Wir haben ja akut Winter draußen gerade. Viele sind dieser Jahreszeit bekanntlich nicht abgeneigt, begeben sich in unwegsame schneereiche Gebiete, gewanden sich als Michelin-Männchen-Wiedergänger und stürzen sich meniskusris(s)kierend Pisten hinunter, um das Ganze dann am Abend über einer Tasse DJ Ötzi zu vergessen. Man merkt vielleicht schon: Meine eigene Freude am Winter ist in etwa so groß wie Luxemburg.

Die Winterferien sehen uns deshalb regelmäßig lieber in südlicheren Gefilden. Um unseren Beitrag zur Erderwärmung zu leisten, bestiegen wir auch in diesem Jahr ein Flugzeug, das uns an einen Strand verbrachte. Vor wenigen Tagen kehrten wir zurück und landeten mit hartem Aufschlag wieder am Flughafen Leipzig/Halle – auf dem Boden der Tatsachen. Leicht benebelt und mit nach stundenlangem Flug einschlägig eingerostet erscheinenden Knien schleppten wir uns durch einen zugigen Schlauch zum Flughafengebäude.

Dort empfing den Reisenden ein an die Wand drapiertes „Herzlich Willkommen“, darunter war der Schriftzug auf Arabisch zu sehen.

Viele der Vorbeigehenden sahen gar nicht hin. Der dreiköpfigen kleinen Reisegruppe, die mit uns im Flugzeug gesessen hatte und die nun vor uns her tappste, gefiel dies alles jedoch offensichtlich wenig: „Oooaar, arabisch! Wasn fürne Scheiße! Ich dreh glei widdor um!“, ließ die optisch etwas an die kleinste der Jakob-Sisters erinnernde Frau wissen. Ich war augenblicklich wach: Hier wollte jemand nicht nur zurück nach Spanien, wo man gefälligst deutsch sprach, sondern offensichtlich einzig und exklusiv in der Landessprache begrüßt werden.

Man kennt ja diese tief im Menschen verwurzelte Sehnsucht nach Einsprachigkeit auf Flughäfen, die bedauerlicherweise auch fürderhin nur schwer durchzusetzen sein wird. Unterstützung fand die Frau umgehend bei dem neben ihr grummelden Bruder Jakob,  der lauthals monierte: „Das soll jetze offizielle Sprache werden, das ham die sogar schon im Fernsehn zugegeben!“. Dergestalt ermutigt schickte sie erneut ein „Ornäh, ich will sofort widdor zurück!“ in die wehrlose Luft, das der dritte Mitreisende seinerseits düsteren Blickes mit Applaus quittierte.

Mir taten die drei sehr leid: Wie anstrengend musste ihr Urlaub gewesen sein, dass sie eine solche Kleinigkeit bereits an den Rand der Entspannungsfähigkeit gebracht hatte. Wie wenig erholt sie wirkten, wie fremd sie sich im eigenen Land fühlen mussten, obwohl doch nach landestypischem Brauch gerade der beliebte Wettlauf zum Gepäckband eingesetzt hatte.

Mir war plötzlich kalt. Möglicherweise lag es an den vier Minusgraden, die nach den Tagen an der kanarischen Frühlingsluft zunächst erst noch zu ertragen gelernt werden wollten. Ganz bestimmt sogar. Ich hatte schließlich noch gar keine Socken an.

Vielleicht lag es aber auch ein wenig an dem Gefühl, an einem Ort mit solcherlei Menschen in keiner Weise nach Hause gekommen zu sein.

Warum so eilig oder Wie wird man wieder Herr seiner Zeit? – Die neue LZ Nr. 52 ist da

Warum so eilig oder Wie wird man wieder Herr seiner Zeit?

So können Sie die Berichterstattung der Leipziger Zeitung unterstützen:

Keine Kommentare bisher

Schreiben Sie einen Kommentar