Edda Möller war eine „Naturgewalt im besten Sinne“, hat Sebastian Krumbiegel von der Band „Die Prinzen“ gesagt. Viele andere bezeichneten sie als „Mutter Courage von Leipzig“ oder einfach als „Edda Courage“. Wieder andere betitelten sie als „Feuerwehrfrau“ für die Stadt Leipzig, denn sie war für viele Akteur/-innen eine wichtige Kontaktperson, wenn Hilfe vonnöten war.

Jede/-r wusste: Auf Edda kann man sich verlassen. Im Gegenzug konnte sie aber auch fordern und andere von ihren Themen überzeugen. So oder so – Edda Möller war eine „Zugereiste“ und wurde zum „Leipziger Original“, war und ist in der Stadt „bekannt wie eine bunte Hündin“ – als hauptamtliche wie ehrenamtliche Gewerkschafterin, als Kämpferin für Frauenrechte und soziale Gerechtigkeit, als Unentwegte, als Kollegin und Freundin.

Am 2. Dezember 2021 war Edda Möller im Alter von 78 Jahren verstorben. Pandemiebedingt konnte sie nur in kleinem Kreis in ihrer ehemaligen Heimat im Ruhrgebiet beerdigt werden. Doch auch Leipzig wurde ihre Heimatstadt, dreißig Jahre ihres schaffensreichen Lebens hat sie hier verbracht.

Sie hat als Kreisvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes in Leipzig/Nordsachsen die Entwicklung der Stadt und der Region nach der Wiedervereinigung maßgeblich mitgestaltet, setzte sich unermüdlich für Arbeitnehmer/-innenrechte, den Erhalt von Betrieben, für die Entstehung von Bildungsnetzwerken und nicht zuletzt für die Abwehr rechtsextremer Bestrebungen ein.

Sie gilt als „Ermöglicherin“ der Konzerte gegen Rechts, die viele Jahre unter dem Motto „Leipzig zeigt Courage“ ab 1998 an jedem Vorabend des 1. Mai die Nazis in die Schranken wiesen. Sie war ab 1991 in erster Reihe bei den wiederbelebten Montagsdemos in Leipzig dabei, mitten im Niedergang der ehemaligen DDR-Wirtschaft und seinem wachsenden Heer von Arbeitslosen.

Sie engagierte sich aber auch im Verwaltungsrat der AOK Sachsen, war Mitbegründerin von Arbeit und Leben Sachsen e. V., dem Leipziger Courage-Verein, war in der „Bürgerinitiative Plagwitz“ und bei „Lindenau für Vielfalt und Toleranz“ aktiv.

Edda Möller bei einer Besprechung. Foto: DGB
Edda Möller bei einer Besprechung. Foto: DGB

So weit zu den „Eckdaten“, die anderswo sicher vollkommener aufgeführt werden können. Unternommen wird an dieser Stelle der Versuch, sich der Person Edda Möller anzunähern – in Gesprächen mit Menschen, mit denen sie zusammengearbeitet hat, die ihre Weggefährt/-innen waren, die ihr nahestanden.

„Die wichtigste Frau in Leipzig“

Der sächsische DGB-Vorsitzende Markus Schlimbach erinnert sich schmunzelnd: „Als ich im Januar 1991 beim DGB in Sachsen anfing, habe ich schnell gelernt – in Leipzig ist die wichtigste Frau Edda Möller. Aber sie musste und wollte sich nicht in den Vordergrund schieben. Sie wusste, was sie wollte, sie setzte sich auch bei vielen Gelegenheiten kraftvoll durch. Aber im Mittelpunkt stehen, das war nicht ihr Ding.“

Bei der AOK war sie viele Jahre eine starke Stimme im Verwaltungsrat und bis zum Schluss war sie Versichertenälteste, die beriet und bei Problemen half. „Ganz abgesehen von ihren anderen Verdiensten ist Edda Möller die Erfinderin von ‚Coffee to go‘, denn sie hatte immer eine riesige Thermoskanne mit Kaffee dabei und gab gern davon ab.“

