Es lohnt sich zu kämpfen. Auch und gerade dann, wenn andere schon die Flinte ins Korn werfen. Und erst recht dann, wenn eine Idee gut ist. Das erleben gerade all jene, die sich seit Monaten um das Überleben der Leipziger Frauenbibliothek MonaLiesa bemühen. Der alte Trägerverein ist zwar in die Insolvenz geschlittert. Aber das Projekt muss weitergehen, sagten sich auch die fünf Mitstreiterinnen des Lotta e.V.

Sie waren selbst mit dieser einzigartigen Leipziger Bibliothek aufgewachsen, die im Lauf der Zeit über 30.000 Medien rund um das Thema Frauen und Genderpolitik gesammelt hat. Die bisherige Vereinsarbeit des Lotta e.V. mit Schreib- und Zineworkshops sowie Lesungen und Diskussionsveranstaltungen hatte ganz ähnliche Themen im Blick. Denn auch wenn Manchem die gute Alice Schwarzer mittlerweile schon etwas älter und kampfmüde vorkommt – die Fragen sind auch im Jahr 2014 noch dieselben wie 1991 in der Startzeit der MonaLiesa und 1968, als die Frauenemanzipation im Westen auf die Tagesordnung kam.

Aber was passiert, wenn der Trägerverein einer so einzigartigen Bibliothek zur Frauenbewegung ins Schleudern gerät? Erst recht, wenn die Alarmzeichen zu spät wahrgenommen werden, dass am Ende der Insolvenzverwalter das Sagen hat? Entsorgt man das einfach?

Nicht wirklich. Eine ganze Reihe engagierter Frauen vor allem arbeiten seit Monaten an einer Lösung. Eine zeichnet sich jetzt ab. Der Lotta e.V. übernimmt die Bibliothek. Was nicht ganz einfach ist. Denn quasi liegt sie als Pfand nun beim Hausvermieter, dem Haus der Demokratie e.V., denn durch die Insolvenz sind jetzt mehrere Mieten ausständig.

Verhandelt wurde auch über die Fördersumme, die der Stadtrat 2013 dem MonaLiesa e.V. für 2014 bewilligt hatte – 20.100 Euro. Das hört sich nur beim ersten Mal nach viel Geld an. Aber davon hätte auch eine halbe Stelle bezahlt werden müssen, Miete, Veranstaltungen, Material. Beim genaueren Nachrechnen merkt man schnell, dass diese Förderung der Stadt sowieso schon knapp bemessen war. Da ist es eher erstaunlich, dass der Verein mit seinen gemütlichen Bibliotheksräumen unterm Dach des Hauses der Demokratie so lange überlebt hat. Mit Ach und Krach am Ende.

Was gefehlt hat, ist klar: Das Sahnehäubchen obendrauf, das man so landläufig Co-Finanzierung oder Drittmittel nennt oder gar Fundraising oder gar Sponsoring. Welcher Sponsor fällt einem da in Leipzig ein, der den Mumm hätte, eine derart unangepasste Bibliothek zu finanzieren? Oder ist nur die Stadt in der Pflicht?

Die stöhnt sowieso schon, denn immer dann, wenn Bund oder Land oder andere “Drittmittelgeber” in ihrer nonchalanten Art ihre Förderaktivitäten mal wieder einschränkten oder ganz einstellten, sprang oft genug die Stadt ein. Die Vereine in Leipzig können ein Lied davon singen. Auch von den dramatischen Vorgängen, als auch noch die Förderung für ABM und andere “Maßnahmen” einfach gestrichen wurde, weil die klugen Regierenden der Meinung sind, alle Geförderten gehörten unbedingt in den “ersten Arbeitsmarkt”. Der zweite sei sowieso kein “Eingliederungsinstrument”. Da haben sich auch Parteien weggeduckt, von denen man mehr Sachverstand erwartet hatte.

Der MonaLiesa e.V. war nicht der einzige Leipziger Verein, der sich so gerupft durch die Brandung bewegte.

Wie aber kann der Lotta e.V. das Schiff wieder flott bekommen? – “Im ersten Schritt über Spenden”, sagt Marie Goldt vom Lotta e.V. Und sie ist zuversichtlich, denn in den Frühjahrskämpfen um die wichtige Bibliothek haben sich tatsächlich erste Spender gemeldet, die mitmachen würden. Wenigstens für den Start, damit sich die Türen der Bibliothek wieder öffnen.

“Aktuell gehen wir in die Mietverhandlungen”, erzählt Marie Goldt. “Rolf Schumann, der Geschäftsführer des Hauses der Demokratie, möchte die Bibliothek gern im Haus behalten.” Man hatte also das gleiche Ziel, auch wenn noch wichtige Fragen zu klären sind: Die Bibliothek muss übernommen werden – was wird das kosten? Noch ist sie Pfand. Und was passiert mit den ausstehenden Mieten? Ist sie überhaupt vollständig? Sind alle Bücher da?

Ein bisschen Geld bekommt der Lotta e.V. von der Stadt. Aber nicht die vollen 20.100 Euro. “Die Summe wurde neu verteilt und fast 20 Vereine haben sich beworben”, erzählt Marie Goldt. “Wir sind froh, dass wir 3.600 Euro aus dem Topf bekommen haben.” Aber das Geld steht nicht für Miete oder Personal zur Verfügung, sondern ist für Projekte vorgesehen. Um wieder loszulegen, braucht es also tatsächlich Spender und Spenderinnen, die den Neustart unterstützen. “Wenigstens die Zeit bis Jahresende”, erzählt Marie Goldt. Im Juni möchte der Lotta e.V. gern starten – den Bestand erfassen, ein bisschen aufräumen. Die Arbeit der Mädchenbibliothek wird so in der MonaLiesa nicht wieder aufgenommen. “Das haben sowieso schon andere Vereine übernommen.”

Bleiben also 20 Schlafsäcke übrig, in denen einige Mädchenjahrgänge ihre ersten Literaturabenteuer erlebten. Die Bücher der Mädchenbibliothek stapeln sich noch zwischen den Regalen der MonaLiesa.

Ein attraktives Veranstaltungsprogramm soll es im Herbst geben, um die Bibliothek und ihr Anliegen wieder in die Öffentlichkeit zu tragen. Ab September, so hofft Marie Goldt, soll die MonaLiesa wieder regelmäßige Öffnungszeiten bekommen. Ehrenamtlich abgedeckt natürlich. Aber das hält auch ein Lotta e.V. nicht dauerhaft durch. Mittelfristig muss also auch wieder geklärt werden, ob und wie man eine (halbe) Stelle schafft. Das, was auch anderswo fehlt, wenn es um Buchhaltung, Organisation, Finanzkram usw. geht.

Also geht es jetzt erst einmal ans Geldsammeln und jede und jeder, denen die Frauenbibliothek ein Anliegen ist, ist jetzt zum Spenden aufgerufen. Der Lotta e.V. hat den Spendenaufruf bei betterplace.org eingestellt: 5.000 Euro werden für die Miete gebraucht, 2.000 Euro für die Auslöse der Bibliothek.

Wer mitmachen will, findet alle Angaben hier:

www.betterplace.org/de/projects/19508-rettet-die-monaliesa

Auch die Website der MonaLiesa soll künftig wieder aktiviert werden. Noch schlummert sie hier:

http://monaliesa.wordpress.com

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