Es gibt zwei Wege, wie ein Land in Zeiten reagieren kann, in denen humanitäre Hilfe für Flüchtlinge angesagt ist: Es kann in Panikmache verfallen wie die rechtskonservativen Schreihälse im Land. Es kann aber auch ruhig und besonnen die Grundlagen für echte Integration schaffen. Denn erst so hilft man Menschen wirklich, die oft viele Jahre warten müssen, bis in ihrer Heimat wieder Frieden einkehrt. Und dazu gehört auch die Integration der Kinder.

Das ist ein Thema, das jetzt die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat beschäftigt hat. Im Juni hat sie deshalb eine entsprechende Anfrage an die Stadtverwaltung gestellt, was die Zahl der Kinder von Geflüchteten in Leipziger Kindertagesstätten betrifft. Leipzig kommt zwar nicht hinterher, um genug Kindertagesstätten zu bauen. Aber dass die Plätze knapp sind, hat auch damit zu tun, dass auch die Neuleipziger aus anderen Ländern ihre Kinder anmelden.

Denn: „Auch für Kinder von Geflüchteten besteht ein Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Für diese Zielgruppe werden Angebote der frühkindlichen Bildung insbesondere vor dem Hintergrund nichtdeutscher Familiensprache als besonders wichtig erachtet.“ So hatte die Linksfraktion ihre Anfrage begründet. Denn wenn diese Kinder betreut werden, muss auch die sprachliche Betreuung möglich sein.

Aber wer zählt diese Kinder? Und da gibt es zumindest rudimentäre Auskünfte, denn das Dezernat Jugend, Soziales, Gesundheit und Schule zählt eifrig mit. Zumindest was die Kinder in der Stadt betrifft. Es muss ja planen und neue Kapazitäten schaffen.

„Die Zahl der Kinder unter sechs Jahren, die zum 1. Juni 2018 im Leistungsbezug nach dem AsylbLG standen, beläuft sich auf 475 Kinder. Im Februar 2018 lebten außerdem 1.429 Kinder unter 6 Jahren in Leipzig, die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II erhielten und aus einem der acht zugangsstärksten nichteuropäischen Asylherkunftsländer (Afghanistan, Syrien, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan und Somalia) stammen“, teilt das Dezernat nun mit.

Das ist schon eine beachtliche Zahl, aber das bedeutet noch nicht, dass diese Kinder auch alle in einer Kita angemeldet sind. Was die Linksfraktion sicher enttäuschen wird. Warum zählt das niemand? Es ist doch wichtig für die Integration. Gerade im Kindergarten lernen die Kleinen frühzeitig die deutsche Sprache und all die sozialen Grundmuster, die in unserer Gesellschaft grundlegend sind.

„Der Status der Kinder, die Kindertageseinrichtungen besuchen, wird in den Einrichtungen nicht erfasst“, teilt das Sozialdezernat freilich mit. „Erfasst wird mit der jährlichen Meldung an das Land Sachsen (Kamenzstatistik) ausschließlich ein möglicher Migrationshintergrund, d. h. von Kindern mit mindestens einem Elternteil ausländischer Herkunft. Im Jahr 2017 waren 3.968 Kinder mit einem Migrationshintergrund in Einrichtungen der Kinderkrippe und dem Kindergarten (bis Schuleintritt) betreut.“

Nur zum Vergleich: In Leipziger Kindertagesstätten werden rund 28.000 Kinder betreut. Jedes siebente Kind hat also einen Migrationshintergrund. Was nicht bedeutet, dass es aus einer Flüchtlingsfamilie kommt. Oft leben die Eltern schon seit Jahren in Leipzig, kommen aus den ehemaligen GUS-Staaten oder selbst den vielen europäischen Ländern, aus denen Leipzigs Zuwanderer auch kommen. Hier spiegelt sich die Internationalität der Stadt.

Bleibt trotzdem das Anliegen der Linksfraktion, den gesonderten Betreuungsbedarf für Kinder mit Fluchterfahrung zu erfahren. Denn wenn man das weiß, kann man ja eventuell besondere Betreuungsangebote auflegen.

Aber dazu gibt es auch in Leipzig keine Zahlen, teilt das Sozialdezernat mit: „Eine kurzfristige Abfrage bei der sozialen Betreuung in den Gemeinschaftsunterkünften mit einer Antwortbeteiligung von 86 % aller Gemeinschaftsunterkünfte ergab, dass von 205 Kindern im Alter von 0 bis 6 Jahren 69 Kinder in einer Kindertageseinrichtung und 2 Kinder bei einer Tagesmutter, also 35 % dieser Kinder, betreut werden. Wie viele Kinder der dezentral lebenden Geflüchteten in einer Kindertageseinrichtung betreut werden, ist nicht bekannt. Der Aufenthaltsstatus der Eltern wird bei Abschluss eines Betreuungsvertrags nicht erfasst.“

Aber das Interesse der Stadt ist ja wohl, dass die Flüchtlingskinder so früh wie möglich so gut wie möglich integriert werden, unterstellte die Linksfraktion und fragte deshalb auch: „Welche konkreten Unterstützungsmechanismen gibt es für Eltern geflüchteter Kinder bei der Suche nach einem Kita-Platz?“

Genau das passiert auch, betont das Sozialdezernat: „Die soziale Betreuung in den Gemeinschaftsunterkünften und Beratungsstellen für Migrantinnen und Migranten bieten eine Unterstützung. Die Vorstellung, Aufklärung und Unterstützung bei der Kitaplatzversorgung in Leipzig ist Teil der Betreuungsaufgabe. Die Träger der Sozialbetreuungen und Beratungsstellen erhalten dazu regelmäßig Informationen im Rahmen der vom Sozialamt, Abteilung Migrantenhilfe und dem Referat für Migration und Integration geführten AG Flüchtlingssozialarbeit.

Des Weiteren stellt die Stadt eine mehrsprachige Broschüre zum Thema ‚Kitaplatzsuche‘ zur Verfügung. Diese ist online unter www.leipzig.de/kinderbetreuung abrufbar. Im Amt für Jugend, Familie und Bildung stehen die Kitaplatzberatung und das Familieninfobüro zur Verfügung. Von Eltern mit Migrationshintergrund werden diese Beratungsmöglichkeiten zahlreich genutzt.“

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