Er wollte im Berufungsprozess am Leipziger Landgericht eine Gefängnisstrafe abwenden, weil er sich als unschuldig sieht – und scheiterte: Fast vier Jahre, nachdem er versucht haben soll, eine Frau in der Leipziger Innenstadt zu vergewaltigen, hat die Kammer die Haft gegen einen 36 Jahre alten Mann nun bestätigt.

Über den Ausgang des neuerlichen Prozesses hatte zunächst die LVZ berichtet. In erster Instanz war Carlos M. am 21. März 2024 zu zwei Jahren hinter Gittern verurteilt worden. Das Amtsgericht sah es als erwiesen an, dass sich der in Venezuela geborene Mann am Morgen des 24. Oktober 2021 etwa 05:35 Uhr einer zufällig stadtauswärts passierenden Frau angenähert habe. Die damals 32-jährige Irin Elizabeth S. (Name geändert) war auf der Petersstraße unterwegs nach Hause von der Nachtarbeit.

Anklage beschreibt brutalen Übergriff

Carlos M. soll die junge Frau nach einer kurzen Ansprache in eine Passage gezerrt, gegen ihren erkennbaren Willen angefasst, sie zu Boden gerissen haben, um schließlich den Geschlechtsverkehr mit ihr durchzuführen. Dieses Vorhaben sei an der massiven Gegenwehr des Opfers gescheitert, hieß es in der Anklageschrift.

Wegen der Hilferufe der Frau habe der angetrunkene Carlos M. von ihr abgelassen und die Flucht angetreten. Elizabeth S. blieb geschockt zurück, erlitt nach Aktenlage bei dem Übergriff ein Hämatom und Ohrverletzungen. Im Verfahren gegen den mutmaßlichen Täter war sie Nebenklägerin.

Angeklagter wies Vorwürfe komplett zurück

Der Angeklagte hatte nach seiner Verurteilung in erster Instanz sofort Rechtsmittel eingelegt: Nach seiner Darstellung, die er im Verbund mit Verteidiger Matthias Zrost vortrug, habe er die Nacht mit einer Bekannten in einer Innenstadtbar verbracht. Auf dem Heimweg am Morgen soll ihm ein Unbekannter sein Mobiltelefon geraubt und ihn geschlagen haben.

Elizabeth S. sei er in der Notaufnahme, wo er seine bei dem Überfall erlittenen Verletzungen behandeln ließ. Zudem kenne er die Frau bereits durch eine vorübergehende Affäre aus dem Jahr 2019, behauptete er. Dagegen sah die Anklage in Elizabeth S. ein Zufallsopfer. Was sie zu dieser Darstellung sagte, ist nicht bekannt, da ihre Vernehmung unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand.

Letztlich sah die 9. Strafkammer unter dem Vorsitzenden Richter Rafael Dombrowski in der Beweiswürdigung des Amtsgerichts offenbar keine Fehler und bestätigte die verhängte Haft. Dies entsprach dem Willen von Staatsanwaltschaft und Nebenklage, wohingegen die Verteidigung einen Freispruch wollte. Gegen das Urteil kann nun noch Revision eingelegt werden.

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