Am Dienstag, 14. April, packte das Amt für Statistik und Wahlen der Stadt Leipzig schon mal was aus: ein 18 Seiten dünnes Heftchen. Eine kleine Beruhigungspille für alle Journalisten, die schon hibbelig auf die Auswertung der "Bürgerumfrage 2014" warten. Aber die große Auswertung dauert noch. Die wird's als dicken Bericht erst im Sommer geben. Als Appetithäppchen gab es jetzt erst einmal den kleinen "Schnellbericht".

Darin sind ein paar Daten gesammelt, die aus städtischer Sicht das Wohlergehen der Leipziger beschreiben. Wenn das wirklich der offizielle Gesundheitscheck für Leipzig und seine Bewohner ist, dann geht’s der Stadt rekordverdächtig gut. Der “Rekord” steckt schon in der Zahl 78, denn: 78 Prozent der Leipziger, die sich im Herbst 2014 an der Bürgerumfrage beteiligt haben, sind mit ihrem Leben zufrieden oder sogar sehr zufrieden. Das Jahr 2013 war bislang der Rekordhalter mit 76 Prozent, die Jahre davor schaukelte der Wert um die 70 Prozent, was schon eine Menge Zuversicht bedeutete.

Denn tatsächlich kam Leipzig vor 2005 aus einem tiefen Tal, wo man sich schon freute, wenn 50 Prozent der Leipziger einen Lichtblick in ihrem Leben sahen.

Unübersehbar hat die Stadt in den letzten zehn Jahren wirtschaftlich besser Tritt gefasst. Der Bevölkerungszuwachs kommt hinzu. Und wenn alle ehrlich sind, dann trägt auch der Geburtenzuwachs und das allerorts hörbare Kinderkreischen dazu bei, dass sich die einstmals triste und trübe Laune in der Stadt aufgehellt hat.

Dabei hat sich an der Einschätzung der eigenen wirtschaftlichen Situation noch nicht viel geändert. Die schätzten die Leipziger in den letzten Jahren immer so um die 2,6 bis 2,8 ein. So als Durchschnittsnote zwischen 1 und 5. Klingt zwar gut, bedeutet aber, dass Leipzig bis 2013 garantiert keine Bildungsempfehlung fürs Gymnasium bekommen hätte. 2014 könnte es fürs Gymnasium gereicht haben (es sei denn, eine strenge Kultusministerin funkt dazwischen). Da gab’s erstmals eine 2,5 als Durchschnittsseinschätzung der eigenen wirtschaftlichen Lage.

Und die der Stadt?

Die bekam eine erstaunliche 2,7. Das Vertrauen der Leipziger in die wirtschaftliche Entwicklung steigt also deutlich.

Das hat auch damit zu tun, dass ein guter Teil der Leipziger das wirtschaftliche Trittfassen auch als Steigerung beim monatlichen Nettoeinkommen erlebt. Der Median der monatlichen Nettoeinkommen stieg von 1.152 Euro auf 1.207. Dafür gibt es zwei Ursachen. Die eine ist natürlich, dass es in einigen Branchen spürbare Lohnsteigerungen gegeben hat. Das wirkt sich dann logischerweise beim Einkommensmedian der Erwerbstätigen aus, der von 1.412 auf 1.487 stieg.

Zwischenbemerkung zum Median: Das ist nicht der Durchschnitt der Einkommen, sondern der Wert, bei dem die Hälfte der Einkommen drunter liegt, die andere Hälfte drüber.

Das ist wichtig zu wissen, denn ungelernte Arbeitskräfte vegetieren dabei in einer völlig anderen Liga als Angestellte oder Beamte. Und das Wort vegetieren kann man hier wirklich benutzen, auch wenn der Median der Einkommen der Ungelernten von 779 auf 882 Euro sprang. Wobei das Jahr 2013 für Ungelernte eine Katastrophe war, denn die Schaffung von Billigarbeitsplätzen wurde in Sachsen 2013 geradezu zur Orgie – als wollten reihenweise die Anbieter solcher prekären Jobs beweisen, dass ein Arbeitsangebot immer noch unverschämter sein konnte als das andere.

Oder als wichtige Zwischenerkenntnis: Der Mindestlohn kam gerade noch zur rechten Zeit, um die allerschlimmsten Bezahl-Orgien zu unterbinden. Und im Median von 2014 stecken schon die ersten Mindestlohn-Abschlüsse. Aber von 882 Euro kann in Leipzig trotzdem niemand leben. Mal ganz davon zu schweigen, dass der Leipziger Arbeitsmarkt längst schon nach immer mehr gut ausgebildeten Fachkräften schreit. Wer darauf spekuliert, mit einem schlechten Schulabschluss und als Ungelernter gut durchs Leben zu kommen, der könnte sich gewaltig ins eigene Fleisch schneiden.

Facharbeiter zum Beispiel hatten 2014 einen Einkommensmedian von 1.300 Euro, 29 Euro mehr als im Vorjahr.

Der zweite Grund für den steigenden Einkommensmedian ist die Zunahme von Beschäftigungsverhältnissen. Immer mehr Menschen haben einen Job, mit dem sie die Haushaltskasse auffüllen.

Finanzierten sich 2010 noch 54 Prozent der Leipziger Haushalte über Erwerbseinkommen, stieg dieser Anteil bis 2013 auf 58 Prozent und 2014 auf 59. Die Zahl der Haushalte, die auf Arbeitslosenbezüge angewiesen sind, stagniert bei 9 Prozent. Noch auffälliger ist der Effekt bei Familien mit Kindern. 95 Prozent der Paare mit Kindern bestritten den Unterhalt der Familie durch Erwerbseinkommen, im Vorjahr waren es erst 90 Prozent. Und man darf wohl durchaus den Verdacht hegen, dass das auch mit dem Ausbau der Leipziger Kita-Plätze zu tun hat. Die Eltern, die da erzürnt gegen die Stadt protestierten, waren aus simplen wirtschaftlichen Gründen auf den Kita-Platz angewiesen, weil sie arbeiten wollten. Und mussten. Kinder kosten Geld.

Ein Nebeneffekt: das Haushaltseinkommen von Paaren mit Kindern stieg binnen Jahresfrist von 2.877 auf 3.118 Euro. Was ja auch bedeutet, dass die Leipziger Unternehmen auch dringend auf diese jungen und meist qualifizierten Arbeitskräfte gewartet haben. Die übrigens die Welt auch mit anderen Augen sehen als zum Beispiel die Leipziger Senioren.

Aber dazu kommen wir morgen an dieser Stelle.

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