Der Leipziger NPD-Stadtrat Enrico Böhm (32) sowie die beiden Mitangeklagten Christian O. (33) und Christoph K. (31) sind am Montag vom Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung freigesprochen worden. Sowohl die Zeugen als auch das Videomaterial der Leipziger Verkehrsbetriebe (LVB) hatten keine entscheidenden Erkenntnisse gebracht, ob sie sich im Rahmen einer Rangelei in einer Straßenbahn strafbar gemacht haben.

Nachdem am ersten Verhandlungstag verschiedene Zeugen ihre Sicht der Dinge dargestellt hatten, bestand die Beweisaufnahme beim Fortsetzungstermin lediglich aus einer Begutachtung des Videomaterials. Diese zog sich allerdings über mehr als eine Stunde hin, weil die Software auf dem Rechner des Gerichtes nicht dazu in der Lage war, von einem Einzelbild zum nächsten zu springen. Erschwerend kam hinzu, dass die LVB-Videos weniger Bilder pro Sekunde liefern als normale Kameras. “Jedes Mal fehlt das wichtige Bild”, klagte deshalb Amtsrichterin Julia Weidelhofer, die auch Kritik an der Polizei durchklingen ließ, die mehr Einzelbilder hätte ausdrucken sollen. Einer der Anwälte konnte mit seinem Notebook schließlich Abhilfe leisten.

Am Ende forderten alle Parteien einen Freispruch für die Angeklagten. Deren Anwälte verbanden diese Forderungen mit einer Schelte für Ermittlungsbehörden und Presse, die vorurteilsbehaftet und vorverurteilend über den bisherigen Prozessverlauf berichtet haben. “Wir müssen uns glücklich schätzen, dass es die Videoüberwachung gibt – alle anderen waren sich über die Schuld ja schon einig”, erklärte Strafverteidiger Curt-Matthias Engel. Die Polizei sei “obskur” vorgegangen und habe im Schlussbereicht irgendeine Geschichte zusammengeschrieben. Auch der Vorwurf, der Prozess sei politisch motiviert und kaum zustande gekommen, wenn der Angeklagte nicht Enrico Böhm gewesen wäre, stand bei den Plädoyers im Raum.

Richterin Weidelhofer folgte den Anträgen und sprach alle drei Angeklagten frei. “Es steht fest, dass Sie sich in der Straßenbahn befanden und zwei Personen verletzt wurden”, erklärte Weidelhofer. Alles andere bleibe jedoch offen und ein objektiver Sachverhalt nicht feststellbar. “Die Zeugenaussagen widersprachen sich untereinander sowie früheren Aussagen und stimmten nicht mit dem Videomaterial überein.”

Für Enrico Böhm ist dieses Urteil nach seiner Verhaftung ein kleines Erfolgserlebnis. Jedoch warten auf ihn bald drei weitere Prozesse, zwei davon ebenfalls wegen des Vorwurfs der Körperverletzung.

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