„Mit Herz und Tat gegen Rechts“

Sebastian Krumbiegel von der Leipziger a-capella-Band Die Prinzen: „Edda war eine kämpferische Lady – charmant in der Art, aber hart in der Sache. Sie fehlt uns bis heute.“ Krumbiegel und seine Bandkollegen waren Geburtshelfer des ersten Festivals „Leipzig zeigt Courage“, das 1998 Tausende Menschen anzog. „Wir waren genervt von den Nazis, die das Völkerschlachtdenkmal zu ihrem Aufmarschort auserkoren hatten und einen Aufmarsch für den 1. Mai angemeldet hatten. Dagegen wollten wir was tun! Edda hat sofort verstanden und versprochen, uns zu unterstützen.“

Und was sie versprach, das tat sie: Mit viel Wagemut und Organisationstalent sorgte Edda für die Finanzierung des Konzertes und ließ die jungen Leute machen. „Geht nicht, gibt’s nicht“, war ihr Leitspruch – und nur fünf Wochen später ging das erste Courage-Festival über die Bühne.

„Dieses erste Konzert war Impuls und Initialzündung für einen breiten gesellschaftlichen Prozess, der es den Nazis unmöglich machte, hier in Leipzig Fuß zu fassen“, sagt Krumbiegel.

Es ist Edda Möller als zentrale Person im Organisationsstab der Konzerte, aber auch als Fürsprecherin innerhalb des Netzwerkes für Demokratie mitzuverdanken, dass das Courage-Netzwerk immer weiterwuchs und heute bundesweit existiert. Das friedliche und konsequente bürgerschaftliche Engagement schuf einen Wall gegen Rechts und trägt bis heute zur Positionierung einer ganzen Region für ein weltoffenes, demokratisches und tolerantes gesellschaftliches Klima bei.

Edda war über viele Jahre hinweg zentrale Ansprechpartnerin für die Akteur/-innen des Festivals, aber auch unermüdliche Werberin um Sponsoren und Co-Finanziers. Neben dem DGB unterstützen das Festival außer dem DGB viele Institutionen, Vereine und Organisationen und damit die offensive Auseinandersetzung mit Rassismus, Antisemitismus und Gewalt in allen gesellschaftlichen Bereichen.

Jetzt würde Edda sagen: „Courage zeigen heißt, jeden Tag an den Dingen zu arbeiten, die zu ändern sind.“ Sie würde sich nicht damit zufriedengeben, dass Leipzig eine Oase im mittlerweile tiefblauen Sachsen ist.

P.S. Das Festival Leipzig zeigt Courage findet in diesem Jahr am 2. Juli auf dem Dach der Leipziger Moritzbastei statt. Edda würde sich auf jeden Fall freuen über das üppige Line-Up.

Edda Möller mit Hund in Aktion. Foto: DGB
Edda Möller mit Hund in Aktion. Foto: DGB

Freude am Gelingen und Wertschätzung für alle Aktiven

„Edda hat die Leute machen lassen, hat sie aus dem Hintergrund unterstützt. Sie liebte es, junge Leute um sich zu haben, nahm sie für voll und schätzte unkonventionelle Ideen und Herangehensweisen“, erinnert sich Ralf Hron, DGB-Regionsgeschäftsführer für Südwestsachsen, der die Courage-Festivals ebenfalls seit Anbeginn aktiv begleitet und mitgestaltet hat. „Sie war nie eine, die sich in den Vordergrund drängte. Sie freute sich einfach, wenn etwas gelang. Das machte sie zufrieden und das ließ sie alle Aktiven wissen.“

So gab es nach jedem Courage-Festival eine große Party im Volkshaus-Garten – vor allem für all diejenigen, die im Hintergrund mitgeholfen hatten. Das war Edda wichtig. Ihre Wertschätzung und ihr besonderer Blick für „die kleinen Helferlein“, ohne die nichts geht, viele motivierte vor allem junge Leute, mitzumachen, dranzubleiben, immer wieder Anlauf zu nehmen.

