Wie weiter im Norden des Leipziger Ostens? In jenem Gebiet, das noch heute von seiner engen Verbindung mit der Bahn und dem Gleisvorfeld des Hauptbahnhofs berichtet, das heute aber eher aussieht wie ein Fransenteppich mit Löchern. Auch hier könnte doch endlich eine ordentliche Bauleitplanung dafür sorgen, dass dieses Gebiet zu einem lebendigen Teil der Stadt wird, beantragte die Grünen-Fraktion im Juni. Jetzt bekommen die Grünen Schützenhilfe von der CDU-Fraktion, auch wenn alles ein bisschen komplizierter ist.

Im September hatte das Dezernat Stadtentwicklung und Bau seine Stellungnahme zum Grünen-Antrag geschrieben, in der es darauf einging, dass das Gebiet zwar irgendwie so aussieht, als könnte man es ganzheitlich entwickeln. Doch allein schon durch unterschiedlichste Besitzverhältnisse ist es völlig zerstückelt, ein „heterogenes Gebiet mit unterschiedlichen Entwicklungspotenzialen in seinen einzelnen Teilbereichen“.

Aber das Grundanliegen lehnte die Verwaltung nicht ab: „Dem antragsgemäßen Ansinnen einer geordneten wie strategisch gesteuerten städtebaulichen Entwicklung zur Umsetzung der städtischen Interessenlagen wird allgemein zugestimmt.“

Zu einzelnen Teilstücken gibt es auch schon einzelne Bauleitverfahren. Bei den Puzzle-Stücken dazwischen aber werde es schwierig, so das Planungsdezernat: „Allgemein bestehen für die Durchführung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme planungsrechtliche Voraussetzungen, deren Erfüllung entsprechender Nachweise bedarf. Mit einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme geht u. a. eine enteignungsrechtliche Vorwirkung einher. Dabei unterliegt die Entwicklungsmaßnahme als Eingriff der öffentlichen Hand in verfassungsmäßig geschützte Rechte dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. D. h. sie kann daher nur zur Anwendung kommen, wenn nicht ein milderes Mittel zur Verfügung steht, welches den Einzelnen weniger belastet, um das angestrebte Ziel zu verwirklichen.“

Für den Bereich „Torgauer Platz und nördlich bis zur Bahntrasse“ wurde sogar schon „eine Beschlussvorlage zur Satzung über ein besonderes Vorkaufsrecht vorbereitet“, so das Planungsdezernat. „Sie soll in Kürze im Stadtrat behandelt werden. Die Satzung soll dazu dienen, bei einer Flächenveräußerung das Vorkaufsrecht ausüben und diese erwerben zu können, um die Umsetzung städtischer Ziele zu sichern.“

Ein Problem, das Leipzig ja auch schon von anderen Brachflächen kennt: Wenn so eine Satzung nicht existiert und genau definiert, was die Stadt auf der Fläche bauen will (und bauen muss), hat sie kaum Chancen, das Vorkaufsrecht auszuüben.

Worum geht es am Torgauer Platz?

„Aktuell wird eine Vorlage für die Aufstellung des künftigen Bebauungsplans Nr. 458 ,Torgauer Platz‘ vorbereitet. Die Zielstellung des Verfahrens besteht darin, Planungsrecht für die Realisierung eines modernen Schulcampus mit einer 5-zügigen Grundschule und einer 4-zügigen Oberschule zu erlangen. Mit der Planung wird dazu beigetragen, die mittelfristig notwendigen Kapazitäten an Schulinfrastruktur im Leipziger Osten bereitzustellen.“

Kein Wunder, dass die Grünen den Eindruck hatten, dass in diesem Gebiet nichts passiert. Die Vorlage zählt eine ganze Reihe solcher Pläne auf, an denen die Stadt gerade arbeitet.

Wobei eine Planung seit 2012 ruht – nämlich ausgerechnet die zum Gebiet zwischen Mariannenstraße und Schulze-Delitzsch-Straße, wo sich die Volksmarsdorfer einen Stadtteilpark mit Spielplatz wünschen.

„In diesem Teilgebiet wurde im Jahr 2010 das Bebauungsplanverfahren Nr. 374 ,Stadtteilpark Volkmarsdorf und Umgebung‘ eingeleitet. Das Planverfahren ruht seit 2012“, so das Planungsdezernat. Auch weil die Fläche für Kompensationspflanzungen in Form eines Stadtwaldes für den City-Tunnel vorgesehen ist.

