Etwa 40 Männer und auch ein paar Kinder haben sich am Samstag, 27. August, um 12 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz versammelt, um für ihr Heimatland zu demonstrieren. Sie halten Bilder von Verwandten hoch und schwenken Fahnen. Auf ihren Plakaten steht „We want freedom“ oder „EU act now“. Es sind keine Syrer oder Palästinenser, die hier demonstrieren. Es sind Belutschen aus Pakistan.

Sie zeigen die Bilder ihrer Verwandten, weil sie von der Pakistanischen Armee verschleppt worden sind und sie schwenken die Flagge Belutschistans. „Belutschistan ist nicht Pakistan“, erklärt Jawad Muhammad, der Organisator der Demonstration. „Wir wollen internationale Aufmerksamkeit für die Menschenrechtsverletzungen, die in Belutschistan geschehen“, so Muhammad weiter. Er lebt seit zwei Jahren in Leipzig und kämpft hier im Exil für die Unabhängigkeit Belutschistans.

Seit sich die Briten 1947 als Kolonialherr zurückgezogen haben, ist die Provinz Belutschistan offiziell von Pakistan annektiert. Nur wenige Nachrichten dringen aus dem kaum entwickelten Land nach außen. Das Militär kontrolliere die Bevölkerung mit Gewalt, berichtet Muhammad. Täglich würden Menschen verschwinden, Opposition oder gar separatistische Bestrebungen werden streng verfolgt. Die Lage für die Zivilbevölkerung ist ernst. Amnesty International prangert bereits seit Jahren massive Menschenrechtsverletzungen in Belutschistan an.

Das Hoffen auf Hilfe durch die UNO, Deutschland und Indien. Foto: Jonas Nayda
Das Hoffen auf Hilfe durch die UNO, Deutschland und Indien. Foto: Jonas Nayda

Die Pakistanische Regierung profitiert unterdessen bis heute von den Bodenschätzen, die in Belutschistan zu finden sind und da die Belutschen im gesamten Land eine Bevölkerungsminderheit sind, wird sich die Situation kaum von selbst entschärfen. Deshalb stehen die etwa 40 Männer heute in Leipzig und demonstrieren. Sie rufen „where are you UNO?“ und „wir wollen Freiheit!“. Zurück in ihre Heimat können sie nicht. Dort werden sie bedroht.

Die Demonstration stößt nicht überall auf Verständnis. Hans Werner Müller aus Baden-Württemberg, der zurzeit einen Kurzurlaub in Leipzig macht findet, dass es Flüchtlingen in Deutschland zu gut gehe. „Sie sollen drüben bei sich etwas machen, wir können ihnen nicht helfen“, sagt er. Was Müller nicht zu wissen scheint: Deutschland unterstützt die Pakistanische Regierung mit mehreren Millionen Entwicklungshilfe. In Belutschistan komme davon allerdings kaum etwas an, berichtet Muhammad. Im Gegenteil, „die Pakistanische Regierung unterdrückt uns Belutschen und die Vereinten Nationen schauen weg“, sagt Muhammad. Der für Deutschland weitgehend durchgesetzte Minderheitenschutz ist in Pakistan demnach nicht zu finden.

Ein Land, das nicht wegschaut, ist Indien. Der große Nachbar Pakistans hat angekündigt, sich für Belutschistan einsetzen zu wollen. Hier geht es auch um wirtschaftliche Interessen. Pakistan verhandelt mit China um großflächige Investitionen und stellt sogar einen direkten Weg in den indischen Ozean in Aussicht. Indien würde von einem geteilten Pakistan profitieren und begrüßt separatistische Bewegungen in Belutschistan.

Jawad Muhammad plant noch weitere Aktionen in Deutschland und in Europa. Er hat sich an Amnesty International gewandt und möchte die Bundesregierung auf Belutschistan aufmerksam machen. „Alle Menschen müssen wissen, was für ein Unrecht in Pakistan geschieht. Wir fordern die Freiheit für Belutschistan“, sagt er.

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