einer Person zu verhindern”.

Generell gelten Vermummungsverbote auf Demonstrationen – durchzusetzen hat dieses im Einzelfall die Polizei vor Ort.

Zur Erteilung der Genehmigung aller Demonstrationen im Rahmen des grundgesetzlich verbrieften Versammlungsrechtes teilt das Ordnungsamt abschließend mit: Für ein Verbot einer bestimmten Route oder einer der angemeldeten Veranstaltungen habe es keinen Grund gegeben. Anzeichen einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung seien nicht erkennbar.
Der 12. Januar 2014 könnte für Leipzig einer der größten Demonstrationstage der vergangenen Jahre werden. Insgesamt 8 Demonstrationen mit einer unbekannten Gesamtzahl von Teilnehmern mit Endpunkt im Waldstraßenviertel und vor dem Zentralstadion werden die Stadt beschäftigen. Im Vorfeld gab es einige Fragen zum Versammlungsrecht und den erteilten Auflagen. Peter Reinert, Sachgebietsleiter des Ordnungsamtes antwortete auf die Fragen der L-IZ.de.

Wie viele Veranstaltungen, welche mit der “Legida” – Demonstration im Zusammenhang stehen, wurden insgesamt angemeldet?

Bei der Versammlungsbehörde wurden insgesamt 7 Versammlungen angemeldet, welche mit der “Legida” – Demonstration im Zusammenhang stehen.

Wie lauten die einzelnen Mottos der einzelnen Veranstaltungen und Demonstrationen?

Zwei Versammlungen stehen unter dem Motto “Willkommen in Leipzig – eine weltoffene Stadt der Vielfalt”. Der Aufzug des Anmelders “Bündnis 8. Mai” steht unter dem Motto “Willkommen in Leipzig – eine weltoffene Stadt der Vielfalt”. Ein Aufzug des Bündnisses Refugees welcome steht unter dem Motto “Refugees welcome! Gegen jeden Rassismus”. Eine zweite Versammlung des Bündnisses Refugees welcome steht unter dem Motto “Refugees welcome – NO LEGIDA”. Eine Kundgebung steht unter dem Motto “Leipziger Friedenswache – Nein zu Krieg und Fremdenfeindlichkeit”. Eine weitere Anmeldung von Leipziger Studentinnen und Studenten steht unter dem Motto “Leipziger Studierende gegen Rassismus”.

Das Motto der Lediga lautet “LEGIDA-Leipzig gegen die Islamisierung des Abendlandes”.

Gibt es Auflagen oder Einschränkungen der “Legida”-Demonstration bezüglich der Route oder bei den angemeldeten Gegenveranstaltungen?

Für alle Veranstalter gelten u.a. folgende Auflagen: Verbot einer absichtliche Blockierung von Teilen der Aufzugsroute einschließlich bzw. vor allem von Kreuzungsbereichen und anderen anliegenden (Neben-) Straßen durch Versammlungsteilnehmer, Ausmaße und Ausgestaltung von Kundgebungsmittel sowie ein Verbot des Mitführens von gefährlichen Gegenständen, die als Wurfgeschosse dienen könnten, insbesondere Getränkedosen und Glasflaschen.

Darüber hinaus wurden das Tragen und das Mitführen von Gegenständen, die dazu bestimmt sind, nicht jedoch lediglich geeignet sind, die Feststellung der Identität einer Person zu verhindern, untersagt.

Welche Verkehrsbehinderungen und Straßenabsperrungen sind zu welchen Zeiten zu erwarten / werden wegen der Demonstrationen eingeleitet?

Es werden sich voraussichtlich folgende Einschränkungen und Sperrungen am 12.01.2015 notwendig machen: Das Parken auf dem Stadionvorplatz ist am 12.01.2015 den gesamten Tag nicht möglich. Die Aufzugsstrecken sowie Aufstellflächen der Polizei sind mit Haltverboten versehen. Der Waldplatz wird ab 14.00 Uhr weiträumig abgesperrt. Bereits ab Westplatz, Tröndlinring, Leutzscher Allee, Kreisverkehr Am Sportforum und Marschnerstraße werden Vorsperrungen aufgestellt.

Die Zu- und Ausfahrt in bzw. aus dem Bereich Waldstraßenviertel wird für Anwohner und Anlieger so lang wie möglich gewährleistet. Im Vorfeld des Aufzuges ist es zweckdienlich, wenn situationsabhängig von den Anwohnern ein entsprechendes Personaldokument vorgewiesen werden kann, um selektives Einfahren zu ermöglichen. Gleiches gilt für Fußgänger, welche im Bereich gesperrter Aufzugsstrecken wohnen.

Für den Zeitraum von 14.00 Uhr bis 22.00 Uhr wird es zu Einschränkungen im Öffentlichen Personen- und Nahverkehr kommen. Die LVB werden hierzu gesondert informieren. www.lvb.de oder unter www.lvb.de/v

Fanden mit den Anmeldern/Versammlungsleitern bereits Kooperationsgespräche statt?

Am 06.01.2015 fanden mit allen Veranstaltern von Versammlungen am 12.01.2014 Kooperationsgespräche statt.

Gedenkt die Stadt Leipzig die Durchführung von einer oder mehrerer dieser Versammlungen zu untersagen? Falls ja, aus welchen Gründen?

Ein Verbot einer oder mehrerer Versammlungen erfolgte nicht, da zum Zeitpunkt des Erlasses der Verfügung keine Umstände einer unmittelbaren Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung erkennbar waren.

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