Als bekannt wurde, dass die grün-rote Landesregierung in Baden-Württemberg im Rahmen einer Neufassung des Bildungsplanes "Sexuelle Vielfalt" zu einem Querschnittsthema machen wollte, führte dies zu einer inzwischen nachgerade hysterischen Auseinandersetzung zwischen "Befürwortern" und "Gegnern". Eine Petition aus dem christlich-konservativen Milieu gegen die Regierungspläne wurde von über 190.000 Menschen unterzeichnet, zudem entwickelte sich eine kontinuierliche Demonstrationstätigkeit, organisiert von einer Gruppe, die sich "Besorgte Eltern" nennt.

Der Ton auf diesen Versammlungen ist schrill und kennzeichnet sich vor allem dadurch, dass Angst vor einer angeblichen “Sexualisierung” von Kindern geschürt wird, die mehr oder weniger direkt in der Nähe von sexuellem Missbrauch angesiedelt wird. Es wird zum Kampf gegen “Genderwahn” und “Verschwulung” aufgerufen und es werden Untergangsszenarien der sozialen Ordnung beschworen.

Im Vortrag wird Klemens Ketelhut (MLU Halle-Wittenberg) kurz die Ereignisse seit dem Bekanntwerden der Regierungspläne zusammenfassen und dies als Grundlage für weitere Überlegungen nehmen: Zum einen erscheint es notwendig, die geführten Auseinandersetzungen auf die hinter ihnen liegenden Begründungszusammenhänge zu untersuchen und zu überlegen, worum hier eigentlich gestritten wird. Dazu werden einige Parallelen zwischen der aktuellen und der Situation Deutschlands am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert gezogen – in dieser Zeit erfasste eine kulturkritische Strömung, die als Antwort auf als bedrohlich wahrgenommene Modernisierungsprozesse verstanden werden kann, Teile des Bürgertums. Zum anderen gilt es, die Rolle des strategischen Einsatzes eines durch die Regierungspläne angeblich gefährdeten Kindeswohles genauer zu analysieren.

Zur Person: Dr. Klemens KETELHUT schloss 2008 sein Studium der Soziologie, Rehabilitationspädagogik und Volkswirtschaft ab und ist zudem staatlich anerkannter Heilerziehungspfleger. Seit 2008 ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Philosophischen Fakultät III der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, Arbeitsbereich historische Bildungsforschung und Pädagogische Frauen- und Geschlecherforschung. 2014 wurde er promoviert, mit einer Arbeit zum “Pädagogischen Unternehmertum”. Klemens Ketelhuts Forschungsschwerpunkte liegen in den Bereichen Historiographie der Reformpädagogik, Völkisches Denken und Lebensreformbewegung/en sowie aktuelle Fragen der Gender- und queer-studies.

3. Juni 2015, 17 Uhr, Seminargebäude am Universitätscampus, Raum S202.

Eine Veranstaltung der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig in Kooperation mit dem Referat für Gleichstellung und Lebensweisenpolitik des StuRa und dem RosaLinde Leipzig e.V.

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