Nachdem der „Welcome 2 Stay“-Kongress am Freitagabend mit einer Podiumsdiskussion eröffnet wurde, standen am Samstag weitere Panels und zahlreiche Workshops auf dem Programm. Am Abend begann im „Pavillon der Hoffnung“ bereits das große Aufräumen. Sonntagvormittag folgt die dreistündige Abschlussversammlung.

Was treibt Menschen in die teils lebensgefährliche und häufig tödliche Flucht? Mit Ursachen und Wegen beschäftigte sich die erste Workshop-Runde am Samstagvormittag. Dabei diskutierten unter anderem Vertreter von Attac, Pro Asyl und der Linkspartei miteinander. Aus Leipzig war die Gruppe „Rosalinde“, die queere Geflüchtete unterstützt, vor Ort. Zudem berichteten Aktivisten von ihren Erfahrungen entlang der Fluchtwege, etwa im französischen Calais oder an der Balkanroute.

Nach der anschließenden Mittagspause folgte das zweite Panel des Kongresswochenendes, welches mit dem Titel „Autonomie der Migration und Bewegung des Willkommens“ überschrieben war. Die Teilnehmer beschäftigten sich beispielsweise mit der Frage, wie Geflüchtete in die Lage versetzt werden können, ihre eigenen Vorstellungen besser zu artikulieren – beziehungsweise welche Hindernisse eben diesem Ziel im Wege stehen.

„Die Leute kommen hochpolitisiert in Deutschland an und stoßen hier auf ein bürokratisches System, das sie entpolitisiert“, beklagt Elias Perabo von „Adopt a Revolution“. Tresor, der nach eigenen Angaben zehn Jahre auf der Flucht war, kann da nur zustimmen. „Auf der langen Reise habe ich gemerkt, wie wichtig es ist, politisiert zu sein.“ Für die Geflüchteten in Deutschland wünscht er sich weniger Bevormundung: „Wir wollen mit den Willkommensinitiativen in gegenseitigem Respekt zusammenarbeiten.“

Am Nachmittag und frühen Abend folgten zwei weitere Workshop-Runden. Aus Leipzig beteiligten sich daran unter anderem das „Social Center 4 All“, „Stadt für alle“, der „Initiativkreis Menschen.Würdig“ und die Antifa Klein-Paris. Letztere war gemeinsam mit Vertretern der antirassistischen Bündnisse „Aufstehen gegen Rassismus“, „Nationalismus ist keine Alternative“ und „Blockupy“ an der Suche nach einer Antwort auf die Frage: „Was tun gegen den rechten Rollback?“ Debattiert wurde etwa, ob Parteien wie SPD und Grüne, die die europäische Abschottungspolitik mittragen beziehungsweise das Asylrecht verschärfen, Teil eines antirassistischen Bündnisses sein können – oder stattdessen selbst Ziel einer solchen Politik sein müssten.

Stadträtin Juliane Nagel (Die Linke), die am Freitag die Eröffnungsveranstaltung moderiert hatte, zog ein positives Zwischenfazit. „All diese Willkommensbewegungen zeigen Solidarität für Menschen, denen es schlechter geht als ihnen selbst.“ Nun müsse es darum gehen, die Helfer und Unterstützer weiter zu politisieren.

Den Abschluss im gegen 20 Uhr nur noch zur Hälfte gefüllten „Pavillon der Hoffnung“ bildete eine Diskussion über den Weg „vom Willkommen zum Bleiben“. Die Bundesvorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, formulierte dabei ihre Wünsche für das Jahr 2022: soziale Garantien für alle sowie ein Leben frei von aufenthaltsrechtlichen und finanziellen Barrieren.

Wie der Weg zu diesem Ziel aussehen könnte, wollen die Initiatoren von „Welcome 2 Stay“ am Sonntag in aller Ausführlichkeit diskutieren lassen. Von 10 bis 13 Uhr findet die Abschlussversammlung mit dem Titel „Visionen, Vernetzung, politische Perspektiven, was tun wir?“ statt. Spätestens dann wird für die Teilnehmer wohl feststehen, ob das Wochenende in Leipzig der sozialen Willkommensbewegung tatsächlich neue Perspektiven eröffnet hat.

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

René Loch über einen freien Förderbetrag senden.
oder

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar