Der Stura der Universität Leipzig fordert in einem Offenen Brief die Universitätsleitung zum verantwortungsbewussten Handeln in der Klimakrise und die Studierenden zum Unterschreiben einer Petition auf. Es geht um ein geschütztes Biotop am Störmthaler See, wo unter anderem ein Wassersportzentrum der Sportwissenschaftlichen Fakultät entstehen soll.

Geplantes Wassersportzentrum gefährdet Biodiversität am Störmthaler See

Es ist der dritte Offene Brief in der Causa „Bebauungsplan Östlich Grunaer Bucht“ am Störmthaler See: Der Studierendenrat der Universität Leipzig (Stura) hat sich in einem Offenen Brief an die Studierenden der Universität gewandt und sie zum Unterschreiben einer eigens initiierten Online-Petition angeregt. Der Offene Brief und die Petition kritisieren Bebauungspläne für einen Uferbereich am Störmthaler See südlich von Leipzig.

Die Gemeinde Großpösna will dort ein multifunktionales Freizeit- und Sportareal errichten. Neben der Stadt Leipzig ist die Universität Leipzig zentraler Akteur des Bauvorhabens, da neben einem Strandbad, Räumlichkeiten für eine Surfschule, einem inklusiven Campingplatz und entsprechenden Zufahrtswegen auch ein neues universitäres Wassersportzentrum entstehen soll. Dort will die Sportwissenschaftliche Fakultät neue Schulungs- und Lagerräume sowie Steganlagen für den Hochschulsport einrichten lassen.

Das Problem dabei: Der für das Projekt gewählte Standort von 43 Hektar umfasst auch die „Östlich Grunaer Bucht“, die zahlreiche geschützte Tier- und Pflanzenarten beherbergt. Unter anderem wurden dort die Uferschwalbe, die Waldohreule und die Spanische Flagge (Schmetterling) nachgewiesen, die allesamt laut Bundesnaturschutzgesetz „streng geschützt“ werden müssen.

Auch als „gefährdet“ eingestufte Tiere wie die Libellenart des Kleinen Blaupfeils und die Feldlerche sind in der Grunaer Bucht zuhause. Zudem hat sich in dem mit Röhricht bewachsenen Ufer die Beutelmeise angesiedelt, die vom Aussterben bedroht ist. Und auch das extrem seltene Blaukehlchen wurde in der Grunauer Bucht gesichtet. Sollte der Bebauungsplan am geplanten Standort umgesetzt werden, wäre der Lebensraum dieser Arten und somit die Biodiversität der Region massiv bedroht.

Stura appelliert an Verantwortungsbewusstsein des Rektorats

Der Stura der Universität Leipzig schließt sich mit seiner Petition deshalb nun dem Naturschutzbündnis – bestehend aus dem Verein UferLeben, dem NABU und Bündnis 90/Die Grünen – an. In seinem Offenen Brief, der heute per Rundmail an alle Studierenden ging, fordert der Stura eine naturverträgliche Lösung und ein verantwortungsbewusstes Handeln des Rektorats in dem Fall.

Dass die Universitätsleitung sich ihrer Vorbildfunktion bewusst ist, bewies sie bereits im August, als sie den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement (SIB) darum bat, sich für eine naturschutzverträglichere Planung einzusetzen. Das alles passierte, nachdem das bereits erwähnte Bündnis aus UferLeben, NABU und Grünen sich im Mai mit einem ersten Offenen Brief an das Rektorat gewandt hatte.

Darin appellierte die Gruppe an Rektorin Eva Inés Obergfell, sich für einen Standortwechsel einzusetzen und verwies auf bereits bestehende alternative Standortvorschläge. Das Rektorat antwortete im Juni mit einer formalen Einordnung der Rolle der Universität im gesamten Bauvorhaben: Sie sei lediglich Auftraggeberin des SIB und somit nicht direkt verantwortlich für Bauplanung und Standortwahl des neuen Wassersportzentrums.

Allerdings stellte sich in der angestoßenen universitätsinternen Debatte heraus, dass das aktuell vorliegende B-Planverfahren der Gemeinde Großpösna weit über die 2020 von der Universität kommunizierten Bedarfe hinausgeht und den Naturschutz weit weniger berücksichtigt als in vorherigen Entwürfen angedacht.

Auch deshalb setzt sich die Universität nun für ein Umsetzen der ursprünglichen Planungsversion ein.

Rund 800 Menschen unterschreiben Petition innerhalb weniger Stunden

Das reicht dem Stura nicht, obwohl er das Vorgehen der Universitätsleitung generell begrüßt. Mehr Engagement und konsequentes Handeln fordert die Studierendenvertretung von ihrer Rektorin – wohl auch vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Universität erst tätig wurde, nachdem ein externes Naturschutzbündnis sie öffentlichkeitswirksam auf die Naturschutzproblematik ihres Vorhabens aufmerksam gemacht hatte.

Dass die Universität Einspruch gegen das aktuelle Planungsvorhaben beim SIB eingelegt hat, betrachtet der Stura als ersten Schritt, auf den aus seiner Sicht nun weitere folgen müssen.

„Wir sehen unsere Universität als eine nachhaltige Institution mit Vorbildfunktion“, schreibt der Stura in seinem Offenen Brief. „Sie sollte deshalb ihrer gesamtgesellschaftlichen Rolle gerecht werden und weder zu einer aktiven noch passiven Triebkraft im größten Artensterben seit der Zeit der Dinosaurier verfallen.“

Darüber hinaus bewertet der Stura das bisherige Handeln der Universität in der Causa „Bebauungsplan Östlich Grunaer Bucht“ als intransparent. Die Universitätsleitung agiere nicht nur in diesem Fall, sondern in letzter Zeit zunehmend träge und undurchschaubar. Vor rund einem Monat hatte der Stura öffentlich angeprangert, dass Rektorin Obergfell im Senat die Fragerechte von Studierenden eingeschränkt habe.

Man hoffe auf eine bessere Zusammenarbeit zwischen Rektorat und Studierenden, heißt es in den abschließenden Worten des Offenen Briefes.

Die beigefügte Petition weist Stand Donnerstagnachmittag 16 Uhr rund 800 Unterschriften auf, die meisten davon aus Leipzig, aber auch aus Dresden und Berlin kommt Unterstützung.

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Es gibt 2 Kommentare

Mit der Universität verbandelte Naturschutzvereine bzw. finanziell und politisch Manipulierbare wie BUND , Ökolöwe oder NABU sind hier natürlich kritisch zu prüfen…

Bitte mal unterlassen Sie die Pauschale Verleumdung von Naturschutzverbänden. Danke. Die Moderation.

Obwohl die Zerstörung des Lebensraumes zahlreicher sehr seltener und streng geschützter Arten nichts aber auch gar nichts mit der sog. Klimakrise zu tun hat, ist der weiterführende Text recht sinnvoll. Man kann den Gegnern des Projektes nur empfehlen sich auf die relevanten artenschutzrechtlichen Verbote und den Zwang zur Alternativenprüfung nach BNatschG zu konzentrieren und den Klimaquatsch beiseite zu lassen. Die Gegner des Projektes sollten sich einen fähigen und willigen Naturschutzverband suchen, der mit finanzieller Unterstützung und einer geeigneten Kanzlei ein Klage gegen die absehbare Zulassung anstrengt. Hier stehen die Aussichten sehr gut. Die Universität mit ihrem grundsätzlichem Gemeinwohlanspruch möchte sicherlich nicht mit einem vor Gericht gescheiterten offensichtlich von Anfang aus objektiven Gründen nicht haltbaren Projekt in den Schlagzeilen stehen.

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