Auf Einladung der Stadt Leipzig hat sich die Deutsche Gesellschaft für Demographie (DGD) zu ihrer diesjährigen Jahrestagung zu aktuellen Herausforderungen der Demographie vom 9. bis 11. März im Neuen Rathaus Leipzig getroffen.

An der Jahrestagung in Leipzig nahmen rund 200 Vertreter aus Wissenschaft, Politik und Verwaltung teil. Die DGD hat erstmals Sachsen für ihre Jahrestagung gewählt, Schirmherr ist der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich. Er hat bei der Eröffnung der Jahrestagung mit Blick auf den demografischen Wandel das Engagement und den Pioniergeist in Sachsen gewürdigt. „Wir sehen vor allem die Chancen“.

Die internationale Dimension der Herausforderungen wurden in den Keynotes des Präsidenten der japanischen Gesellschaft für Demographie, Prof.

Toshihiko Hara, und des niederländischen Demographen Prof. Frans Willekens zur Migration deutlich. Die Sicht der deutschen Administration brachte Dr.

Axel Kreienbrink, Referatsleiter im Forschungsbereich Migrationsforschung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, zum Ausdruck.

Zahlreiche Vorträge zu allen Feldern der Bevölkerungsentwicklung standen auf der Tagesordnung – von der Fertilität über die Migration bis zur Fragen der Gesundheit und Lebenserwartungen, die den aktuellen Stand der bevölkerungswissenschaftlichen Forschungen in Deutschland präsentieren. Den Schlusspunkt setzte ein hochkarätig besetztes Podium, auf dem Prof. Gabriele Doblhammer (Rostock), Prof. Horst Weishaupt (Wuppertal) und Prof. Joachim Ragnitz (Dresden) diskutierten.

Ein zentraler Punkt der Jahrestagung war das Flüchtlingsthema, das auch für die demografische Entwicklung Deutschlands eine wichtige Rolle spielt.

Zu den Fragen

  1. „Wie wird die Flüchtlingskrise Deutschland verändern?“ und
  1. „Neue Familienmodelle, Ausdehnung der Lebensspanne, internationale Zuwanderung – wie funktioniert die Gesellschaft der Zukunft?“

haben wichtige Vertreter der Tagung Statements abgegeben:

Prof. Tilman Mayer, Präsident der DGD

  1. Die Zuwanderung erfolgt ungesteuert. Erwartbar wäre eine Auswahl von Immigranten, wie das richtige Einwanderungsländer praktizieren. Sonst werden die Integrationskosten hoch. Kulturell-friktional dürfte das Zusammenleben nicht leichter werden.
  1. Alterung bleibt das zentrale Thema. Die Lasten für die weniger werdenden Jüngeren wachsen. Weitere Belastungen durch Massenintegrationen komplizieren die Lage.

Bürgermeister Ulrich Hörning, Beigeordneter für Allgemeine Verwaltung der Stadt Leipzig

  1. Deutschland wird bunter. Dabei haben Städte im Osten Deutschlands die große Chance, nicht die Fehler Westdeutschlands der 1970/1980er Jahre zu wiederholen. Diese Veränderung bereitet vielen Menschen Sorge über den Verlust von gewohnten Dingen. Aber unsere offene Gesellschaft ist stark genug, diese Veränderungen zu bewältigen. Wo Sorge in offenen Hass umschlägt, wie bei den „GIDA“ Bewegungen, da ist keinem geholfen.
  1. Der demografische Wandel ist kein Phantom, aber auch kein Schicksal oder kein Heilsbringer. Er ist das Ergebnis souveräner Entscheidungen freier Menschen. Die Gesellschaft der Gegenwart, der nahen und der fernen Zukunft wird dann funktionieren, wenn sie immer wieder neu zu ziviler und friedlicher Verständigung über den Umgang mit diesem Wandel findet. Dabei heißt es oft: Innehalten, nachdenken, durchatmen, miteinander sprechen und dann handeln.

Prof. Joachim Ragnitz, ifo-Institut Dresden:

  1. Sie wird die Gesellschaft spalten. Wir müssen uns auf unruhigere Zeiten einstellen.
  1. Die Gesellschaft der Zukunft wird durch eine noch stärkere Ausdifferenzierung der Lebensmodelle gekennzeichnet sein. Dies kann auch die Konflikte zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen verstärken; dies könnte wiederum eine noch intensivere Moderation durch staatliche Akteure erfordern.

Prof. Gabriele Doblhammer, Universität Rostock

  1. Das bestimmende demografische Thema der Zukunft bleibt die Bevölkerungsalterung – die aktuelle Zuwanderung ändert daran nur wenig. Migration als eine Möglichkeit der Anpassung unserer Gesellschaft an die veränderte Altersstruktur muss unabhängig von Flüchtlingshilfe gedacht werden.
  1. Der Gewinn an gesunden Lebensjahren verlangt nach neuen Lebensmodellen über den gesamten Lebenslauf. Werte und Normen ändern sich und damit auch das demografische Verhalten hin zur Vielfalt in Partnerschaftsformen und Wanderung.

Die Deutsche Gesellschaft für Demographie ist eine politisch unabhängige Vereinigung von Wissenschaftlern, die auf dem Gebiet der Demographie oder in angrenzenden Disziplinen tätig sind, die das Verständnis für demographische Probleme in der Öffentlichkeit fördern will. Beschleunigte Bevölkerungsbewegungen, wie wir sie derzeit infolge der Migration erleben, erfordern empirisch gesicherte Erkenntnisse als Grundlage öffentlicher Planungen.

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