Auch Burgen haben ihre Jubiläen. Und eine dürfte in diesem Sommer zu einem besonderen Ausflugsziel werden: die Leuchtenburg im thrüringischen Seitenroda. Dadurch, dass die im Jahr 1221 erstmals urkundlich erwähnte Burg 800 Jahre lang durchgehend genutzt wurde, zählt sie heute zu den besterhaltenen Burgen Deutschlands.

Von der Wehranlage bis zum Verwaltungssitz, vom Zuchthaus und der Irrenanstalt bis zum Ort der Freiheit und Unbeschwertheit – die Funktionen der Leuchtenburg im thüringischen Seitenroda sind überaus wechselhaft.

Die idyllisch auf einem Hügel über dem Saaletal thronende Anlage ist bereits seit Jahren ein beliebtes Ausflugsziel, vor allem wegen des faszinierenden Ausblicks, dem Skywalk der Wünsche und den einzigartigen Porzellanwelten.

Mit Wiederöffnung nach dem Lockdown wird die Burg um eine bedeutende Attraktion für die Gäste reicher: Als eigenes Geschenk zur 800-Jahr-Feier präsentiert die Leuchtenburg ihre wechselhafte Geschichte in einer neuen Dauerausstellung, die im Beisein des thüringischen Wirtschaftsministers Wolfgang Tiefensee eröffnet wurde.

Unter dem Titel „Mythos Burg – 800 Jahre Leuchtenburg“ können sich Besucher und Besucherinnen auf eine ungewöhnliche Erkundungsreise zwischen Mystik, Magie und dicken Mauern begeben und mehr über die spannende Geschichte und die unterschiedlichsten Nutzungen der Leuchtenburg erfahren: Im ersten Obergeschoss der Kernburg werden auf einer Fläche von rund 200 Quadratmetern mehr als 100 Exponate und interaktive Elemente präsentiert: darunter ein Spielzeug-Pferdchen aus der Zeit um 1200 und ein wertvoller Brautschmuck aus der Zeit zwischen 1415 und 1638.

Vom „Schlimmen Schlund“ bis zum „Drachen-Herz“

Ungewöhnlich ist dabei die Ausstellungsgestaltung: Wer sich auf den verschlungenen Weg durch die sieben Ausstellungsbereiche macht, muss zuerst mutig durch ein überdimensional großes Drachenmaul treten. Denn in der historischen Kernburg liegt ein riesiger Drache, der die Geschichte der Leuchtenburg „verschluckt hat“. Dem Mythos der Burg, der Entstehungsgeschichte und der Burglegenden begegnet der Gast im Maul des Ungetüms.

Aus den dunkelsten Kapiteln der Burggeschichte erfährt der neugierige Besucher im „Schlimmen Schlund“. Dieser Bereich berichtet etwa von der Zeit als Haftanstalt in der Frühen Neuzeit. Erst kürzlich wurden bewegende Gefangenenakten aus dem 18. und 19. Jahrhundert aufgearbeitet, die ein neues Licht auf diese düsteren Kapitel werfen. Auch die Planungen für ein Internierungslager aus der jüngeren Vergangenheit der Burg, die hier präsentiert werden, sind erstmals in der neuen Dauerausstellung zu sehen.

Und auch unbeschwerte Zeiten gab es: So wird die Leuchtenburg ebenso als fröhlicher Ort des Aufbruchs und der Freiheit präsentiert und ihre Bedeutung für die Wandervogelbewegung und als Jugendherberge betrachtet. In weiteren Ausstellungsbereichen erfahren die Besucher, ob es auf der Leuchtenburg Schlachten oder Belagerungen gab und wie ritterlich und mystisch die Burg war.

Sie können nicht nur interessante Erkenntnisse rund um die Themen Bedrohung, Brände und Belagerung erhalten, sondern auch einen besonderen Schatz im interaktiven Brunnen finden. Mitmachen, entdecken und staunen heißt es für kleine und große Gäste in allen Bereichen. Schließlich – angezogen durch dessen durchdringendes Pulsieren – gelangt der Gast zum Herz des Drachens.

