Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) soll interessierten Bürgern Zugang zu den Akten der Bundesbehörden verschaffen. Dass diese nicht immer daran interessiert sind, Neugierigen Einblicke in ihr Schaffen zu gewähren, liegt auf der Hand. Erst recht, wenn die Antragsteller einfach nicht lockerlassen. Am Dienstag hatte sich das Bundesverwaltungsgericht mit einem besonders kurios anmutenden Fall zu beschäftigen.

144 Auskunftsanträge, 153 Dienstaufsichtsbeschwerden, 16 Nichtigkeitsfeststellungsanträge. So lautet die Bilanz des Klägers, der vom Bundeswirtschaftsministerium Auskunft zu Luftfahrtforschungsprogrammen des Bundes erlangen wollte. Genauer: Zur Projektträgerschaft durch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt e. V., dem die Vergabe der Fördermittel oblag. Zwar übermittelte das Ministerium dem Kläger eine Handvoll Auskünfte. Dessen Sohn erlangte als Verfahrensbeteiligter von Fördermaßnahmen über eine Akteneinsicht stolze 6.386 Blatt Kopien. Nicht genug, um das innerfamiliäre Informationsbedürfnis zu befriedigen.

Einen weiteren Antrag des Klägers beschied das Ministerium negativ. Der Antrag sei rechtsmissbräuchlich. Eine Gesamtschau führe zu dem Ergebnis, dass das Informationsbegehren lediglich dazu diene, Arbeitskraft und Arbeitszeit der Behörde in Anspruch zu nehmen. Oder anders ausgedrückt: Der immense Arbeitsaufwand sei schuld, warum der Antrag nicht bearbeitet werden könne. An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass das IFG-Verfahren mitnichten gebührenfrei ist.

Die Richter in den unteren Instanzen zeigten für das sonderbare Gebaren des Wirtschaftsministeriums wenig Verständnis. Schon das Verwaltungsgericht gab dem Kläger statt. Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg wies in den Leitsätzen der Berufungsentscheidung darauf hin, dass ein Informationsanspruch nach dem IFG nur in Extremfällen wegen missbräuchlicher Rechtsausübung ausgeschlossen sein könne. „Hierfür muss sich für einen objektiven Betrachter die sichere Erkenntnis gewinnen lassen, dass es dem Antragsteller nicht um einen, womöglich auch geringen, Erkenntnisgewinn geht, sondern er tatsächlich andere, von der Rechtsordnung missbilligte Ziele verfolgt und den Informationsanspruch lediglich als Vorwand hierzu verwendet.“

Ganz ähnlich beurteilten jetzt die Leipziger Richter den Fall. Ein missbräuchliches Informationsbegehren sei nur anzunehmen, wenn positiv festgestellt wird, dass es einem Antragsteller in Wirklichkeit nicht um die begehrte Information geht. Diese Voraussetzungen seien nicht erfüllt. Das Berufungsgericht habe vielmehr festgestellt, dass der Kläger ein sachliches Informationsinteresse hat. Das Wirtschaftsministerium wird ihm die begehrten Auskünfte erteilen müssen. Beharrlichkeit zahlt sich manchmal aus.

BVerwG 10 C 24.19 – Urteil vom 15. Dezember 2020

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