Das kann ja heiter werden. Die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig hat einen weiteren Preis ausgelobt. Dessen Titel hat es in sich - und setzt Ansprüche. Aber warum wird die Jury dann mit den Chefredakteuren der langweiligen Regionalzeitungen besetzt? Wie provinziell sollen dann erst die Preisträger werden? Es steht Schlimmes zu befürchten. Das hat Erich Loest eigentlich nicht verdient.

Am 24. Februar wäre Erich Loest 90 Jahre alt geworden. Das wird auch mit einer offiziellen Benennungsfeier für die Stadtteilbibliothek in Gohlis gewürdigt, die nun seinen Namen trägt.

Aber den Geburtstag nahm auch die Medienstiftung der Sparkasse Leipzig zum Anlass, einen Erich-Loest-Preis auszuloben. Der Preis wird erstmals am 24. Februar 2017 und dann alle zwei Jahre vergeben. Er ist mit 10.000 Euro dotiert.

Stephan Seeger, geschäftsführender Vorstand der Medienstiftung, meint dazu: „Stiftungsvorstand und Stiftungsrat ehren mit dieser Entscheidung einen wirkmächtigen Literaten, gesellschaftspolitisch denkenden Kopf, stetigen Mahner, wenn die Untiefen deutscher und deutsch-deutscher Geschichte in Vergessenheit zu drohen gerieten, und bekennenden Leipziger, dem die Geschicke seiner Stadt eine Herzensangelegenheit waren.“

Der Erich-Loest-Preis soll bevorzugt an Autoren aus Mitteldeutschland vergeben werden, wird aber nicht ausgeschrieben.

Die Auswahl der Preisträgerin/des Preisträgers erfolgt ausschließlich über die Jury, in der jedes Mitglied eine Stimme hat, teilt die Stiftung mit, die 1999 von der Sparkasse Leipzig gegründet wurde.

Details sollen noch in den Vergaberichtlinien festgelegt werden, die zurzeit ausgearbeitet und mit der Jury abgestimmt werden soll.

Aber mit der Jurybesetzung hatte man es augenscheinlich eilig und es verwundert schon, dass einige Mitglieder des Stiftungsrates auch gleich wieder als Mitglieder der Jury auftauchen.

So wie Hartwig Hochstein, Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung a. D. und Mitglied des Stiftungsrates der Medienstiftung, sogar gleich als Jury-Vorsitzender. Oder Jan Emendörfer, Chefredakteur der Leipziger Volkszeitung und ebenfalls Mitglied des Stiftungsrates, der sich hier mit den Kollegen der befreundeten Regionalzeitungen wieder in einem Gremium wiederfindet: Ullrich Hammerschmidt von der „Freien Presse“ aus Chemnitz und Andreas Montag, Mitteldeutsche Zeitung/Halle. Dazu noch das LVZ-Urgestein Thomas Mayer, nunmehr freier Journalist und Autor.

Sven Felix Kellerhoff wird von „Die Welt“ entsandt, Dr. Katrin Schumacher von  MDR Figaro und Andreas Platthaus von der Frankfurter Allgemeine Zeitung.

Bislang sind literarische Experten die absolute Minderheit: Prof. Dr. Josef Haslinger, Deutsches Literaturinstitut an der Universität Leipzig, und Linde Rotta, Schriftstellerin und langjährige Lebensgefärtin von Erich Loest, sowie Dr. Thomas Brückner, Autor und Herausgeber. Weitere Jury-Mitglieder seien angefragt, teilt die Stiftung noch mit.

Das langweilige Schild der Bibliothek Gohlis trägt schon den Namen "Erich Loest". Foto: Ralf Julke
Das langweilige Schild der Bibliothek Gohlis trägt schon den Namen „Erich Loest“. Foto: Ralf Julke

Oberbürgermeister Burkhard Jung, in seiner Funktion auch Vorsitzender des Stiftungsrates, schwärmt natürlich: „Leipzig und Erich Loest, welch eine Beziehung! Wie John Dos Passos und New York, James Joyce und Dublin. Erich Loest hat Leipzig nicht nur einmal zu seinem Thema gemacht. Leipzig war ‚sein‘ Thema. Er hat unsere Stadt in die Literatur des 20. Jahrhunderts eingeschrieben: ‚Völkerschlachtdenkmal‘, ‚Nikolaikirche‘, ‚Reichsgericht‘, ‚Löwenstadt‘. Mit einem weiteren Buchtitel ist alles gesagt: ‚Leipzig ist unerschöpflich‘. Der ‚Erich-Loest-Preis‘ der Medienstiftung unserer Sparkasse spricht von dieser einzigartigen Beziehung eines Autors zu seiner Stadt.“

„Sein Schreiben blieb stets Mahnung zur Wachsamkeit, niemals wieder unsere demokratische Freiheit aufs Spiel zu setzen“, sagt hingegen Linde Rotta. „… ‚und was du siehst, das schreibe in ein Buch‘ (Off. Joh. I, 11) – obwohl kein praktizierender Christ, könnte kein Wort besser den geistigen Auftrag erklären, an den Erich Loest sich literarisch gebunden sah. Zwei durchlittene Diktaturen hatten ihn zum tief überzeugten Demokraten geläutert. … Lügen, Taktierereien, Sonntagsreden waren seine Sache zu keiner Zeit, literarische Manierismen verabscheute er zutiefst. Sein Prinzip: Das deutliche Wort. Charakterliche Geradlinigkeit, eine klare moralische Haltung werden sein unverkennbares Markenzeichen bleiben.“

Erich Loest war Gründungsmitglied der Medienstiftung der Sparkasse Leipzig und gab ihr über viele Jahre als Stiftungsratsmitglied wichtige Impulse. Am Sitz der Leipziger Sparkassen-Stiftungen, der Villa Ida, wird sein literarischer Nachlass gepflegt und bewahrt.

Die Bedeutung des Autors für die Stiftung interpretiert Dr. Harald Langenfeld, Vorstandsvorsitzender der Sparkasse Leipzig und der Medienstiftung, so: „Erich Loests Stimme fehlt uns, gerade jetzt, gerade heute. Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie er, der wie kaum ein anderer die jüngere deutsche Geschichte durchlebt und erlitten hat, die Ereignisse, die sich seit geraumer Zeit beinahe jeden Montag auf den Straßen Dresdens, Leipzigs und an anderen Orten abspielen, kommentiert hätte. Erich Loest war unseren Stiftungen langjähriger Begleiter, Förderer, Mäzen und treuer Freund. Es ist unserer Medienstiftung Ehre und Verpflichtung zugleich, zum 90. Geburtstag Erich Loests einen Literatur-Preis seines Namens auszuloben; ein Name, der mit hervorragenden Charaktereigenschaften eines Menschen verbunden ist: Mut, Wahrheitsliebe, Unerschrockenheit, Menschlichkeit.“

Da kann man dann gespannt sei, ob die ausgewählten Preisträger dem dann genügen.

Und zum Mitfeiern:

Die Stadt Leipzig ehrt ihren verstorbenen Ehrenbürger durch die Benennung der Bibliothek im Stadtteil Gohlis mit dem Namen Erich-Loest-Bibliothek am 24. Februar  um 11 Uhr in der Georg-Schumann-Straße 105.

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