Herzblut war es, das die Burg in die heutige Zeit gebracht hat. Menschen waren und sind es, die diesen Ort zu dem machen, der er heute ist. Vom ehemaligen Burgbewohner Bruno Scholz über den Museumsdirektor Kurt Haufschild und der Enkelin des damaligen Hoteldirektors bis hin zu Sven-Erik Hitzer, dem Initiator und Stifter der Stiftung Leuchtenburg, erfahren die Gäste, welches Herz hier schlägt.

Die neue Ausstellung

Die Ausstellung wurde durch eine LEADER-Förderung im Entwicklungsprogramm für den Ländlichen Raum ermöglicht und in Zusammenarbeit des Förderkreises Leuchtenburg mit der Stiftung Leuchtenburg geschaffen. Gestaltet wurde die Dauerausstellung von der in Leipzig ansässigen Agentur Kocmoc.net, die bereits in den Porzellanwelten Leuchtenburg für ein frisches, interaktives Ausstellungserlebnis gesorgt hat.

Neu ist zudem, dass die Ausstellung erstmalig komplett dreisprachig angelegt wurde. Neben deutschen und englischen Erläuterungen ist sie vollständig mit chinesischen Texten erklärt. Damit erweitert die Leuchtenburg ihren Service speziell für chinesische Gäste und betont die Internationalität.

Die Dauerausstellung ist Teil des 10.000 qm großen Burgensembles und ab sofort zu den regulären Burgöffnungszeiten zu besichtigen. Nach den derzeit geltenden Corona-Regeln sind keine Tests, Impf- oder Genesenennachweise nötig. Besucher/-innen müssen lediglich eine Maske tragen. Tickets können vorab kontaktlos im Onlineshop oder auch vor Ort im Besucherzentrum erworben werden.

Die Stiftung Leuchtenburg hatte am 15. Juni noch einen weiteren Grund zur Freude: Die Stiftung „Lebendige Stadt“ hat das Museum Porzellanwelten Leuchtenburg als eines der besten Heimatmuseen in Deutschland mit einer Anerkennung ausgezeichnet. Direkt zur Eröffnung der Dauerausstellung übergab der thüringische Wirtschaftsminister Wolfgang Tiefensee Sven-Erik Hitzer und dem Museumsteam die Auszeichnung, die mit einem Preisgeld von 1.000 Euro verbunden ist.

„Dem Museum ist es in vorbildlicher Weise gelungen, die Geschichte rund um das ‚weiße Gold‘ jung und modern zu präsentieren und das Kulturgut ‚Thüringer Porzellan‘ neu zu beleben“, so der Minister bei der Übergabe. Dies zeige sich auch an der wachsenden Anzahl der Gäste, die das Porzellanmuseum in der historischen Burganlage Leuchtenburg besuchen.

Die Geschichte der Leuchtenburg

1221 Erste urkundliche Erwähnung als Stammburg der Herren von Lobdeburg-
Leuchtenburg

1396–1705 Wettinischer Verwaltungssitz „Amt Leuchtenburg“

um 1460 Bau der Wehranlage mit vier Wehrtürmen

1724–1871 Die Leuchtenburg als Zucht-, Armen und Irrenhaus

1873 Touristische Erschließung und Einrichten eines Hotels mit Gastwirtschaft
(bis 1951)

1906 Eröffnung eines Museums im Torgebäude

1921 Gründung der ersten Jugendherberge Thüringens im Torhaus. Die Burg wird
ein wichtiges Zentrum der Jugendbewegung in den 1920er und 30er Jahren.

1997 Schließung der Herberge und Leerstand von Tor- und Logierhaus

2000 Wiederbelebung des historischen Saaleweinbaus am Fuße der Burg

2007 Errichtung der Stiftung Leuchtenburg durch Sven-Erik Hitzer und Beginn
von umfangreichen Sanierungsarbeiten

2010 – 2014 Umsetzung des Ausstellungskonzeptes „Porzellanwelten Leuchtenburg“ mit
Neubau von Besucherzentrum, Technikzentrale und nördlichem Anbau sowie Ausbau des Tor- und Logierhauses

2016 Eröffnung der Leuchtenburger Porzellankirche – dem Finale der
Porzellanwelten Leuchtenburg

2017 Die Stiftung Leuchtenburg feiert 10-jähriges Jubiläum.

2021 Eröffnung der Dauerausstellung „MYTHOS Burg – 800 Jahre Leuchtenburg“

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