Es kommt genau so, wie es die wirklich informierten Kritiker befürchtet haben: Das so blumig verkaufte Sondervermögen, das der Bund in de nächsten zehn Jahren für Investitionen ausgeben will, wird genau dort eingesetzt, wo bislang funktionierende Förderprogramme zusammengestrichen wurden. Es schafft keine zusätzlichen Investitionen.

Jedenfalls nicht in Sachsen und Leipzig. Genau das nämlich war Inhalt einer Dringlichen Anfrage, welche die Linksfraktion gestellt hatte: Was bekommt denn Leipzig nun aus diesem Sondervermögen?

Geantwortet hatte das Finanzdezernat recht allgemein, denn auch dort hatte man bis zum 29. Oktober noch keine genaueren Informationen: „Zum gesamten Themenkreis Sondervermögen Bund (Sachsenfonds) stehen diverse Abstimmungen innerhalb der Verwaltung an. Die konkreten Fördersummen sowie Verwendungskriterien sind im Detail noch nicht bekannt und lassen daher noch keine abschließend belastbaren Aussagen zu.

Parallel hat verwaltungsintern bereits der Prozess zur Vorbereitung der Haushaltsplanung 2027/2028 begonnen, dies insbesondere unter Berücksichtigung der Auflagen der Landesdirektion zur Genehmigung des Haushaltes 2025/2026.

Der erweiterte Fachausschuss Finanzen sowie der Ältestenrat werden fortlaufend über die Entwicklungen im Zusammenhang mit dem Sondervermögen Bund informiert und in die weiteren Überlegungen eingebunden. Nach Vorliegen belastbarer Fördersummen erfolgt schnellstmöglich eine Information.“

Das bringt keine einzige zusätzliche Investition

Aber Finanzbürgermeister Torsten Bonew konnte in der Ratsversammlung am 29. Oktober zumindest grob vorrechnen, was Leipzig aus dem sächsischen Anteil des Sondervermögens bekommen wird, wenn – wie wohl so abgesprochen – das Geld nach Einwohnerzahl verteilt wird.

Da Sachen anteilig insgesamt 4,03 Milliarden Euro bekommen soll, wären das 403 Millionen Euro pro Jahr, von denen der Freistaat gleich mal 10 Prozent einbehält. Nur 362,8 Millionen Euro werden tatsächlich für Investitionen bereitgestellt. Davon gehen lediglich 40 Prozent direkt an die Kommunen. Das sind dann nur noch 145 Millionen Euro.

OBM Burkhard Jung (SPD) im Leipziger Stadtrat am 29.10.25. Foto: Jan Kaefer
Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) im Leipziger Stadtrat am 29.10.25. Foto: Jan Kaefer

Nach Aussage von OBM Burkhard Jung, der das Paket auf Landesebene mitverhandelt hat, ist das im Bundesvergleich das zweitschlechteste Verhältnis, das die Kommunen erzielen konnten. Für Leipzig würde das anteilig 22 Millionen Euro pro Jahr bedeuten, über die die Stadt frei verfügen könnte.

Weiteres Geld würde dann über die Förderprogramme des Freistaats laufen – 41 Millionen Euro für Straßen zum Beispiel, 41 Millionen Euro für Schulen, 9 Millionen Euro für Krankenhäuser. Wer die aktuellen Baupreise kennt, weiß, dass das nicht mal der berühmte Tropfen auf den heißen Stein ist.

Das ersetzt nicht mal die gestrichenen Fördergelder

Finanzbürgermeister Torsten Bonew wurde am 29. Oktober noch deutlicher: „Es gibt überhaupt keine Luft für zusätzliche Ausgaben.“

Der Grund ist simpel: Der Freistaat Sachsen hat in seinem aktuellen Haushalt die Fördermittel für Investitionen drastisch zusammengestrichen, nämlich um sagenhafte 840 Millionen Euro pro Jahr. Denn der Freistaat hat sich ja bekanntlich ein Neuverschuldungsverbot in die Verfassung geschrieben. Und das heißt: Wenn der Haushalt droht in die Kreditaufnahme zu führen, regiert der Rotstift. Und 840 Millionen Euro pro Jahr sind eine heftige Summe.

Oder mit Bonews Worten: „Uns fehlen 50 Prozent der eigentlich im Doppelhaushalt eingeplanten Fördermittel.“ Wenn man dann die 403 Millionen Euro aus dem Sondervermögen dagegenstellt, wird erst recht klar: Die Gelder aus dem Sondervermögen kompensieren nicht einmal die Hälfte der vom Freistaat gestrichenen Fördermittel.

