Der kurdische Aktivist Hamza A. hat die Abschiebungshafteinrichtung in Dresden verlassen. Wie die Landesdirektion Sachsen am Freitag mitteilte, hat das Verwaltungsgericht Leipzig am Vortag entschieden, dass erneut über seinen Asylantrag entschieden werden muss. Solange die Dauer der Prüfung unklar sei, „gebietet das Rechtsstaatsprinzip eine Aussetzung der Abschiebehaft“, heißt es.

Damit endet vorläufig eine Auseinandersetzung, die nach Einschätzung von manchen Beobachter*innen tödliche Folgen für A. hätte haben können. Der 48-Jährige befand sich wochenlang im Hungerstreik und soll suizidgefährdet gewesen sein.

Laut einer Mitteilung des Sächsischen Flüchtlingsrates vom 8. August soll sich A. seit Mitte Juni ununterbrochen in einem Hunterstreik befunden haben. Die Landesdirektion Sachsen stellte die Situation im MDR anders dar: Demnach sei er von Mitte bis Ende Juni und vom 8. bis 14. August im Hunterstreik gewesen. „Zwischenzeitlich hatte er nachweislich feste Nahrung zu sich genommen“, zitiert der MDR die Landesdirektion.

Gewalt in der Türkei

Der Streik richtete sich gegen eine drohende Abschiebung in die Türkei, wo A. als kurdischer Aktivist eine politisch motivierte Strafverfolgung befürchtet. „In der Türkei erlebte er Gewalt durch Polizei und Soldaten, mehrere Festnahmen und zwei Gefangenschaften aus politischen Gründen“, teilte der Flüchtlingsrat Anfang August mit.

Seit 2019 befindet sich A. in Deutschland. Hier habe er ein stabiles soziales Umfeld und einen unbefristeten Job. Allerdings wurden vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mehrere Asylanträge abgelehnt. Weil das Bundesamt seine Ausreise angeordnet hatte, befand sich A. in Abschiebehaft.

Der Bürgerrechtler und ehemalige Landtagsabgeordnete Frank Richter hatte A. vor wenigen Tagen in Abschiebehaft besucht. Laut MDR zeigte sich Richter anschließend „erschüttert“ über die „Art und Weise, wie er dort behandelt wird“.

Erleichterung bei Unterstützer*innen

Neben zahlreichen zivilgesellschaftlichen Organisationen hatten sich auch mehrere Parteien für A. eingesetzt. Albrecht Pallas aus der sächsischen SPD-Fraktion teilte heute mit, dass er „zutiefst erleichtert“ sei, und deutete an, dass A. aus seiner Sicht unmenschlich behandelt wurde. „Ich erwarte zu dem Fall eine umfassende Aufklärung des Innenministeriums.“ Ähnlich äußerte sich Franziska Schubert von den Grünen.

Abgeschlossen ist das Thema sowieso noch nicht. Die Landesdirektion Sachsen schreibt heute: „Sollte das Bundesamt auch in der erneuten Entscheidung keinen Schutzstatus zuerkennen, trifft den Betroffenen erneut die Pflicht zur Ausreise aus Deutschland. Es wäre dann erneut Aufgabe der sächsischen Behörden, diese gegebenenfalls durchzusetzen.“

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