„Kritisch, unangepasst, beharrlich“

Heike Engel vom Soziokulturellen Zentrum Anker e.V.: „Wir haben in diesem Jahr das 24. Courage-Jugendfestival, das erste ohne Edda.“ Beim ersten Festival lernten die beiden Frauen sich kennen, mochten sich trotz des deutlichen Altersunterschieds auf Anhieb, waren zusammen im Vorstand vom Courage-Verein und haben viel miteinander angepackt. Eddas Büro war auch „Orga-Zentrum“ für die alljährlichen Festivals – dort haben Heike und Edda Nächte miteinander arbeitend verbracht.

„Dabei haben wir auch viel privat geredet und sind uns menschlich nähergekommen. Sie zu treffen, war ein Glücksfall für mich. Edda war eine taffe, durchsetzungsstarke Frau – von ihr konnte man gut abschauen, wie man mit Leuten umgeht. Sie war aber auch eine echte Autoritätsperson, verfolgte beharrlich ihre Ziele, ließ sich von Widerständen nicht stoppen und konnte – wenn nötig – rigoros sein und ein Machtwort sprechen. Aber ebenso gut konnte sie die Wogen glätten und war für vieles offen.“

Heike Engel macht keinen Hehl daraus, dass sie sich mehr solcher Persönlichkeiten heute oft wünscht – kritische Geister, die sich nicht anpassen, schonungslos ehrlich sind und die für ihre Positionen einstehen: „Wir tickten ganz ähnlich, haben uns sehr gemocht und sie fehlt mir sehr.“

„Aufgaben, an denen wir wachsen konnten“

Bei Edda gab es keinen Unterschied zwischen „Job“ und „Berufsleben“ und sie ging offen auf die Jugend zu – auch als selbst schon „älteres Semester“: „Sie ermutigte uns, Dinge in die Hand zu nehmen. Vor allem uns jungen Frauen leistete sie viel Unterstützung, übergab uns aber auch verantwortungsvolle Aufgaben, an denen wir wachsen konnten“, erinnert sich Myschka Schulze, die ab Anfang der 2000er Jahre ehrenamtlich in der Leipziger Gewerkschaftsjugend aktiv war.

„Ohne Edda wäre ich nicht die, die ich heute bin. Sie hatte einen guten Blick fürs Gesamtbild und für Potenziale, die in Menschen schlummern. Für mich war und ist sie ein Vorbild: So herrlich unprätentiös, so politisch, so cool – einfach faszinierend.“

Die starke Frau mit den legendären Biolatschen fuhr notfalls auch LKW, wenn Materialien transportiert werden mussten. So geschehen zum Beispiel für die Kampagne „Jugend ist bunt“, die Gewerkschaften, Parteien und Verbände gemeinsam auf die Beine gestellt hatten.

Später waren Myschka und Edda eng befreundet, der jungen Frau zeigte die Ältere ihre alte Heimat in Thüringen, gemeinsam machten sie Ausflüge mit ihrem „rollenden Aschenbecher“ und Eddas speziellem „Kaffee-to-go-System“ – riesigen Thermos-Pumpkannen, ohne die es nie losging. „Es gibt öfters Situationen im Alltag, in denen ich mich frage, was Edda jetzt wohl gesagt oder getan hätte. Das hilft meistens“, sagt Myschka.

Asyl für die Frauenkultur

Christine Rietzke vom Soziokulturellen Zentrum Frauenkultur Leipzig e.V. erzählt: „Uns war 1990 ein Haus von der Stadt zugesprochen worden, aber das war stark baufällig und nicht nutzbar. So landeten wir in einem Interimsquartier, dem Heinrich-Budde-Haus. Doch das bot keine Dauerlösung.“

Als sich 1993 Christine und Edda (wieder einmal) bei einer frauenpolitischen Veranstaltung begegneten, sprach Christine die räumlichen Probleme der Frauenkultur an. Edda überlegte nicht lange und sagte: „Wir haben doch noch unsere alten Schulungsräume. Die könnt ihr haben.“

