Da hatten einige Fraktionen im Leipziger Stadtrat berechtigte Zweifel, als OBM Burkhard Jung im Mai das 150-Millionen-Euro-Schulpaket durch die Gremien schickte. In der Diskussion zu diesem Paket am 27. Juni meldete sich auch SPD-Stadtrat Andreas Geisler zu Wort und fragte sich verwundert, warum ausgerechnet draußen an der Neuen Messe zwei weiterführende Schulstandorte geplant seien. Kaum eine Woche später meldete das Liegenschaftsamt Kaufvollzug. Zumindest für die Oberschule.

„Ein paar ehrliche Worte zu einem Gymnasium im Norden: Zwei weiterführende Schulen so nah an die Neue Messe zu bauen, wo es keinerlei Bauplätze oder Bauentwicklung mehr gibt und wo ringsum durch Sachsenpark, Messe, Bundesstraße, Autobahn und Gewerbeflächen kein Wohnungsbau zu erwarten ist und wo es keine tangentialen Buslinien gibt, ist Wahnsinn“, hatte er in seiner Stadtratsrede am 27. Juni erklärt.

„Nördlich der Max-Liebermann-Straße bis hin zur Endstelle der Straßenbahnlinie 4 zum Beispiel, da wäre man immer noch im Norden und in diesem Bereich sollte ein Gymnasium für den Leipziger Norden gebaut werden.“

Dass die alte Oberschule Wiederitzsch deutlich erweitert für 1.750 Schülerinnen und Schüler an die Messe-Allee kommt, findet er nachvollziehbar. Der Schritt sei überfällig und zu begrüßen, dass die Stadt zügig handelt und Flächen für Schulstandorte ankauft.

„Der Ersatzneubau für die Oberschule in Wiederitzsch an der Messeallee ist überfällig, damit die Grundschule auch mehr Platz hat“, erklärt Andreas Geisler, Stadtrat aus Leipzig Nordwest. Aber es sollen ja irgendwo im Norden auch gleich noch zwei Gymnasien gebaut werden. Und irgendwie scheint auch dafür das Areal an der Neuen Messe im Gespräch zu sein.

Etwas, was Ute Köhler-Siegel, schulpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, nicht nachvollziehen kann: „Der Standort Messeallee ist unserer Meinung nach nicht geeignet, um dort ein Gymnasium zu errichten. Jedes Jahr zeigt sich, dass sich einige Schulen offensichtlich an weniger attraktiven Standorten befinden, denn dort melden sich immer deutlich weniger Schüler an, als es vorhandene Plätze gibt.

Und nun will die Stadt einen weiteren Schulstandort an einer noch weiter abgelegenen Stelle bauen. Deshalb wurde in der letzten Ratsversammlung, im Rahmen der Beschlüsse für die Sammelvorlage, unser Änderungsantrag beschlossen, welcher die Stadtverwaltung beauftragt, für den Neubau eines 5-zügigen Gymnasiums im Leipziger Norden verschiedene Grundstücksalternativen zu prüfen und dem Stadtrat vorzulegen.“

Und auch Andreas Geisler hält es für Unfug, das eine Gymnasium nun ausgerechnet auch noch an der Neue Messe zu platzieren. Denn für die meisten Schüler wäre das eine elend lange Anreise mit Straßenbahn oder S-Bahn. Und sie wären dort quasi im Nirgendwo abgestellt – in einer von Bürotürmen dominierten Landschaft an der Autobahn.

Man ahnt schon, dass hinter der Grundstücksuche der Stadt einige Verzweiflung steckt und dass sich der Unwille, die Liegenschaftspolitik zu ändern, jetzt, wo die Grundstücke dringend gebraucht werden, rächt. Denn von Flächenbevorratung redet die Ratsversammlung seit über zehn Jahren – nur irgendwie wurde das bis vor kurzem niemals strategisches Handlungskonzept im Liegenschaftsamt.

Dass man jetzt auf Standorte ausweichen will, die nicht funktionieren können, findet Andreas Geisler schon besorgniserregend.

„Zwei weiterführende Schulen so nah an die Neue Messe zu bauen, wo es keinerlei Bauplätze oder Bauentwicklung mehr gibt, wo ringsum durch Sachsenpark, Messe, Bundesstraße, Autobahn und Gewerbeflächen kein Wohnungsbau zu erwarten ist, ist Wahnsinn“, wiederholt er seine Worte aus der Stadtratsdebatte. „Nördlich der Max-Liebermann-Straße, bis hin zur Endstelle der Straßenbahnlinie 4 sollte ein Gymnasium zum Beispiel für den Leipziger Norden gebaut werden.

Schließlich entstehen dort heute schon Wohnhäuser in den alten Kasernenanlagen, weshalb dort auch Schüler wohnen werden. Im Gegensatz zu dem Standort nahe der Messe gibt es oberhalb der Max Liebermann Straße und auch zwischen dem alten Stadtgebiet und den eingemeindeten Ortsteilen noch Flächenpotentiale, wo die Stadt in den kommenden Jahren noch Wohngebiete ausweisen und damit Lücken schließen kann. So würden auch endlich Narben der Eingemeindungen geschlossen.“

Der Stadtrat tagt: Zusätzliche Schulkapazitäten beschlossen – massive Kritik

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