Eine aktuelle Umfrage des Hartmannbundes zum Thema ärztliche Weiterbildung zeigt besorgniserregende Ergebnisse. Mehr als 40 Prozent der Ärzte sind demnach unzufrieden mit ihrer Facharztausbildung. Einer der Gründe liegt in der mangelnden Umsetzung der Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern.

Oft bleibt keine Zeit für die Weiterbildung, da Krankenhäuser gewinnorientiert arbeiten. Allgegenwärtiger Personalmangel kommt erschwerend hinzu.

Den Traumberuf an den Nagel hängen?

Aktuell denken mehr als ein Drittel der Ärzte in Weiterbildung darüber nach, den Beruf aufzugeben. Die Gründe dafür liegen nicht nur in der mangelhaften Weiterbildung. Viele fühlen sich einfach nur “verheizt” und dies als Dauerzustand.

Die heutigen Ärzte in Weiterbildung haben meist hart darum gekämpft, überhaupt einen Studienplatz zu bekommen. Wer endlich drin war, hat mehr als sechs Jahre hart gearbeitet für den Studienerfolg. Wer nach dieser langen Durststrecke endlich das Staatsexamen in der Tasche hat, kommt nun leider vom Regen in die Traufe. Kein Wunder, dass viele unzufrieden sind oder gar aufgeben. Offene Assistenzarzt Stellenangebote gibt es schon in nahezu jedem Fachbereich.

Den jüngeren Generationen heute ist es unvergleichlich wichtiger, dass die Work-Life-Balance ausgeglichen ist. Das ist nicht etwa egoistisch, sondern eine Folge dessen, was die Vorgängergenerationen ihnen vorgelebt haben: Arbeiten bis zum Umfallen im wahrsten Sinne des Wortes.

Man konnte beobachten, dass viele die Früchte ihrer Arbeit nicht mehr ernten konnten. Sie gingen krankheitsbedingt vorzeitig in Rente oder überlebten den Eintritt in das Rentenalter nur knapp. Sie sind nicht selten verbittert und ohne Lebensfreude. Die nachfolgenden Generationen wünschen sich verständlicherweise für sich und ihre Kinder ein anderes Leben.

Keine Zeit für Weiterbildung

Der Hartmannbund als ärztlicher Berufsverband befragt regelmäßig seine Mitglieder zu verschiedenen Themen. Auch die ärztliche Weiterbildung wird regelmäßig bewertet. An der aktuellen Umfrage haben mehr als 800 Ärzte in Weiterbildung teilgenommen.

Als ärztliche Weiterbildung wird die Facharztspezialisierung nach erfolgreich abgeschlossenem Studium bezeichnet. Häufig werden Ärzte in diesem Stadium ihrer Ausbildung als Assistenzärzte oder korrekter als Ärzte in Weiterbildung bezeichnet.

Die Facharztausbildung ist eine wichtige Zeit für einen Arzt. Es gilt, für die gewählte Fachrichtung möglichst viel Wissen und Fertigkeiten zu erwerben, um später eigenverantwortlich für die Patienten weitreichende Entscheidungen treffen zu können. Dies erfordert ein fundiertes Fachwissen und viel praktische Erfahrung.

Die Realität sieht oft so aus, dass die in Weiterbildung befindlichen Ärzte zu 100 Prozent und darüber hinaus durch ärztliche Routinetätigkeiten gebunden sind. Die Zeit für gezielte Weiterbildung und Wissensvermittlung durch Fachärzte fehlt.

Die Weiterbildungsordnungen der Ärztekammern werden oft nicht eingehalten

In den Weiterbildungsordnungen ist detailliert aufgeschlüsselt, welche Kenntnisse und Fähigkeiten zu erwerben sind, um am Ende zur Facharztprüfung zugelassen zu werden. Die Weiterbildungsordnung fordert auch mindestens einmal jährlich ein Weiterbildungsgespräch mit dem sogenannten Weiterbildungsbefugten.

Schon daran scheitert es oft. In besagter Umfrage gaben mehr als 30 Prozent der Ärzte an, dass diese Gespräche nicht regelmäßig stattfinden. Sie sind dazu gedacht, den bisherigen Weiterbildungserfolg zu eruieren und die weiteren Ausbildungsschritte zu planen.

Unterschiede stellte der Hartmannbund dabei zwischen den verschiedenen Fachbereichen fest. So waren die Ärzte in der Anästhesiologie, der Kinder- und Jugendheilkunde und der Allgemeinmedizin durchaus zufrieden mit ihrer Weiterbildung. Besonders schlecht sieht es dagegen in der Inneren Medizin aus, hier sind sogar 58 Prozent der Befragten generell unzufrieden mit ihrer Weiterbildung.

