Wer unbedingt ein großes, prestigeträchtiges Denkmal will, der muss sich auch ein paar kritische Fragen gefallen lassen. So wie Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD), von dem die Piraten-Stadträtin Ute Elisabeth Gabelmann jetzt gern wissen möchte, wie er sich das mit dem zweiten Anlauf für ein Freiheits- und Einheitsdenkmal in Leipzig so denkt. Das mit dem Matthäikirchhof kommt ja nicht wirklich gut an.

Und nicht nur Ute Elisabeth Gabelmann hat das Gefühl, dass eine wirkliche Beteiligung der Leipziger auch diesmal nicht gewollt ist. Im Gegenteil: Gerade die öffentlichen Äußerungen des OBM deuten darauf hin, dass er das Denkmal um jeden Preis haben möchte, obwohl die Zustimmung der Leipziger zu solchen Denkmalsplänen deutlich zurückgegangen ist.

„In den letzten Wochen ist so um oben genanntes Denkmal wieder Bewegung gekommen. Unter anderem wurde vom Oberbürgermeister gemeinsam mit der Stiftung ‚Friedliche Revolution‘ ein Appell an den deutschen Bundestag unterzeichnet“, stellt Gabelmann jetzt in einer Anfrage fest, die sie in der Ratsversammlung am 8. März beantwortet haben möchte. Aus dem Umfeld der Stiftung heiße es, so Gabelmann: „Darum scheint es uns zwingend erforderlich, die Zivilgesellschaft stärker als bislang in die Beratungen und Entscheidungen einzubeziehen.“

Aber eigentlich hat es Oberbürgermeister Jung schon zum ersten Mal konterkariert, als er via LVZ als Standort bereits den Matthäikirchhof ins Gespräch brachte. „Gleichzeitig bekräftigte er auch nochmals die ergebnisoffene Diskussion“, stellt Gabelmann fest. Was denn nun? Will Leipzigs erster Bürger jetzt wieder „Planken setzen“, wie er es so gern tut? Und warum nur? So recht hat bislang niemand eine belastbare Begründung vorgebracht dafür, dass Leipzig so ein Denkmal braucht.

Auch nicht die Mitglieder von Vorstand und Kuratorium der Stiftung „Friedliche Revolution“. Stets wird nur beteuert, wie wichtig so ein Denkmal für Leipzig sei. Aber warum nur? Gibt es in Leipzig eine Erinnerungslücke? Brauchen die Leipziger noch eine Mahnung an den Herbst 1989? Eigentlich ist Leipzig längst ein einziges Museum für den Herbst 1989.

Das steckt gleich in Gabelmanns erster Frage: „Welche Mindestanzahl an Denkmälern und Einrichtungen des Gedenkens (z. B. Infotafel-Rundgang, Freiheitsglocke, Nikolaisäule, Installation auf dem Nikolaikirchhof, Buslinie 89, Museum in der Runden Ecke, Lichterfest etc.) hält die Stadt Leipzig für notwendig?“

Der Freiheitsbrunnen nach einem Entwurf für den Architekten David Chipperfield auf dem Nikolaikirchhof fehlt noch, genauso wie das Zeitgeschichtliche Forum oder Wolfgangs Mattheuers „Jahrhundertschritt“ in der Grimmaischen Straße. Von der Bedeutung der Nikolaikirche ganz abgesehen. Warum das alles durch ein weiteres bedeutungsschwangeres Denkmal entwertet werden soll, erschließt sich auch nach Jahren der Bemühungen nicht. Erst recht nicht, warum es nach Ansicht einiger Verfechter gar ein „nationales Denkmal“ sein soll. Und das bei einer friedlichen Revolution, die – selbst nach Leipziger Lesart – im Kontext einer internationalen Revolutionsbewegung stand – deswegen wurden ja Polen, Tschechen, Slowaken und Ungarn zum Leipziger Lichtfest eingeladen.

Logisch, dass Gabelmann auch zu den anderen Äußerungen zum Thema so ihre Fragen hat.

„Welche ergebnisoffene Standortdiskussion ist zu erwarten, wenn sich die Stadtverwaltung bereits mit einem Vorschlag positioniert hat?“, fragt sie deshalb. „Welche Zustimmungsquote hat derzeit die Errichtung eines entsprechenden Denkmals? Wie wurde diese ermittelt (z. B. Bürgerumfrage)? Wann und zu welcher Fragestellung wird die Zivilgesellschaft (z. B. durch einen Bürgerentscheid) mit einbezogen?“

Das will sie alles gern schriftlich beantwortet haben.

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