Zu Konsequenzen aus der Sondersitzung des Innen- und Rechtsausschusses zum Fall Al-Bakr erklärt Rico Gebhardt, Vorsitzender der Fraktion Die Linke im Sächsischen Landtag: Gestern wurde deutlich: Die Sicherheitsbehörden reden bundes- und landesweit von einer möglichen islamistischen Terrorgefahr. Aber offenbar ist bisher noch niemand auf die Idee gekommen, sich konkret damit zu beschäftigen, was das praktisch bedeutet, wenn ein Polizist oder eine Beschäftigte des Justizvollzugs mit so einem Tatverdächtigen direkt zu tun haben.

Der vom Fall Al-Bakr direkt betroffene Rolf Jacob, Chef der JVA Leipzig, ist ja zugleich Vorsitzender der Bundesvereinigung der Anstaltsleiter und Anstaltsleiterinnen im Justizvollzug e.V. Herr Jacob musste nun einräumen, dass es bisher weder Debatte noch Austausch zum Thema Umgang mit Tätern bzw. Tatverdächtigen aus diesem Bereich gegeben hat. Das kann nicht beruhigen.

Ebenso wenig beruhigend ist die Darstellung der gescheiterten Festnahme des mutmaßlichen IS-Terroristen in Chemnitz. Dass der von der Polizei angerufene Tatverdächtige „No, no, no“ gerufen hat, ist aus unserer Sicht noch kein ausreichender Nachweis, dass er das Gesagte wirklich verstanden hat. Ganz zu schweigen von dem Problem, was passiert wäre, wenn Al-Bakr etwas auf Arabisch gerufen hätte. Auf diese Kommunikationssituation war man hier ebenso wenig vorbereitet wie bei der Fahndung. Es ist doch ein Unding, dass der Fahndungsaufruf von den sächsischen Sicherheitsbehörden nicht auch auf Arabisch verbreitet wurde. Umso verdienstvoller bleibt das Wirken all der syrischen Mitbürger, die durch Veröffentlichung des Aufrufs auf Arabisch sowie Festhalten und Melden des Verdächtigen für einen erfolgreichen Abschluss der zunächst gescheiterten Polizeiaktion gesorgt haben.

Auch im Fall Al Bakr hat sich die Unart des sächsischen Regierens unter CDU-Regie gezeigt: Zunächst wurde alles schöngeredet, beschwichtigt und hochgelobt, wo doch ganz offensichtlich schon Selbstkritik am Platz gewesen wäre. Erneut tauchte der Ministerpräsident wie gewohnt weitgehend ab. Gestern in der Sondersitzung des Rechts- und Innenausschusses kam es nun unter dem Druck von Opposition und Öffentlichkeit zu einer späten Kehrtwende. Beide Minister räumten Fehler ein. Aus unserer Sicht ist der noch bestehende Aufklärungsbedarf bezüglich der Polizeimaßnahmen erheblich größer als zu den Vorkommnissen in der JVA. Es ist erfreulich, dass auch die Koalitionsfraktionen bereit sind, an der weiteren Aufklärung mitzuwirken und die Anträge bei der Sondersitzung noch nicht abschließend abgestimmt worden sind.

Wir sehen jetzt den Ministerpräsidenten am Zug, dem Landtag in einer Regierungserklärung  klar zu machen, wie eine Fortsetzung des zutage getretenen Staatsversagens in Sachsen – nicht nur beim Thema Sicherheit und Ordnung, sondern auch in der Bildungspolitik – für die Zukunft ausgeschlossen werden kann.

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