Ebenso machte es einen Unterschied, ob die Ärzte im ambulanten oder stationären Sektor tätig waren. Mit der Weiterbildung im ambulanten Bereich waren wesentlich mehr Befragte zufrieden.

Fundierte Ausbildung Fehlanzeige?

Vor allem die Ärzte in der Inneren Medizin beklagen unzureichende Rotationsmöglichkeiten. Die Rotation durch verschiedene Teilbereiche des Faches ist gerade in der Inneren Medizin von großer Bedeutung. Es handelt sich um ein umfangreiches Fachgebiet mit vielen Spezialisierungsrichtungen, wie Kardiologie, Pulmologie und Gastroenterologie.

Die tatsächliche Rotation findet im schlimmsten Fall gar nicht statt, das heißt, der Arzt bleibt die gesamte Weiterbildungszeit von 5 bis 6 Jahren im gleichen Bereich. Dies ist unserem auf Gewinn ausgerichteten Gesundheitswesen geschuldet, das noch dazu mit Personalknappheit zu kämpfen hat.

Nicht nur das Thema Weiterbildung macht unzufrieden

Die vergangenen Pandemiejahre waren eine zusätzliche Herausforderung. Ärzte durften zwar durchgängig weiter arbeiten. Die Arbeitsbedingungen bleiben jedoch durch die Corona-Maßnahmen nach wie vor erschwert. Dazu kommen auch die privaten Belastungen durch die Pandemie. Es gibt ja kaum einen Lebensbereich, der davon nicht betroffen war oder ist. Diese Überlastung schlägt sich sichtbar in vermehrten Ausfalltagen nieder.

Laut einer weiteren aktuellen Umfrage des Hartmannbundes arbeiten mehr als die Hälfte der Ärzte in Weiterbildung mehr als 45 Stunden pro Woche, mehr als ein Viertel sogar mehr als 55 Stunden.

Bereitschaftszeiten wurden hier zwar mit eingerechnet, aber ein typischer Bereitschaftsdienst eines Arztes in Weiterbildung bedeutet nicht selten, dass in der Zeit zu 100 Prozent gearbeitet wird. Nur in wenigen Bereitschaftsdiensten wird die arbeitszeitrechtliche Vorgabe von unter 50 Prozent erreicht.

So beurteilten die Befragten die Folgen ihrer Arbeitsbelastung:

  • wirkt sich negativ auf das Privatleben aus (64,07 %)
  • führt zu Furcht vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen (39,27 %)
  • führt zu Überlegungen über Berufswechsel (36,49 %)
  • führt zu Schlafstörungen (32,03 %)
  • ist zufriedenstellend (23,93 %)
  • führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen (15,55 %)

Ein weiteres belastendes Thema stellt offenbar der Aufwand für die Dokumentation dar. Diese erfolgt vielfach sogar doppelt – auf Papier und digital. Überhaupt kommt die Umsetzung der Digitalisierung im Gesundheitswesen nur schleppend voran.

Entlastung wünschen sich Ärzte zudem für delegierbare Tätigkeiten, wie Blutentnahmen.

Entökonomisierung des Gesundheitswesens als Lösungsansatz

Ärzte fordern schon lange eine Entökonomisierung des Gesundheitswesens. Krankheit und Gesundheit sind eben keine Ware und Ärzte verstehen sich traditionell nicht als Dienstleister. Wer Medizin studiert, hat in der Regel das Ideal vom helfenden, heilenden Arzt vor Augen. Die Realität enttäuscht dann bitter.

Es liegt in den Händen der Politik, den Beruf wieder in den direkten Dienst hilfebedürftiger Menschen zu stellen und sich dabei nicht vordergründig am Gewinn zu orientieren. Es wird Zeit für eine Medizin, in der der Mensch wieder im Mittelpunkt steht.

Junge Ärzte versuchen, ihre Ideale trotz Gewinndruck zu leben und werden dadurch zerrieben. Ärzte, die an den Universitäten jahrelang eine teure Ausbildung erhalten, sollten nicht nach dem Studium aufgegeben werden. Wir haben es hier schließlich mit hoch motivierten, leistungsbereiten, jungen Menschen zu tun.

Die Mehrheit opfert sich weiterhin auf

Zum Glück für die Patienten, halten viele aus, obwohl sie aufgrund der Umstände frustriert sind. So leicht wirft man die gute Ausbildung und seine Ideale eben doch nicht über Bord. Tatsache ist, dass dennoch immer wieder Ärzte keinen anderen Ausweg sehen, als ihren Traumberuf aufzugeben.

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