Laut Anklage betrog er rechtmäßige Erben um mehr als eine Million Euro, agierte teilweise auch von Leipzig aus. Nun erhielt Ralf H. vom Leipziger Landgericht die Quittung für sein Treiben: Die zuständige Strafkammer verurteilte den 66-jährigen Erbenermittler wegen mehrfacher Untreue zu drei Jahren und neun Monaten Freiheitsentzug.

Zunächst hatte die Leipziger Volkszeitung von der Urteilsverkündung in dem Verfahren berichtet, welches Ende März begonnen hatte. Hier hatte Ralf H. über seine Verteidigung ein umfassendes Geständnis abgelegt und Betroffene um Entschuldigung gebeten. Auch dies trug wohl dazu dabei, dass der eigentlich bis 24. Juni terminierte Strafprozess jetzt doch deutlich früher ein Ende fand.

Laut Anklageschrift der Staatsanwaltschaft soll Ralf H. zwischen 2018 und 2021 in insgesamt 29 Fällen unrechtmäßig insgesamt über eine Million Euro einkassiert haben.

TV-Format brachte Fall an die Öffentlichkeit

Sein Vorgehen: Als Geschäftsführer diverser Gesellschaften, die teils auch im Ausland gemeldet waren, habe Ralf H. Aufträge von Nachlasspflegern bekommen, rechtmäßige Erben Verstorbener ausfindig zu machen. Dank entsprechender Vollmachten sei der gelernte Offset-Drucker oft an hohe Bargeldbeträge gekommen, die er dann einfach einbehalten haben soll.

Im September 2024 war der 66-Jährige schließlich in Österreich verhaftet worden, es gab Razzien in der Alpenrepublik sowie auch in Slowenien und Deutschland. Zuvor hatte sich ein Betroffener bereits 2022 an das TV-Format „Achtung, Abzocke!“ gewendet, nachdem Ralf H. ihn mit der Auszahlung einer Erbschaft immer wieder vertröstet hatte und der Erbe misstrauisch geworden war.

Dirk Müller im Gespräch.
Er brachte den Fall öffentlich ins Rollen: Zeuge Dirk Müller war einer der Betroffenen und schilderte Reportern im Leipziger Landgericht, wie er und seine Frau um ihr Geld aus einer Erbschaft kämpften. Foto: Lucas Böhme

Vor Gericht schilderte Dirk Müller, wie es ihm mit viel Druck gelungen war, das Geld von einer verstorbenen Verwandten schließlich doch noch zu erhalten.

Angeklagter bestreitet Bereicherungsabsicht

In seinem Geständnis vor dem Landgericht wies Ralf H. eine persönliche Bereicherungsabsicht zurück, vielmehr habe er sich aus persönlichen Gründen zunehmend zurückgezogen, sei nachlässig geworden und habe auch seinen Mitarbeitern zu viel Freiraum gewährt. „Ich hätte viel früher die Reißleine ziehen müssen“, so seine Aussage.

Zu seiner Biografie gab der geschiedene Vater einer Tochter an, dass er in den 90er-Jahren nach Leipzig kam und der Tod seiner Mutter ihn 2006 auf die Idee gebracht habe, ins „lukrative Geschäftsfeld“ der Erbenermittlung einzusteigen. Vorher arbeitete Ralf H. nach eigener Aussage in der Baubranche und führte einen Reiterhof, offenbar aber mit eher geringem Erfolg.

Neben der Verurteilung zu drei Jahren und neun Monaten Haft wegen Untreue in sechs Fällen ordnete die 5. Strafkammer auch die Einziehung von rund 1,1 Millionen Euro Wertersatz an, was dem entstandenen Schaden entspricht. Die Anklage hatte viereinhalb Jahre Gefängnis gefordert, die Verteidigung dreieinhalb. Der jetzige Richterspruch ist laut Justiz bereits rechtskräftig.

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