Hunderttausende Menschen mussten in den vergangenen Jahren ihre Heimat verlassen – darunter auch Akademiker und Wissenschaftler. In Deutschland dürfen sie ihren Beruf nicht ohne weiteres ausüben. Hochqualifizierte Geflüchtete haben daher kaum Möglichkeiten, sich mit anderen Experten zu vernetzen und auf Augenhöhe auszutauschen. Deshalb lädt die Initiatorin des vor zwei Jahren gegründeten Online-Portals „Chance for Science“, Prof. Dr. Carmen Bachmann von der Universität Leipzig, am 15. September zu der Tagung „Akademiker auf der Flucht“ ein. Im Mittelpunkt stehen geflüchtete Wissenschaftler und Akademiker sowie ihre Forschungsgebiete.

Die Tagung gibt ihnen die Möglichkeit, sich mit anderen Forschern zu vernetzen und sich über neueste wissenschaftliche Erkenntnisse auszutauschen. Sie stellen ihre umfangreiche Expertise in Kurzvorträgen und Poster-Präsentationen vor und zeigen damit, welche Potenziale sie Unternehmen, wissenschaftlichen Einrichtungen und Forschungsinstituten sowie für einen Austausch auf fachlicher Ebene bieten können. „Mir ist es wichtig, dass die Geflüchteten selbst zu Wort kommen und zeigen, was sie können. Bei dieser Tagung werden nicht Experten über ein ‚Flüchtlingsproblem‘ sprechen, sondern geflüchtete Akademiker über ihr Fachgebiet“, sagt Bachmann, die Professorin für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre ist. So werde beispielsweise ein Wissenschaftler aus dem Irak darüber berichten, wie Pflanzen genetisch verändert werden, damit sie weniger Wasser brauchen und in der Wüste überleben können. Ein Syrer, der mit einem Stipendium an der Veterinärmedizinischen Fakultät der Universität Leipzig forscht, stellt sein Projekt vor. Es befasst sich mit einer Virusinfektion, die an der Haut von Mensch und Tier vorkommt und deren Wechselwirkung mit dem Immunsystem der Haut in weiten Teilen noch unklar ist.

„Gerade für die geflüchteten Wissenschaftler ist es wichtig, sich mit ihrem Fachgebiet weiterhin intensiv zu beschäftigen. Sonst droht ihnen – und der Gesellschaft – der Verlust ihres Wissens“, erklärt Bachmann, die die Plattform Chance for Science ehrenamtlich betreut. Sie führt durch die Veranstaltung. Das Grußwort hält die Sächsische Staatsministerin für Gleichstellung und Integration, Petra Köpping. Ergänzend zu den Referaten diskutieren Ralf Rangnick, Sportdirektor des Bundesligisten RB Leipzig, und Prof. Dr. Bachmann gemeinsam in einem Podiumsgespräch die Vorteile von Diversity für Unternehmen und Organisationen. „Ich möchte ihn unter anderem fragen, wie ausländische Fußballspieler aus so vielen verschiedenen Kulturen erfolgreich in die Mannschaft integriert werden“, erläutert Bachmann. Sie erwartet zu der Tagung mehr als 100 Teilnehmer – geflüchtete und deutsche Akademiker.

Vor zwei Jahren hat die Professorin die Plattform www.chance-for-science.de eingerichtet, um geflüchteten Wissenschaftlern den Zugang zur Wissenschaft und zu Kollegen, die in Deutschland forschen, zu erleichtern. Auf dem Portal können geflüchtete Wissenschaftler, Akademiker und Studierende deutscher Hochschulen sowie weiterer wissenschaftlicher Institutionen entsprechend ihrer Fachrichtung Profile mit Angaben zur bisherigen Forschungstätigkeit erstellen. Im Stil eines sozialen Netzwerks besteht die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme. Seither haben sich mehr als 600 inländische und aus dem Ausland nach Deutschland geflüchtete Spezialisten auf dem Portal angemeldet. Bachmann, die unter anderem mit Flyern in Flüchtlingsunterkünften für ihr Projekt geworben hat, konnte bereits mehrere Workshops zur Orientierung geflüchteter Akademiker in der deutschen Hochschullandschaft organisieren. Hierfür wurden im Jahr 2017 Finanzmittel vom Freistaat Sachsen eingeworben. Sie stellte ihre Initiative auch in mehreren renommierten Zeitschriften vor und hat ein breites internationales Medienecho ausgelöst.

Termin:
15.09.2017, 09:00 Uhr bis 17:30 Uhr
Mediencampus Villa Ida
Poetenweg 28
04155 Leipzig

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