Von Robert P. Mau: Sehr geehrte Damen und Herren, es ist sehr schön, dass die besagte Leuchtreklame bald wieder in neuem Glanz erstrahlen wird, und ebenso schön ist es, dass Sie diesem Ereignis bereits jetzt einen Artikel widmen. Die Arbeit des Glasbläsers Herbert Leuthäußer in diesem Zusammenhang zu würdigen, ist durchaus angemessen; etwas befremdlich finde ich allerdings, dass die eigentlichen Schöpfer des leuchtenden Kunstwerkes mit keinem Wort Erwähnung finden.

Denn bevor der Glasbläser ans Werk gehen konnte, hatte ihm jemand aufgemalt, WAS er da eigentlich blasen sollte. Das waren beiden Grafiker Theo Hesselbarth (1938-2006) und Jürgen Mau (1941-2015), bekannt als Grafikgruppe UNDA, die in den 70er Jahren auch für viele andere Leuchtwerbeanlagen im Leipziger Stadtbild verantwortlich zeichneten.

Wohlgemerkt, in den 70er Jahren. Das im Artikel genannte Jahr 1967 kann schon insofern nicht das Entstehungsjahr von “Mein Leipzig lob ich mir” gewesen sein, als die Wohnblöcke am Tröndlinring erst 1968 fertiggestellt wurden (Quelle: Wikipedia). Aber klarer noch als dieser Fakt argumentiert hier meine persönliche Erinnerung: Ich war nämlich dabei, als mein Vater, Jürgen Mau, die Reinzeichnung des Farbentwurfes am Schreibtisch in unserer Wohnstube anfertigte, und ich habe ihm wie immer neugierig über die Schulter geschaut.

Um eine Vorlage für den Schattenriss des Dichters zu finden, wurde ein eigens im Antiquariat gekauftes Buch “Goethe und seine Zeit” herangezogen. Es gab noch kein Internet.

Ich erinnere mich auch an die Vorbehalte, die von den sozialistischen Auftraggebern gegenüber der historisierenden Frakturschrift des Goethe-Zitats zunächst geäußert wurden – die Schrift erinnere an die Nazizeit und würde nicht das Goethebild der DDR repräsentieren. Solche Widernisse wurden damals bei uns familienintern am Abendbrottisch diskutiert.

Als die Anlage dann montiert war, stellte sich heraus, dass sich ausgerechnet in die russische Version des Willkommensgrußes ein Übersetzungsfehler eingeschlichen hatte. Ich ging damals in die fünfte Klasse, begann gerade Russisch zu lernen, und wurde beauftragt, das Urteil meiner Russischlehrerin einzuholen. Wenn ich mich recht erinnere, wurde dann nach einiger Zeit tatsächlich ein Buchstabe ausgetauscht, der dann in den nächsten Jahren immer etwas heller leuchtete als der Rest des Schriftzuges.

Ich vermute anhand dieser Anhaltspunkte, dass die Anlage 1976 ihren Dienst aufgenommen hat, und dass die Jahreszahl 1967, die sich hartnäckig auch durch einschlägige Artikel in der “Leipziger Volkszeitung” zieht, auf einen ursprünglichen Zahlendreher zurückzuführen ist, der nun immer wieder ungeprüft übernommen wird.

Mit freundlichen Grüßen!
Robert P. Mau

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