Antirassistische und migrantische Organisationen wie das Kulturbüro Sachsen und der Sächsische Flüchtlingsrat fordern mehr Zusammenhalt gegen die AfD. Und eine klare Abgrenzung von der rechtsradikalen Partei. Den Erfolg bei der Landtagswahl am 1. September sehen sie mit Sorge. Die AfD erhält im kommenden Landtag knapp 32 Prozent der Sitze.

Das starke Abschneiden der AfD bei den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg am 1. September sorgt bei antirassistischen und migrantischen Organisationen für Angst und Verunsicherung.

„Die Gründe, warum die AfD in Sachsen von so vielen Menschen gewählt wird, sind vielfältig“, sagt Grit Hanneforth, Geschäftsführerin des Kulturbüro Sachsen. „Fest steht, dass Rassismus, Islamfeindlichkeit und eine aggressive Feindschaft gegenüber den demokratischen Grundwerten unserer Gesellschaft zu diesen Gründen zählen.“ Fehlende Anerkennung und Brüche in der eigenen Biographie seien keine Rechtfertigung dafür.

Michael Nattke, Fachreferent in dem Verein, ergänzt: „Die AfD ist der parlamentarische Arm einer neuen, rechten Bewegung, die sich an neofaschistischen Ideen orientiert.“ Hanneforth wünscht sich, dass die Mehrheit, die nicht die AfD gewählt hat, „noch lauter und wirksamer“ wird. Das Kulturbüro berät Organisationen beim Kampf gegen Rechtsradikalismus.

Für eine Kultur des gesellschaftlichen Miteinanders

Tatjana Jurk, Vorsitzende des Dachverbandes sächsischer Migrantenorganisationen (DSM), fordert ebenfalls: „Wir müssen jetzt dringend zusammenstehen für eine Kultur des gesellschaftlichen Miteinanders. Ausgrenzung darf in Sachsen keinen Platz haben.“ Der DSM befürchtet „eine Verschlechterung der Lebensbedingungen von Menschen mit internationaler Biographie in Sachsen“.

Vorstandsmitglied Kanwal Sethi, der auch Vorsitzender des Migrantenbeirates in Leipzig ist, verweist auf einen bereits vor der Sachsenwahl veröffentlichten Forderungskatalog an die Landespolitik. Dieser enthält zahlreiche Anmerkungen zu Themenbereichen wie Bildung, politischer Teilhabe und Gesundheitsversorgung.

Einen „Politikwechsel“ fordern „Pro Asyl“ und der Sächsische Flüchtlingsrat in einer gemeinsamen Pressemitteilung. Darin heißt es: „Schutzsuchende wurden in den letzten Jahren als Sündenböcke für gesellschaftliche Fehlentwicklungen instrumentalisiert.“ Das starke Wahlergebnis der AfD sei dadurch ermöglicht worden, dass rechtsradikale Strukturen ignoriert und Positionen von Rechten übernommen worden seien.

„Die Entrechtung bei Abschiebungen zu durchbrechen, eine klare Absage an Abschiebungen in Kriegs- und Krisengebiete wie Afghanistan, alle möglichen Spielräume für den Arbeits- und Bildungszugang zu nutzen und wieder zur menschenwürdigen Unterbringung zurückzukehren – das sind die Maßstäbe, an denen sich aus Sicht beider NGOs eine neue Regierung wird messen müssen.“

Türkische Gemeinde und Zentralrat der Juden contra AfD

Auch bundesweite Initiativen wie die antirassistische Amadeu-Antonio-Stiftung oder das „unteilbar“-Bündnis zeigten sich in Stellungnahmen besorgt. Die Türkische Gemeinde in Deutschland fordert, „dass die demokratischen Parteien endlich aufhören müssen, sich die Agenda von rechten Strömungen diktieren zu lassen“. Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland fordert eine klare Abgrenzung von der AfD.

Als „erstmal besorgt, ein bisschen ratlos, aber trotzdem kämpferisch“ beschreibt das Leipziger Abgeordnetenbüro „Linxxnet“ seine Stimmung. Vor allem für Projekte außerhalb der Großstädte sei die Lage bedrohlich. SPD und Grüne seien als mögliche Koalitionspartner der CDU deshalb dazu aufgerufen, vermeintlich „linksextreme“ Musikgruppen nicht zu kriminalisieren und die Mittel für Jugendzentren nicht zu streichen.

Die AfD hat bei der Landtagswahl 27,3 Prozent der Stimmen geholt – fast 18 Prozentpunkte mehr als 2014. Im kommenden Landtag wird sie mit 38 Abgeordneten vertreten sein – das entspricht knapp einem Drittel aller Sitze.

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