Dass die Leipziger in der Regel überrascht werden, wenn wieder neue Großprojekte in Angriff genommen werden, hat auch damit zu tun, dass der Leipziger Stadtrat recht selten darüber diskutiert. Alle paar Jahre gibt es eine mehr oder weniger schwammige Investitionsliste. Und dann passiert lange nichts. So geht das nicht, findet die Linksfraktion im Leipziger Stadtrat.

Sie beantragt jetzt, dass diese “Mittelfristigen Investitionsprogramme” alle zwei Jahre überarbeitet und dem Stadtrat zum Beschluss vorgelegt werden. Die Begründung ist verständlich: “Damit der Stadtrat die Kontrolle seiner Beschlüsse gem. § 28 (3) Sächsischer Gemeindeordnung wahrnehmen sowie die Strategie bestimmen und Korrekturen von Mittelfristprogrammen vornehmen kann, halten wir es für dringend erforderlich, eine Evaluierung und Beschlussfassung alle zwei Jahre vor Einbringung des Doppelhaushaltes vorzunehmen. Eine weiter gehende  einheitliche Handhabung in der Abrechnung und Darstellung ist dazu herbeizuführen.”

Denn in den Haushaltsbeschlüssen tauchen die großen Investitionsprojekte ja als fetter Ausgabenposten auf. Im nächsten Doppelhaushalt der Stadt wird zum Beispiel der Umbau der Windmühlenstraße auftauchen, der ab 2018 vorgesehen ist. Ein ganzes Dutzend Schulen tauchen dort auf. Neben dem “Straßen- und Brückenbau 2013–2020” gibt es ja auch das ebenso langfristig angelegte Schulinvestitionsprogramm.

Doch gerade dort hat sich ja in den letzten Monaten gezeigt, dass die Langfristplanung nicht ausreicht, sondern der Stadtrat sogar kurzfristig reagieren muss, weil Bauprojekte deutlich teurer werden oder aus Abrissgebäuden doch wieder neue Kapazitäten werden oder gleich ganz neue Bauprojekte ins Verfahren müssen.

Da ist es zwar ganz nett, wenn man eine Reihe mittelfristiger Pläne hat. Aber die geben nur ungefähre Vorstellungen von Baukosten und Bauzeit. Für die Haushaltspläne muss aber alles, was in den nächsten zwei Jahren angepackt wird, konkretisiert werden.

Die Linksfraktion dazu: “In der Stadt Leipzig existieren eine Vielzahl von mittelfristigen Investitionsprogrammen für die unterschiedlichen Bereiche (Straßen und Brücken, Schulen, Kitas u. a.). Diese Programme binden zumeist erhebliche finanzielle Mittel. Ihre Umsetzung und Abrechnung erfolgt sehr unterschiedlich und ist für den Stadtrat kaum nachvollziehbar und korrigierbar, wenn Bedingungen sich ändern und daraus sich beispielsweise zeitliche Verschiebungen von Maßnahmen ergeben.” Und weil das so ist und immer wieder aktuelle Änderungen passieren, brauche auch der Stadtrat in deutlich kürzeren Abständen eine belastbare Investitionsvorschau: “So sollte die Prioritätenliste des Straßen- und Brückenbauprogramms jährlich fortgeschrieben werden. Dies ist jedoch entfallen, da es lt. Verwaltung keine gravierenden Neuerungen in den Jahresfristen gab. Die Beantwortung der Anfrage (VI-F-01578) zu der Thematik ergibt allerdings ein anderes Bild. Zum Programm Spielplätze sind jährliche Informationen im FA vorgesehen, bei Hochwasserschutz- und Gewässerentwicklungsmaßnahmen gibt es keine Aussagen zu Abrechnung und Information.”

Die Anfrage Nr. 1578 bezog sich konkret auf die Georg-Schumann-Straße – vor vielen Jahren mal als Gesamtumbauprojekt geplant, aber mittlerweile von der Verwaltung lieber in einzelne Bauabschnitte gestückelt, die auch nicht alle bis 2020 gebaut werden, sondern sich wahrscheinlich bis 2030 hinziehen. Was eben nicht nur mit dem verfügbaren Geld zu tun hat, sondern auch mit der schieren Länge dieser Magistrale, die nach wie vor eine der allerwichtigsten Hauptstraßen im Leipziger Nordwesten ist. Da kann sich die Stadt eine lange Sperrzeit gar nicht leisten. Das hat dann der zuständige Planerstab auch stillschweigend geändert, aber irgendwie den Stadtrat bei diesem Umdenken nicht mitgenommen.

Die Antwort der Verwaltung auf die Linke-Anfrage im Juli war dann zwar recht ausführlich, den Linken dann aber noch nicht konkret genug, so dass sie Anfang Oktober noch einmal eine Nachfrage formuliert haben. Da taucht dann auch schon mal die skeptische Frage Nr. 2 auf: “Wann und in welchen zeitlichen Abständen sollen aus Sicht der Verwaltung die ‘Veränderungen’ in der ‘Prioritätenliste’ dem Stadtrat kommuniziert werden? Wie sollen diese (Anlage 2/Listen 1 und 2 sowie Anlagen 3 bis 8) durch den Stadtrat legitimiert werden?”

Verständlich irgendwie: Wenn die Verwaltung alle zwei Jahre berichten würde, wie es in der Investitionsplanung aktuell konkret aussieht, würden sich einige Nachfragen im Stadtrat erübrigen. Man wäre ein bisschen besser auf dem Laufenden und würde auch früher erfahren, wenn sich Abläufe ändern oder Probleme auftauchen.

Aber nicht nur Modernisierungen fressen viel Geld, auch Sanierungen werden teuer, wenn an Straßen und Gebäuden jahrzehntelang nichts gemacht wurde.

Darauf weist die Linke in ihrem Antrag besonders hin: “Außerdem ist eine Erweiterung der Programme auf die Sanierungs- und Instandhaltungsmaßnahmen auszudehnen, da ähnlich wie bei den Investitionen erhebliche finanzielle Mittel benötigt und gebunden werden. – Wir halten es für zwingend erforderlich, dass nicht nur einzelne Fachausschüsse informiert werden, sondern dass vor Einbringung des jeweiligen Doppelhaushaltes bis zum 30.05. der Stadtrat als Gremium diese Programme bestätigt.”

Und dann gibt es noch einen schnippischen Zusatz, der übersetzt eigentlich lautet: Eigentlich umschifft Leipzigs Verwaltung mit ihren “Mittelfristigen Investitionsprogrammen” die gültige Sächsische Gemeindeordnung. Die Linksfraktion: “Im übrigen fordert der § 80 (5) Sächsische Gemeindeordnung sogar eine ‘jährliche Anpassung’ der Investitionsprogramme.”

Konkret lautet der Passus in der Sächsischen Gemeindeordnung so: “Der Finanzplan und das Investitionsprogramm sind jährlich der Entwicklung anzupassen und fortzuführen.”

Aber zwei Jahre wären dann so eine Art Kompromiss, der trotzdem helfen würde, die Stadtratsfraktionen auf dem Laufenden zu halten.

Die Antwort der Stadtverwaltung auf die erste Linke-Anfrage zur Georg-Schumann-Straße.

Die neue Nachfrage der Linksfraktion zur Georg-Schumann-Straße.

Der Antrag der Linksfraktion zu den Mittelfristigen Investitionsprogrammen.

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