Nicht mal die geplanten Fördermittel wird Leipzig bekommen

Was nun einmal im Klartext heißt: Leipzig erlebt auch bei der Fördermittelzuweisung 2025 und 2026 eine massive Verschlechterung, kann also noch weniger der schon geplanten Projekte verwirklichen. Für zusätzliche Investitionen, für die das Sondervermögen eigentlich gedacht war, ist überhaupt kein Geld da.
Die Gelder aus dem Sondervermögen ersetzen im besten Fall gerade einmal die Hälfte der vom Freistaat gestrichenen Fördergelder.

Und es hätte noch schlimmer kommen können, wie Burkhard Jung anmerkte. Denn in der Kommission, welche die Verteilung der Gelder beschloss, habe es massive Kämpfe im Hintergrund gegeben, wie diese verteilt werden sollten. Der Effekt für den aktuellen Doppelhaushalt in Leipzig? Burkhard Jung: „Für den Haushalt 2026 hilft uns das nicht im Geringsten.“

Bestenfalls könne man Projekte wie z.B. einen 80 Millionen Euro teuren Brückenbau über mehrere Jahre abfinanzieren. Dafür würden dutzende andere Bauprojekte einfach nicht stattfinden, weil Leipzig die ganze Zeit an der Haushaltssperre entlang schrammt und der Freistaat sich einen „ausgeglichenen Haushalt“ dadurch besorgt hat, dass er die Investitionen im Land radikal zusammengestrichen hat.

Zukunftsfähig ist an alledem nichts. Und in den nächsten Monaten werden wohl noch mehr Kommunen begreifen, dass das gefeierte „Sondervermögen“ geradezu ein Witz ist, während Bund und Land parallel Fördergelder in einer viel größeren Dimension einfach zusammengestrichen haben.

Aber das bekommt man nun einmal, wenn Bundeskanzler und Finanzminister von Mathematik keine Ahnung haben.

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Es gibt 3 Kommentare

Lieber Rudi, es gibt aktuell nicht nur drei Sondervermögen (= Schattenhaushalt). Die Anzahl findet sich eher so im zweistelligen Bereich. Trotzdem, netter Versuch 😉

Es gibt 3 Sondervermögen. Neben dem Sondervermögen Infrastruktur des Bundes gibt es das Sondervermögen Kommunen und das Sondervermögen Klimaschutz. Mit den zugewiesenen Mitteln Kommunen können sich die Kommunen Fördermittel beim Klimaschutzsondervermögen holen, um bspw. ihr Fernwärmenetz auszubauen. Im Moment bauen die SWL mit 100 Mio. Euro von der Stadt Leipzig das Fernwärmenetz aus. Die 100 Mio. Euro 2025/26 sind auch eine massive Belastung des städtischen Haushaltes, die dann hoffentlich durch das Sondervermögen Klimaschutz übernommen werden. Auch die Sanierung der Schulen kann über das Sondervermögen Klimaschutz erfolgen. Sollte Leipzig dort Fördermittel bekommen, müsste die Stadt nicht mehr so viele Eigenmittel aufbringen wie aktuell.
Allerdings gilt: Nichts genaues weiß man nicht. Es gibt noch keine Förderrichtlinie, lediglich Absichtserklärungen.

Warum sollten “Bundeskanzler und Finanzminister von Mathematik keine Ahnung haben”? Waren es nicht die Olivgrünen im Bund, die dieser schwarz-rot gewollten Finanzierung ihre blanko Zustimmung gegeben haben? Waren es nicht die selbsternannten progressiven Linken, die den Fotzen Fritze erst ins Amt verholfen haben? Die Quittung hat nicht nur Frau Bünger jüngst erhalten. Warum haben manche Journalisten scheinbar keine Ahnung von der Realität und schreiben zur Abwechslung wofür ein Haufen Zaster im Bund ausgegeben wird? OK kleiner Scherz zum Freitag. Es scheint eher als ob der studierte Geistesanbeter und Moral OBM samt Equipage eher ein Problem mit der weltlichen Mathematik hat. Schließlich haben er und die seinen den schwäbischen Sparsalat mit verhandelt und zugestimmt. Ohne jede Kenntnis welche Summen das Städtle für nicht finanzierte Fremdaufgaben stemmen muss ist man halt nur argumentfrei dabei. Nicht dass der gut bezahlte Vorruhestand noch anstrengend wird. Das von Bund und Ländern aufgelegte AfD und Rheinmetall (+ Konsorten) Konjunkturprogramm wird sicher ein voller Erfolg. Top.

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