Der Mietvertrag war schnell vereinbart und am 18. Februar 1994 zog die Frauenkultur ins „DGB-Asyl“ im Erdgeschoss der Braustraße 17–19. Sechs Jahre blieb es das Domizil der Frauenkultur in der Seitenstraße neben dem Volkshaus, bis der Verein im Jahr 2000 in die Windscheidstraße 51 in Connewitz wechselte, wo er seitdem mit vielfältigen soziokulturellen Angeboten die Stadtgesellschaft bereichert. „Edda hat eben gemacht, statt viel zu lamentieren. Ihr ging es immer um die Sache, um Fakten und Problemlösungen. Um sich selber machte sie keinen Wind.“

Gut gelaunte Macherin

Auch für Toralf ‚Toe‘ Herschel, der damals ehrenamtlich in der Gewerkschaftsjugend aktiv war und heute bei der Stadt Leipzig arbeitet, war die Begegnung mit Edda Möller prägend: „Sie war eine Macherin, meist gut gelaunt und einnehmend. Das hat uns bestärkt und inspiriert“, meint er.

„Ich erinnere mich an eine Demo gegen die Nazis vorm Bahnhof, da war ich Versammlungsleiter, hatte einen Kontaktbeamten von der Polizei an der Seite und hatte totalen Stress. Irgendwann kam Edda zu mir und sagte ‚Du kommst jetzt mit, wir rauchen eine und trinken Kaffee. Es läuft doch alles!‘ und zückte ihren Taschenaschenbecher. Ich war unsicher, aber sie hatte recht. Edda hatte einfach ein gutes Gespür für Situationen. Ich habe viel von ihr gelernt.“

„Ein Mensch wie du und ich“

Bernd Günther, späterer Nachfolger von Edda als DGB-Regionsgeschäftsführer (bis 2015), heute ehrenamtlicher Vorsitzender des IG BAU-Bezirksverbands Nord-Westsachsen, charakterisiert seine langjährige Weggefährtin so: „Edda war ein Mensch wie du und ich – sehr eigensinnig, ehrlich und offen, uneitel und zupackend.“

In den Neunzigern war Günther der einzige Geschäftsführer einer Einzelgewerkschaft, der aus dem Osten kam. Gemeinhin wurde das in dieser Zeit im Wirtschaftsleben eher als Schwäche gewertet – Edda sah das ganz anders: Als in Leipzig der „Runde Tisch für Wirtschaft, Arbeit und Soziales“ unter dem damaligen Oberbürgermeister Hinrich Lehmann-Grube gebildet wurde, sagte Edda zu Bernd Günther, der damals Geschäftsführer der Gewerkschaft Bau-Steine-Erden war: „Jetzt sitzen ja alle Pfeifenraucher aus dem Westen dort, da gehe ich nicht hin. Bitte vertrete du den DGB, du bist der einzige Ostdeutsche von uns, das passt besser.“

Generell erkannte sie immer, wenn sie etwas allein nicht schaffte und konnte sich gut Unterstützung organisieren.
Angesprochen auf das legendäre Chaos in Eddas Büro sagt Bernd Günther trocken: „Da sah es aus wie im Staatsarchiv.“

Und dort – in diesem Raum, in dem sich Unterlagen, Akten und Zettel stapelten, dazwischen irgendwo Aschenbecher, Kaffeetasse und -kanne Platz fanden – verbrachte Bernd Günther so manchen langen Abend, wenn Edda ihn zu fortgeschrittener Zeit angerufen hatte, weil es Dringendes zu besprechen gab … Seine liebevoll-verschmitzte Beschreibung von Äußerlichkeiten: „Edda war einzigartig in ihrer ‚lila Gestricktheit‘. Sie trug eigentlich immer einen lila Schal, lange Röcke oder Kleider, und dazu Bio-Latschen – und zwar völlig unabhängig von der Jahreszeit.“

„Typisches Ruhrpottkind im besten Sinne“

Bernhard Krabiell war Ende 1990 aus Düsseldorf nach Leipzig gekommen –fast zeitgleich mit Edda. Der ÖTV-Mann und die Metallerin hatten schnell einen guten Draht. „Durch die Schließung von vielen Betrieben, massivem Stellenabbau und völlig neuen Rahmenbedingungen fühlten viele Menschen eine große Verunsicherung“, erinnert sich Krabiell.

