Unter anderem der Fall einer heimlich gefilmten Joggerin hat für Diskussionen über Grenzüberschreitungen im öffentlichen Raum gesorgt. Bundesjustizministerin Hubig möchte eine Form – das sogenannte Catcalling – unter Strafe stellen. In einem taz-Interview hat sich Sachsens Justizministerin Geiert erneut dagegen ausgesprochen. Sie zweifelt am Nutzen für Betroffene.

„Ich glaube nicht, dass ein Straftatbestand jemanden davon abhält, einer Frau einen blöden Spruch hinterherzuschicken“, sagte die sächsische Justizministerin Constanze Geiert (CDU) in einem am Sonntag veröffentlichten Interview mit der taz. „Am Ende würde bei diesen Fällen ganz oft ein Freispruch herauskommen, weil sie schwer beweisbar sind. Was haben Sie dann für das Opfer getan, wenn Sie diesen Straftatbestand geschaffen haben?“

Geiert sieht auch Probleme bei der Frage, wann die Grenze zur Strafbarkeit überschritten wäre. Aus ihrer Sicht muss der Druck nicht von der Justiz, sondern aus der Gesellschaft kommen. „Was Männer sich vor 20 Jahren auf der Straße erlaubt haben, erlauben sie sich heute nicht mehr. Wir müssen diesen Weg weitergehen.“

Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) hatte im September angekündigt, Catcalling unter Strafe stellen zu wollen. Dabei handelt es sich um eine Form von sexueller Belästigung im öffentlichen Raum, beispielsweise durch Hinterherpfeifen oder anzügliche Kommentare. In einigen Ländern ist Catcalling bereits strafbar.

In einer „Spiegel“-Umfrage unter den 16 Bundesländern hatten sich neben Sachsen nur Berlin und Bremen klar gegen die Pläne der Bundesjustizministerin ausgesprochen. Sieben Bundesländer sind für ein Verbot; sechs sind unentschlossen.

Auch voyeuristische Aufnahmen in der Öffentlichkeit könnten bald strafbar sein. Eine entsprechende Petition der Kölnerin Yanni Gentsch wurde von mehr als 150.000 Menschen unterzeichnet. Gentsch ist selbst Betroffene: Ein Mann hatte heimlich ihren Po gefilmt, während sie joggen war. Strafbar ist das bislang nicht.

Anfang November stand das Thema auch auf der Tagesordnung der Justizministerkonferenz in Leipzig. Während Bundesjustizministerin Hubig ein Verbot voyeuristischer Aufnahmen anstrebt, haben vor allem Länder mit CDU-geführten Justizministerien noch Bedenken. Auch Sachsens Justizministerin Geiert ist gegen ein Verbot.

Empfohlen auf LZ

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar