Am Mittwoch, 18. Dezember, ist Internationaler Tag der Migranten. Ja klar, da denken Sie natürlich nur an die einen, die, über die immer geredet wird. Und vergessen, dass der Mensch schon immer gewandert ist – immer auf der Suche nach einem besseren Ort zum Leben. Migranten sind wir – historisch betrachtet – alle. Und alle kommen wir aus Afrika. Nur kamen einige früher und andere später. Und manche wandern auch wieder weg. Auch eingeborene Sachsen.

Davon erzählt die kleine Statistik, die das Landesamt für Statistik zum Internationalen Tag der Migranten zusammengestellt hat. Die beschäftigt sich mit den wandernden Deutschen, also den Sachsen mit einem deutschen Pass. Was nicht mal heißt, dass sie in Sachsen geboren sein müssen oder gar Sächsisch können.

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Wie das Statistische Landesamt zum Internationalen Tag der Migranten mitteilt, verlegten 2018 insgesamt 3.932 in Sachsen lebende Deutsche ihren Wohnsitz in einen anderen Staat. Erfasst wurden dabei 127 Länder. Die meisten wanderten in die Schweiz (618), gefolgt von Österreich (521), den Vereinigten Staaten (228) und dem Vereinigten Königreich (203) aus.

Zwei Drittel der deutschen Auswanderer aus Sachsen zogen in ein anderes europäisches Land, den Kontinent verließ 2018 dem gegenüber nur ein Drittel. Das Durchschnittsalter der aus Sachsen ausgewanderten Deutschen betrug 33 Jahre. Über die Hälfte (53,4%) waren Männer.

Seit dem Jahr 2011 hat sich die Zahl der deutschen Auswanderer aus Sachsen kontinuierlich reduziert. So verlegten im Jahr 2018 860 Deutsche weniger ihren Wohnsitz von Sachsen ins Ausland als noch im Jahr 2011 (4.792).

Aus dem Ausland nach Sachsen zugezogen sind im Jahr 2018 nur 3.483 Deutsche. Der Wanderungsverlust betrug demnach 449 Personen.

Freilich nur, wenn man die ein- und auswandernden Deutschen nur gegeneinander aufrechnet und beiseite lässt, dass die meisten Deutschen direkt aus anderen deutschen Bundesländern zuwandern und aus dem Ausland logischerweise deutlich mehr Ausländer zuwandern.

Im Saldo verlor der Freistaat im Jahr 2018 die meisten Einwohnerinnen und Einwohner mit deutscher Staatsangehörigkeit an die Staaten Österreich (-218), die Schweiz (-68) und Schweden (-32).

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Was zwar einiges über die Attraktivität der Zielländer sagt, aber nichts über die Wanderungsgründe. Und auch wenig über die Attraktivität Sachsens als Einwanderungsland. Die wird eher deutlich, wenn man die Zahl der Ausländer im Freistaat Sachsen betrachtet. Und siehe da: Trotz all der rechtsradikalen Umtriebe im sächsischen Hinterland fliehen die Menschen nicht, die hier eine neue Heimat suchen. Eher wandern sie wohl aus den Provinzen ab in die Großstädte.

Seit 2008 ist die Zahl der in Sachsen lebenden Ausländer von 84.820 auf 207.515 im Jahr 2018 gewachsen. Davon übrigens 58.631 allein in Leipzig. Für Sachsen gibt das eine Ausländerquote von 5,1 Prozent, für Leipzig eine von 9,9 Prozent.

Die Zahl der Ausländer wuchs übrigens schon vor dem Jahr 2015, als auch Sachsen einige tausend Flüchtlinge vor allem aus Syrien aufnahm. Denn die Zuwanderer kommen eben nicht nur aus Kriegsländern. Es sind auch Europäer aus Ost- und Westeuropa, viele kommen aus Russland und seinen Nachbarstaaten.

Aber selbst Schweizer, Briten und Österreicher wandern ein, weil sie hier entweder studieren oder den Job gemäß ihrer Qualifikation finden. Die Zuwanderung erzählt also auch von einem wettbewerbsfähigen Hochschul- und Arbeitsplatzangebot. Und da Sachsen selbst der Nachwuchs fehlt, wird diese Zuwanderung weiter zunehmen, egal, was die blauen Narren an sächsischen Plakatwänden behaupten.

Denn wären die Sachsen seit 2008 ohne diese Zuwanderung geblieben, wäre die Bevölkerungszahl schon längst unter die 4-Millionen-Grenze gefallen. 2013 lebten mit 106.663 übrigens erstmals über 100.000 Ausländer in Sachsen, 2015 waren es 164.230.

Und eine kluge Regierung denkt darüber nach, wie sie das Land für zuwandernde Menschen, die etwas erreichen wollen im Leben, attraktiv hält. Denn die Attraktivität eines Landes ist nichts anderes als die Rückseite seiner wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit.

Der Internationale Tag der Migranten wurde erstmals im Jahr 2000 von den Vereinten Nationen ausgerufen. Als Migranten gelten alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt räumlich verlegen. Binnenmigration ist dabei die Migration innerhalb eines Landes, internationale Migration erfolgt über die Staatsgrenzen hinweg.

Schon heute hat jeder zehnte Jugendliche in Sachsen einen Migrationshintergrund

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