"Mein Ziel ist, dass Menschen so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden bleiben können und bei Bedarf vielfältige Unterstützung erfahren - von Profis, aber auch von Ehrenamtlichen wie den Alltagsbegleitern oder Nachbarschaftshelfern", erklärte Sozialministerin Barbara Klepsch (CDU) gegenüber der Leipziger Volkszeitung vom 04.01.2016.

Aus Sicht pflegebedürftiger Menschen ist das ein nachvollziehbares Anliegen. Wo aber sollen “Profis” und ehrenamtliche Betreuungskräfte herkommen, die für qualitativ hochwertige und bedarfsgerechte Pflege in Sachsen stehen? Auch wenn Barbara Klepsch im Interview für Sachsen bisher noch keinen Pflegenotstand konstatiert, so treffen doch Faktoren aufeinander, die rechtzeitiges und nachhaltiges Handeln begründen:

Ganz gleich, welche Prognosen man zu Rate zieht, auf der Nachfrageseite bringt demographischer Wandel erhöhten Pflegebedarf mit sich. Die Menschen leben länger und der Anteil älterer Bürger an der Gesellschaft nimmt seit Jahren zu. Ein erhöhter Pflegedarf ist auch mit der Einführung eines neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs zu erwarten, der ab 2017 auch Menschen mit kognitiv-psychischen Einschränkungen gleichberechtigt in den Genuss von Pflegeleistungen bringt.

Auf der Angebotsseite wird der demographische Wandel ebenso spürbar, denn Pflegefachkräfte oder pflegende Familienangehörige werden nicht jünger. Gleichzeitig gestalten sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege bereits heute schon derart schwierig, dass nicht alle freien Stellen besetzt werden können. Abgeschreckt von Niedriglöhnen, hoher Teilzeitquote, personeller Unterbesetzung und der Schwierigkeit, Familie und einen herausfordernden Beruf unter einen Hut zu bringen, wandern Fachkräfte ab, wechseln die Branche oder scheiden noch vor Renteneintritt aus.

“Für die künftige – dringend erforderliche – Fachkräftegewinnung reicht es nicht aus, in Sachsen einen Ausbildungszuschuss zu zahlen oder auf Pflegefachkräfte mit Migrationshintergrund zu setzen. Aus Sicht der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) sind grundlegende Veränderungen angezeigt, die die Attraktivität und das Auskommen in diesem Berufsfeld steigern”, so die Einschätzung und Forderung von Bernd Becker, ver.di Landesbezirksfachbereichsleiter für den Bereich Gesundheit und soziale Dienste.

“Faire tarifliche Entlohnung, die die Verantwortung und das Engagement der Pflegeberufe berücksichtigt, eine hohe Qualität der Pflege, die nur zu erreichen ist, wenn das Pflegepersonal entlastet wird – das sind die Eckpfeiler der ver.di Forderungen an die politisch Verantwortlichen”, so Becker weiter.

“Diese Kriterien sind nur dann realisierbar, wenn es eine bundesweit einheitliche und konkrete Personalbemessung gibt”, so das abschließende Fazit des Gewerkschafters.

Bis die Bundesregierung dieses Vorhaben 2020 in Angriff nimmt, fordert ver.di als Sofortmaßnahme einen Personalschlüssel in stationären Einrichtungen von 1:2, das heißt, eine Pflegekraft für zwei Pflegebedürftige, für den Nachtdienst einen Personalschlüssel von höchstens 1:20.

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