Nachdem der Auftstellungsbeschluss zum sogenannten wassertouristischen Nutzungskonzept (WTNK) bei der letzten Stadtratssitzung vertagt wurde, steht das Thema wohl am 7. Oktober bei der nächsten Stadtratssitzung erneut an. Die Stadträte sind aufgefordert und wurden durch die Vertreter/-innen der Stadtverwaltung und des Grünen Rings auch ausreichend darauf „vorbereitet“, die Aufstellung des WTNK als verbindlich zu berücksichtigende städtebauliche Planung abzusegnen und damit den Weg weiter zu ebnen in Richtung Massentourismus auf nahezu allen Fließgewässern und Seen im Raum Leipzig.

Das WTNK umfasst weit mehr als 100 Einzelprojekte, teils kleinere wie neue Steganlagen oder Umtrageeinrichtungen, aber auch Großprojekte wie neue Kanäle zwischen Weißer Elster und Zwenkauer See, Pleiße und Markkleeberger See (sogenannte Wasserschlange) oder den Weiterbau des Saale-Elster-Kanals. Allen kleinen wie großen Einzelprojekten ist eines gemeinsam: Das Ziel, noch mehr Boote, natürlich auch viele Motorboote und Fahrgastschiffe, auf allen sieben sogenannten Kursen des WTNK fahren zu lassen.

Nicht nur der sog. Kurs 1 mit dem „Nadelöhr“ Floßgraben soll noch stärker mit Booten zernutzt werden – und natürlich soll der Floßgraben dann wieder regelmäßig „gekrautet“, also die wertvolle natürliche Unterwasservegetation gemäht werden -, sondern auch bislang ruhigere Fließe wie Untere und Odere Weiße Elster sollen mit wassertouristischer Infrastruktur überzogen werden. „Lenkung“ heißt das dann in der WTNK-Fachsprache.

Alleine dieses Ansinnen erscheint bereits grotesk, sieht man an schönen Wochenenden in der Satdtelster oder auch auf der Pleiße bereits überdeutlich, dass die Belastungsgrenzen für die Natur und auch für die erholungssuchenden Paddler bereits überschritten sind. Ziele müsste es doch sein, den Nutzungsdruck auf den Gewässern zu mindern anstatt den endgültigen Wasserverkehrsinfarkt einzuleiten.

Durch ein Planungsbüro aus Herne (Ruhrgebiet) werden derzeit schon naturschutzfachliche Unterlagen wie FFH-Verträglichkeitsuntersuchungen, artenschutzrechtlicher Fachbeitrag und ein Beitrag zur Wasserrahmenrichtlinie verfasst. Man braucht nicht allzu viel Fantasie aufzubringen um zu erkennen, dass für viele geschützte und gefährdete Lebensräume und Arten erhebliche Beeinträchtigungen zu prognostizieren sind, darunter so schillernde Vertreter der Vogelwelt wie der Eisvogel oder die Fischart Bitterling.

Durch das Instrumentarium des städtbaulichen Plans soll ein hartes Fundament errichtet werden, um in den anschließenden Verfahren allen diesen Projekte entscheidend zur Genehmigung zu verhelfen. Denn ansonsten würde man dieses Instrumentarium sicherlich auch nicht einzusetzen versuchen.

Und daher fordern wir, der Verein Natur und Kunst Leipziger Auwald (NuKLA e.V.), ein entschiedenes Nein zum massentouristischen Ausverkauf unserer Gewässer und somit ein klares Nein zum WTNK und eine völlige Neuausrichtung auf eine ökologische Gewässerentwicklungsplanung hin, die die so wertvollen Naturschätze unserer Gewässer und Aue zu bewahren hilft und für die Leipziger Bürger und deren Kinder und Enkel eine gesunde Naherholung garantiert.

Die Leipziger Umweltverbände haben den Runden Tisch, bei dem nur eine Pseudobeteiligung vorgesehen war, vor rund einem Jahr verlassen, NuKLA als erster, die anderen Verbände sind dann nach sieben Monaten gefolgt, und auch der Kreisverband der Grünen hat im September 2018 und dann jüngst im August 2020 ein Moratorium für das WTNK gefordert. Eine gute und logische Forderung, denn natürlich muss zunächst das Auenentwicklungskonzept fertig gestellt und verabschiedet sein, bevor überhaupt weiter über Möglichkeiten einer angepassten Nutzung nachgedacht wird.

Nach dem dritten Dürrejahr hintereinander – ja, die Klimakrise ist angekommen! – sieht jeder, wie Aue und Gewässer leiden. Es fehlt schlicht das Wasser. Und so kann es nicht sein, dass gewässertouristische Planungen von gestern und vorgestern unbeirrt weitergeführt werden.

Die Stadträte, die für Klimanotstand und Auenenetwicklungskonzept gestimmt haben – Gut so! -, können nun entscheiden, und diese Entscheidung wird ein wichtiges Momentum für die Zukunft unserer Gewässer sein: ein Ja für das WTNK und den rücksichtslosen Ausverkauf unserer Gewässerlandschaft und Aue oder ein Nein zum WTNK und damit ein Ja für unsere Naturschätze und eine behutsame Entwicklung unserer Gewässer im Einklang mit Natur und Landschaft.

NuKLA ist überzeugt: Wer Klimanotstand beschließt, kann nicht WTNK beschließen, ohne sich selbst der Scheinheiligkeit zu überführen.

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