Die Bürgerumfrage 2020 nutzte das Amt für Statistik und Wahlen auch dazu, einen eigenen Fragenkomplex zur Corona-Pandemie und ihren Auswirkungen auf Leipzig unterzubringen. Die Ergebnisse aus diesem speziellen Komplex stellte Dr. Christian Schmitt, Leiter des Amtes für Statistik und Wahlen, am Donnerstag, 25. März, vor. Diese bestätigen so manche Vermutung.

So wurde deutlich, dass auch in Leipzig zuallererst Solo-Selbstständige von den Corona-Maßnahmen betroffen sind und Einkommensverluste oder gar den Verlust ihres Geschäfts zu verzeichnen hatten. Ihre „Chance“, derart hart gerade in der wirtschaftlichen Existenz betroffen zu sein, war und ist 14 Mal größer als die eines mittleren Beamten. Die Umfrage bestätigt also, wie ungenügend die von Bund und Land ausgelegten Rettungspakete in Wirklichkeit waren und sind und dass sie gerade jene Menschen oft vergessen, die sowieso schon mit mehr Risiko unterwegs sind.Selbst ungelernte Arbeiter hatten ein deutlich geringeres Risiko, ihren Job zu verlieren, auch wenn es direkte Einkommensverluste in allen Einkommensgruppen gab – wenn auch nicht bei allen Befragten.

Denn zur Wahrheit gehört auch, dass die mittleren Einkommen auch im Jahr 2021 wieder gestiegen sind. Was übrigens Anstoß sein sollte, die Einkommensstatistik einmal gründlicher zu hinterfragen, denn die Anstiege werden größtenteils nur in den sowieso schon höheren und hohen Einkommensgruppen erzielt, wo es neben einer jährlichen Anpassung aufgrund der Betriebszugehörigkeit und fester Anstellung auch regelmäßige Tariferhöhungen gibt, während gerade die niedrigen Einkommensgruppen mehr Risiko tragen, den Job wieder zu verlieren und auch in Krisenzeiten mehr finanzielle Verluste einfahren.

Chancenverhältnis, dass der Haushalt in der Corona-Pandemie einen Einkommensverlust erfahren hat. Grafik: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen
Chancenverhältnis, dass der Haushalt in der Corona-Pandemie einen Einkommensverlust erfahren hat. Grafik: Stadt Leipzig, Amt für Statistik und Wahlen

Mit den Worten des Amtes für Wahlen und Statistik: „Der Median der monatlichen Haushaltsnettoeinkommen ist 2020 im Vergleich zu 2019 auf 1.974 EUR gestiegen. Dennoch gibt es wirtschaftliche Auswirkungen der Pandemie: 26 % der Leipziger Haushalte erlitten durch die Corona-Pandemie Einkommensverluste.“

Was das Amt dann im Bericht noch spezifiziert: „Besonders häufig sind Einkommensverluste in Haushalten mit Personen aus den unteren Einkommensgruppen. Deutlich gehäuft traten Einkommensverluste während der COVID-19-Pandemie auch in Berufsgruppen mit niedriger oder unvollständiger Qualifikation, unter Solo-Selbständigen sowie unter Personen mit nicht-Deutscher Staatsangehörigkeit auf.“

Was dann zur Folge hat: „Von allen Haushalten, die Einkommensverluste erlitten, haben 13 % Schwierigkeiten, die Miete fristgerecht zu zahlen.“

Wobei hier natürlich auch die befristeten Jobs etwa im Gastgewerbe und ähnlichen Dienstleistungsbranchen eine Rolle spielen, mit denen auch Studierende für gewöhnlich ihr Zubrot zum Studium verdienten: 20 Prozent der Personen mit einem Einkommen unter 800 Euro beklagten genau diesen Wegfall der Mini-Jobs.

Gleichzeitig waren die Einkommensgruppen bis 1.400 Euro auch diejenigen, die mit über 5 Prozent besonders stark vom Verlust auch regulärer Arbeitsplätze betroffen waren. Wirtschaftlich haben die Einschränkungen also neben den Solo-Selbstständigen vor allem die Geringverdiener getroffen.

Was nicht heißt, dass die anderen Gruppen nicht verschont wurden, denn wo die Belegschaft in Kurzarbeit geschickt wurde, bedeutete das auch für diese Gruppe Einkommensverluste, sodass immerhin 26 Prozent der Befragten nach diesem ersten Corona-Jahr Einkommensverluste beklagen mussten.

Ein Fakt, der ziemlich deutlich zeigt, wie sehr nicht nur die Einkommen in Leipzig immer weiter auseinanderdriften, sondern auch die Sicherheit der zumeist höheren Einkommensgruppen in immer stärkerem Gegensatz zur Unsicherheit der niedrigeren Einkommensgruppen steht.

Mit dem höheren Einkommen sinkt tatsächlich die Gefahr, in so einer Krise Einkommensverluste verzeichnen zu müssen. Das Gefühl trügt also ganz und gar nicht, dass die Hauptlast der Krise die Menschen mit niedrigen Einkommen tragen. Mit einer ersten oft dramatischen Folge: Das Geld reicht für die Miete nicht mehr. Insgesamt erzählten 13 Prozent der Befragten von Schwierigkeiten, noch die nächste Mietrate bezahlen zu können (was den Fokus einmal mehr auf die steigenden Mieten in Leipzig lenkt und die fehlenden Alternativen im bezahlbaren Wohnraum).

Aber bei den Einkommen unter 1.100 Euro waren es satte 25 Prozent, die Mietschwierigkeiten meldeten, bei den Einkommen bis 2.300 Euro im Monat dann noch 14 Prozent. Je höher die Einkommen, umso geringer war diese Gefahr.

Was dann auch völlig unterschiedliche Erfahrungen mit den Einschränkungen im Lockdown zur Folge hat. Das betrachten wir im nächsten Beitrag extra.

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