Hier konnte Edda ihre Erfahrungen „aus dem Westen“ nutzen, sprach mit den Wirtschaftsbossen und Verwaltungsleuten auf Augenhöhe, setzte sich für Bildungs- und Umschulungsnetzwerke ein, kämpfte gegen Betriebsschließungen.

„Sie war ein typisches Ruhrpottkind im positivsten Sinne – uneitel und unermüdlich, nicht unumstritten, nicht bequem, aber immer fair und geradeaus.“ Bernhard wurde später Regionsgeschäftsführer der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di für Leipzig/Nordsachsen. Seine Verbindung zu Edda blieb. Nur das „Ordnungssystem“ in Eddas Büro blieb ihm ein Rätsel: „Da sah es immer absolut chaotisch aus. Aber suchen musste sie nie etwas. Sie beherrschte ihr Chaos.“

„Handfest und durchsetzungsstark“

Ebenfalls aus Düsseldorf war Ende 1990 Hanjo Lukassen, Sachsens DGB-Vorsitzender 1991 bis 2000, nach Leipzig gekommen (geplant für sechs Monate, geblieben ist er 19 Jahre). „Edda kannte ich schon aus den 1980ern, als Betriebsrätin in ner Stahlbude, wie im Pott gesagt wird (Thyssen Krupp d.R.). Sie war ne Handfeste, konnte sich durchsetzen. Das gefiel mir.“ Als Lukassen als Personalverantwortlicher in die DGB-Bundesverwaltung wechselte und wenig später der Aufbau gewerkschaftlicher Strukturen im Osten anstand, rief Edda an und sagte schlicht: „Ich mach mit!“

Später trafen sich die beiden oft bei den wiederbelebten Leipziger Montagsdemos, bei denen Edda immer ganz vorn dabei war. „Ich erinnere mich auch an eine Sitzblockade, die wir in Leipzig vor dem Volkshaus gemacht haben, als die Nazis durch die Karli bis zum Völkerschlachtdenkmal marschieren wollten … dass Leipzig sich den Angriffen von Rechts erwehren konnte, ist auch Eddas Verdienst“, sagt Lukassen.

Ihre enge und vertrauensvolle Partnerschaft mit ihm und anderen Weggefährt/-innen wie Sieglinde Merbitz oder Karl-Heinz Kunckel, ihre Bescheidenheit und ihr Herz für die Jugend, ihr Gestaltungswille und ihr Rückrat bleiben dem ehemaligen Gewerkschaftsboss im Gedächtnis. Und nicht zuletzt: „Auch, dass es die Reudnitzer Brauerei noch gibt, ist Edda mitzuverdanken. Gemeinsam mit dem damaligen Regierungspräsidenten Walter Christian Steinbach und vielen anderen verhinderte sie die Schließung.“ Bis heute wird im Leipziger Osten noch Bier gebraut, jetzt die Ost-Kultmarke „Sternburger“.

Kämpferin für Frauenrechte

Genka Lapön, seit 1995 Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Leipzig, begegnete Edda erstmals Anfang der Neunziger bei der Leipziger Fraueninitiative: „Ich war von ihr beeindruckt! Auch von der Tatsache, dass sie als DGB-Spitzenfrau zu unserer kleinen Veranstaltung kam.“

Von da an hatten die Frauen in Leipzig eine starke Fürsprecherin mehr. Konkretes Handeln war der Gewerkschafterin wichtig und ließ den Draht zu den handelnden Personen nie abreißen. Beharrlich und war auch Eddas Einsatz für die erste Babyklappe in Leipzig: Sie kannte die Probleme von Frauen aus ihrer alten Heimat und machte sich unermüdlich für diese lebensrettende Einrichtung im Krankenhaus St. Georg stark. Anfang der 1990er wurde die Babyklappe dort installiert und hat seitdem vielen Babys das Leben gerettet.