„Die Zweckbestimmung des Planfeststellungsbeschlusses muss unangetastet bleiben. Eine Weiterführung des Planverfahrens mit Zielsetzung Stadtteilpark inkl. Spiel- und Aufenthaltsfunktionen (Antrag VII-A-00229) steht den Inhalten des Planfeststellungsbeschlusses teilweise entgegen und würde eine Änderung des Planfeststellungsbeschlusses in den betroffenen Teilen voraussetzen.“

Da das Planungsdezernat hier also an mehreren Stellen plant oder geplant hat, schlägt es als Alternative zum Grünen-Antrag vor: „Der Oberbürgermeister wird beauftragt, bis Jahresende 2020 einen detaillierten Sachstandsbericht über die bereits laufenden oder in Vorbereitung befindlichen Aktivitäten der Stadtverwaltung vorzulegen. Darin sind im Ergebnis von planerischen Überlegungen geeignete konkrete Handlungsempfehlungen zur künftigen Steuerung der städtischen Interessen im betroffenen Gebiet zu benennen und zu erläutern.“

Was aber selbst der CDU-Fraktion zu wenig war, wo man sehr wohl mitbekommen hat, wie schnell clevere Investoren, wenn sie nur merken, dass die Stadt Interesse an bestimmten Flächen hat, diese der Stadt regelrecht vor der Nase wegkaufen. Mit dem Ergebnis, dass auf diesen Flächen dann jahrelang einfach nichts passiert und die Stadt Leipzig immer verzweifelter nach verfügbaren Flächen für das sucht, was die Stadt unbedingt bauen muss.

Weshalb die Beschlussvorschläge der CDU-Fraktion recht deutlich klingen:

„Der Oberbürgermeister prüft im Gebiet Lagerhofstraße, Brandenburger Straße, Rosa-Luxemburg-Straße, Schulze-Delitzsch-Straße, Hermann-Liebmann-Straße, Mariannenstraße, Benniger Straße und Torgauer Straße den Bedarf, einen oder mehrere Bebauungspläne aufzustellen. Hierbei soll auch die Einbindung des Parkbogenendes sowie die Sicherung und Entwicklung innerstädtischer Gewerbefläche eine deutliche Berücksichtigung finden. Der Oberbürgermeister wird beauftragt, umgehend einen Satzungsbeschluss über ein besonderes Vorkaufsrecht gemäß § 25 Abs. 1 Nr. BauGB für das im Beschlusspunkt 1 genannte Gebiet herbeizuführen.“

Was die CDU-Fraktion auch ziemlich dringlich begründet, denn so langsam droht Leipzig ja tatsächlich zu Tummelplatz von allerlei Spekulanten zu werden, die sich die besten Flächen unter den Nagel reißen, ohne auch nur daran zu denken, darauf irgendetwas zu bauen.

„Dieses Gebiet ist ein großes Areal im Leipziger Nordost/Ost und kann helfen, bei nutzungsgemischter Bebauung die Entwicklung der Quartiere nachhaltig zu prägen und zu fördern. Dabei muss aber auch bedacht werden, wie sich dieses Areal als Zwischenstück in die nördlich und südlich bestehenden Stadtteile eingliedert. Ob und wie hier mit einem oder mehreren Bebauungsplänen agiert werden sollte, muss dringend geprüft werden. Hier soll die Stadtverwaltung einen Vorschlag bis Ende 1. Quartal 2021 einbringen“, betont die CDU-Fraktion.

„Die Stadtverwaltung soll spekulative Käufe stoppen, indem sie selber die Grundstücke im Rahmen des Vorkaufsrechtes erwirbt. Hierfür müssen die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen werden und das Budget für strategischen Flächenankauf im HH angepasst werden.“

Das sind wirklich deutliche Töne. Und auch der Verweis auf den nördlichen Teil des Parkbogens Ost ist nicht unbegründet. Denn hier soll demnächst ja das nächste Teilstück gebaut werden, sodass die Radfahrer hier vom Bahndamm herunter und in Richtung Hauptbahnhof fahren können.

Das Planungsdezernat kündigte dazu an: „Das Gebiet steht in enger räumlicher Verflechtung mit dem Projekt des ,Parkbogen Ost‘ und ist im neuen Antrag für das Bundesprogramm ,Nationale Projekte des Städtebaus‘ enthalten. Ein Neuantrag für zusätzliche Fördermittel, mit denen die weitere Realisierung des Parkbogen Ost ermöglicht werden soll, wurde in der ersten Phase bestätigt. Über die Umsetzung des Projektes sind wichtige Impulse für die einzelnen Quartiere zu erwarten.“

Da kann man nur hoffen, dass auch die nötigen Grundstücke gesichert sind.

Es sieht nämlich ganz so aus, als ticke die Uhr und der Stadtrat wäre gut beraten, hierzu am 11. November einen klaren Beschluss zu fassen.

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