Aufgrund von Bürgerhinweisen wurde der Landtagsabgeordnete Wolfram Günther auf die aktuell beginnende Zerstörung einer Binnendüne im Bereich des nordwestlichen Tagebaus Nochten I in der Nähe von Weißwasser aufmerksam. In diesem Biotop kommen zahlreiche erhaltungswürdige Pflanzen- und Tierarten vor. "Der Vattenfall-Konzern zerstört nach meiner Auffassung rechtswidrig diesen geschützten Lebensraum", erklärt Wolfram Günther, umweltpolitsicher Sprecher der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag.

“Nach meinem Kenntnisstand wurde beim Verfahren (Rahmenbetriebsplan) zum Tagebau Nochten I entsprechend der damaligen 1994 herrschenden Rechtslage keine Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgeführt. Dies hat zur Folge, dass offensichtlich nicht alle nach Paragraf 21 Sächsischen Naturschutzgesetz (SächsNatSchG) bzw. Paragraf 30 Bundesnaturschutzgesetz (BNatschG) geschützten Biotope erfasst wurden und nun wohl auch nicht ausgeglichen werden sollen. Damit handelt Vattenfall meiner Meinung nach gegen die Vorgaben des Umweltschadensgesetzes (USchadG)”, erklärt der Abgeordnete.

“Nach meiner Einschätzung besteht kein Zweifel, dass es sich bei dem Biotop auch um eine Verzahnung der Lebensraumtypen handelt, die im Anhang I der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) geführt werden. Innerhalb dieses besonderen Biotops wurden zahlreiche charakteristische Pflanzenarten wie Bärentraube, Strohblume Silbergras, Felsennelke, Blauschillergras und die Vogelarten Ziegenmelker und Heidelerche nachgewiesen. Darum habe ich Umweltminister Thomas Schmidt (Grüne) und Vattenfall Anfang Juli schriftlich zu unverzüglichem Handeln aufgefordert.”

“Ich erwarte, dass Minister Schmidt die besondere Schutzwürdigkeit der Binnendüne anerkennt. Es wäre die Pflicht des sächsischen Umweltministers, die Durchsetzung der Paragrafen 4 bis 8 USchadG zu gewährleisten. Ich gehe davon aus, dass Minister Schmidt klar ist, dass für Vattenfall in Sachsen kein Sonderrecht herrscht.”

“Sollten sich die Maßnahmen zum Schutz der Binnendüne zukünftig als unbefriedigend herausstellen, behalte ich mir vor, eine direkte Meldung an die Europäische Kommission abzuschicken”, so der Abgeordnete.

Hintergrund: Im Zuge der Anpassung des deutschen Umweltrechtes an europäischen Umweltstandards – insbesondere der Umsetzung der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. EU Nr. L 143 S. 56) erließ der Bundesgesetzgeber das Gesetz über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (Umweltschadensgesetz – USchadG).

In einer Veröffentlichung des Bundesamtes für Naturschutz wurden die rechtlichen Folgen des USchadG überschlägig definiert:

  • Das Umweltschadengesetz normiert eine öffentlich-rechtliche Verantwortlichkeit für Schädigungen von Gewässern, Böden sowie der Arten und Lebensräume der FFH – und Vogelschutzrichtlinie, die durch berufliche Tätigkeiten hervorgerufen werden.
  • Als Schädigung von Arten und natürlichen Lebensräumen i.S.d. USchadG gilt nach § 19 Abs. 1 S. 1 BNatSchG jeder Schaden, der erhebliche nachteilige Auswirkungen auf die Erreichung oder Beibehaltung des günstigen Erhaltungszustands dieser Lebensräume oder Arten hat.
  • Zur Feststellung eines Biodiversitätsschadens muss somit zunächst im Rahmen der Schadenserfassung ermittelt werden, ob eine unzulässige nachteilige Veränderung von durch das USchadG geschützten Arten und natürlichen Lebensräumen eingetreten ist bzw. einzutreten droht.
  • Sodann gilt es im Rahmen der Schadensbewertung, deren „Erheblichkeit“ zu bewerten. In der Folge ist der Verursacher nicht lediglich zur Gefahrenabwehr durch Vermeidungs- bzw. Schadensbegrenzungsmaßnahmen verpflichtet. Vielmehr hat er für eine Wiederherstellung der geschädigten Ressourcen und Funktionen verschiedene Sanierungsoptionen zu prüfen und Sanierungsmaßnahmen zu ergreifen.

 

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