„Frauenpolitische Themen waren für Edda eben eine Herzenssache – und was sie tat, hatte Hand und Fuß“, weiß Lapön aus vielen Situationen. Die Gewerkschafterin sorgte u.a. auch dafür, dass 1995 der Leipziger Beirat für Gleichstellung wiederbelebt wurde und gehörte zu den ersten Mitgliedern dieses Ausschusses.

„Edda war eine ehrliche, verbindliche und beharrliche Person. Sie stand für ihre Überzeugungen und schonte sich nicht – bis zuletzt“, erinnert sich Genka Lapön: „Meine letzte Begegnung mit ihr war am Frauentag 2019, bei einer Veranstaltung zu Frauen in der Kommunalpolitik. Dort erlebte ich Edda, wie sie leibte und lebte: bestens vorbereitet, vermittelnd, aber auch fordernd. Sie war eine große Kämpferin.“

***

Gedenkveranstaltung für Edda Möller am 16. Mai 2022 in Leipzig

Edda Möller war eine „Zugereiste“ und wurde zum „Leipziger Original“: Sie war und ist in der Stadt bekannt – als hauptamtliche wie ehrenamtliche Gewerkschafterin, als Kämpferin für Frauenrechte und soziale Gerechtigkeit, als pragmatische Macherin. Am 2. Dezember 2021 war Edda Möller verstorben, mitten in den pandemiebedingten Einschränkungen. Deshalb wird am kommenden Montag, 16. Mai, ihr Andenken gebührend mit vielen ihrer Weggefährt/-innen im Garten des Volkshauses gefeiert.

Geboren in Thüringen, erwachsen geworden im Ruhrgebiet, war Edda Möller Betriebsrätin bei Thyssen-Krupp und arbeitete beim DGB in NRW, bevor sie 1990 als eine der ersten Gewerkschafter/-innen nach Leipzig kam. Es wurde ihre Heimatstadt, dreißig Jahre ihres schaffensreichen Lebens hat sie hier verbracht.

Sie hat den Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) in Leipzig mitgegründet, wurde DGB-Kreisvorsitzende in Leipzig/Nordsachsen und gestaltete die Entwicklung der Stadt und der Region nach der Wiedervereinigung maßgeblich mit. Die uneitle, pragmatische Frau setzte sich unermüdlich für Arbeitnehmerinnenrechte, den Erhalt von Betrieben, für die Entstehung von Bildungsnetzwerken und nicht zuletzt für die Abwehr rechtsextremer Bestrebungen ein.

Sie war ab 1991 in erster Reihe bei den wiederbelebten Montagsdemos in Leipzig dabei, mitten im Niedergang der ehemaligen DDR-Wirtschaft und dem wachsenden Heer von Arbeitslosen. Sie engagierte sich aber auch im Verwaltungsrat der AOK Sachsen, war Gründungsfrau des Gleichstellungsbeirates der Stadt Leipzig, war Mitbegründerin von Arbeit und Leben Sachsen e. V., dem Leipziger Courage-Verein, war in der „Bürgerinitiative Plagwitz“ und bei „Lindenau für Vielfalt und Toleranz“ aktiv.

Und nicht zuletzt war sie treibende Kraft und „Ermöglicherin“ der Konzerte gegen Rechts, die ab 1998 für viele Jahre unter dem Motto „Leipzig zeigt Courage“ an jedem Vorabend des 1. Mai die Nazis in die Schranken wiesen und bis heute als Festival aus dem städtischen Veranstaltungskalender nicht wegzudenken sind.

Am Montagnachmittag, 16. Mai, werden sich auf Einladung des DGB Leipzig / Nordsachsen viele ihrer Freund/-innen, Kolleg/-innen, Weggefährt/-innen im Volkshausgarten treffen, ihre Erinnerungen an Edda Möller austauschen und ihr Lebenswerk würdigen.

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Toller Artikel! Wer Edda live erlebt hat, erkennt sie darin wieder. Danke dafür!

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